Deutlich mehr im Angebot
Blogserie, Teil 26
Die Produktpalette der ostdeutschen Sparkassen war vor 30 Jahren sehr begrenzt. Sie war in der DDR-Zeit immer weiter verkleinert worden. Seit 1971 gab es sogar einen einheitlichen Zinssatz für Gelder auf Sparbüchern und Spargirokonten. Es existierten nur täglich fällige Spareinlagen. Die rasche Ausweitung des Angebots war 1990 wichtig, um unter marktwirtschaftlichen Bedingungen neben anderen Kreditinstituten im Konkurrenzkampf bestehen zu können. Es bestand die Gefahr, dass Kunden abwanderten. Weil aber nicht alle vergleichbaren Produkte der bundesdeutschen Sparkassen sofort zum Zeitpunkt der Währungsunion angeboten werden konnten, schlug der DDR-Sparkassenverband den Mitgliedsinstituten in einem Rundschreiben am 26. April vor, das Angebot zunächst schwerpunktmäßig zu erweitern.*
Das bedeutete für das Passivgeschäft zum Beispiel die Einführung von Kündigungseinlagen mit verschiedenen Laufzeiten sowie der gesetzlichen Kündigungsfrist für Spareinlagen. Den Zinssatz für Spargiroeinlagen galt es zu senken. Für das Girokonto als „Fundament einer guten Verbindung“ zwischen Kunde und Sparkasse sollte es einen Dispokredit geben. Ein zusätzlichen Service stellten der eurocheque und die ec-Karte dar.** Mit dem zuständigen EDV-Dienstleister wurde die technische Umsetzung des Angebots vereinbart. Im System wurden unter anderem verschiedene Überziehungslimits oder Kontogebühren sowie differenzierte Sparbuchzinsen durch Zahlen verschlüsselt.***
Verbundpartner ergänzen das Angebot der ostdeutschen Sparkassen. So bot die Deka Deutsche Kapitalanlagegesellschaft mbH als zentrale Investmentgesellschaft der bundesdeutschen Sparkassenorganisation ihre Unterstützung an. Mit ihrer Hilfe sollten die Sparkassen in der DDR bald auch SparkassenFonds verkaufen können. Zunächst standen Investitionen in eine Auswahl deutscher Aktien, festverzinslicher Wertpapiere und kommerzieller Immobilien im Mittelpunkt. Werbematerial (Abbildung 3) und Verkaufsunterlagen wollte die Deka bereitstellen. Maßnahmen zur Qualifizierung, etwa zentrale Schulungsveranstaltungen für Teilnehmende aus allen Sparkassen oder Verkaufsschulungen auf regionaler Ebene, wurden vor 30 Jahren geplant.****
Auch zum Thema Bausparen bildeten sich Sparkassenbeschäftigte fort. Dank der Unterstützung der Landesbausparkassen der Bundesrepublik konnte bereits am 11. Juni 1990 die LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG gegründet werden.***** Zum 1. Juli genehmigte die DDR-Regierung das Bausparen. Nur zeitweise, von 1954 bis 1970, war es vorher erlaubt und wegen der staatlichen Plan- oder besser Mangelwirtschaft nicht erfolgreich gewesen. Die LBS war das erste Verbundunternmehmen der ostdeutschen Sparkassenorganisation. Auf ihre Bedeutung ging Verbandspräsident Rainer Voigt bei einer Pressekonferenz am 21. Mai 1990 in Berlin ein.
„Die Sparkassen der DDR haben auf ihrer Verbandsversammlung beschlossen, eine eigene Bausparkasse zu gründen. Damit werden die Sparkassen auch ihrer Verantwortung gerecht, insbesondere im kommunalen Bereich, die Bautätigkeit zu unterstützen und so die Wohnverhältnisse der Bürger zu verbessern. Die von den Bürgern der DDR durch das Bausparen gesammelten Fonds werden ausschließlich im Gebiet der DDR zum Einsatz kommen. Je höher der gemeinsame Fonds ist, um so schneller kann die Zuteilung der Bauspardarlehen erfolgen.“ ******
Als öffentlich-rechtliche Kreditinstitute mit kommunaler Anbindung hätten die Sparkassen die Aufgabe, im Rahmen der wirtschaftlichen Eigenverantwortung der Kommunen für ihr Gebiet für eine umfassende Versorgung der Bevölkerung mit Finanzdienstleistungen zu sorgen. Auch die anderen neuen Produkte und Services der Sparkassen thematisierte Voigt. Das Angebot werde selbstverständlich weiter erweitert. Wenn man auf dem Wege sei, eine in allen Geldangelegenheiten der Menschen kompetente, zuverlässige und leistungsstarke Finanzgruppe zu werden, so liege das auch an der Unterstützung des Deutschen Sparkassenverlags.
Der DSV war damals unter anderem mit der Herstellung eines Produkthandbuchs für die Mitarbeiter der Sparkassen der DDR befasst, dass Anfang Juni als Vorabdruck in den Versand gehen sollte. Es beinhaltete zum Beispiel Argumente für die Kundenberatung. Auch die notwendigen Vordrucke, etwa zu Spareinlagen mit Anlagedauer, vereinbarter Kündigungsfrist, Festgeld oder Ratensparverträgen konnten dann bestellt werden.******* Des Weiteren wurden Millionen Prospekte und Flugblätter zur Abgabe an die Bevölkerung produziert, welche über das umfangreichere Angebot informierten. Nicht zu vergessen die Werbeartikel. So sollten etwa 1 Million Kugelschreiber, 100.000 Aschenbecher und 20.000 Zahlteller in den Osten geliefert werden.********
Fortsetzung am 03.05.2020
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* Vgl. Sparkassenverband der DDR – Verbandsdirektor Frank Axel, Rundschreiben Nr. 2, 26.04.1990, S. 2; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand
** Vgl. DDR-Produktprospekt, S. 2; Anlage 2 zum Rundschreiben Nr. 3 des Sparkassenverbandes der DDR, undatiert; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand
*** Vgl. Sparkassenverband der DDR: Vorgesehene Erweiterungen der derzeitigen EDV-Projekte, 07.05.1990, S. 2 und 4; Anlage 2 zum Rundschreiben Nr. 3 des Sparkassenverbandes der DDR, undatiert; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand
**** Vgl. Deka Deutsche Kapitalanlagegesellschaft mbH – Geschäftsführung an DDR-Sparkassenverband – Präsident Rainer Voigt, betr. Zusammenarbeit der DDR-Sparkassen mit DekaDespa, 24.04.1990, S. 2; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand
***** Vgl. Geiger, Walter/ Günther, Hans Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 272 ff.
****** Vgl. Pressegespräch am 21.5.90, S. 6 f.; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-102 1/1999
******* Vgl. Sparkassenverband der DDR – Verbandsdirektor Frank Axel: Rundschreiben Nr. 6, undatiert, S. 3; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand
******** Vgl. handschr. Notiz für Geschäftsstellenleiter am 22. Mai; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-102 4/1999