• Die Beklebung der Sparkassenfenster mit rotem Streifen und Sparkassen-S ist eine der werblichen Sofortmaßnahmen. In Suhl kommt das neue Design schon am 16. März 1990 zum Einsatz - also bereits vier Tage vor dem offiziellen Beschluss durch alle 196 DDR-Sparkassen. : © Sparkassen-Werbedienst, Historisches Archiv des OSV

  • Auch von außen haben die roten Fensterklebestreifen eine große Signalwirkung. Das Sparkassen-S leuchtet 1990 schon von Weitem den Kunden der Hauptgeschäftsstelle der Kreissparkasse Jessen entgegen. : © Historisches Archiv des OSV

  • Räumlich und menschlich nah - das Auftaktplakat ist 1990 bundesweit zu sehen. Auch der Abbinder im TV-Werbespot demonstriert mit dem Slogan "Sparkassen - gemeinsam in Ost und West" den solidarischen und engen Schulterschluss. : © Historisches Archiv des OSV

Wie das rote Sparkassen-S in die DDR kam – Imagetransfer von West nach Ost

Blogserie, Teil 16

Am 6. März 1990 tagt der Arbeitsausschuss des Zentralen Werbeausschusses in Stuttgart. Auf der Tagesordnung steht ein vom Deutschen Sparkassenverlag verfasstes Papier zu „Ideen für Kommunikationskonzepte in der DDR“.* Zu Gast sind auch Vertreter der DDR-Sparkassen. Das ist für alle Beteiligten von Vorteil. Denn gemeinsam lassen sich auf diese Weise schnell und unkompliziert „grundlegende Weichen zur Marktkommunikation der Sparkassen in der DDR“ stellen.**

Im Mittelpunkt der Diskussion steht die Festlegung von ersten geeigneten Maßnahmen, die „auf den jeweiligen Bedarf“ der einzelnen Sparkasse noch zugeschnitten werden können. Außerdem wird die mögliche kommunikative Unterstützung erörtert. Warum diese frühzeitige Befassung mit dem Thema – verbunden mit einem Imagetransfer von West nach Ost – so wichtig ist, zeigt sich in der Analyse der Situation:

Zur Aufgabe***

Die Neuorientierung in der DDR wird auch zu Wettbewerb unter den Kreditinstituten führen. Die Sparkassen in der DDR werden sich diesem Wettbewerb stellen müssen. Dies wird besondere Anstrengungen erfordern, vor allem weil westliche Finanzinstitute mit hohem technischen und organisatorischen Standard in den DDR-Markt dringen.****

Ziel muß deshalb für die DDR-Sparkassen sein, die eigene Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen und die vorhandene Kundenbasis mit geldwirtschaftlichen Leistungen gut zu versorgen […]

Vorbemerkung

Die Sparkassen der DDR werden sich in dem bevorstehenden neuen Markt neu positionieren müssen. Dafür wird der Aufbau einer eigenen unverwechselbaren Identität erforderlich sein. Unabdingbare Voraussetzung dafür sind in der Kreditwirtschaft Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Beides sind Positionen, die nur sehr langfristig – üblicherweise durch konkretes Handeln über Jahre – aufgebaut werden können […]

Die Sparkassen in der Bundesrepublik haben sich über Jahre und Jahrzehnte durch ihr Handeln vor Ort und generelle vertrauensbildende Maßnahmen ein erhebliches Vertrauenspotential aufbauen können. Heute bestätigen Untersuchungen, daß das Vertrauen in die Sparkassen höher ist als bei allen anderen Kreditinstituten […]

Mit der Verwendung von Corporate design und Kampagnenauftritt können die DDR-Sparkassen folgendes erreichen:
 

  • hohe Markenbekanntheit in kurzer Zeit
  • keine hohen Positionierungskosten im Markt
  • Imagetransfer von West- auf Ostsparkassen als leistungsfähige Institute
  • glaubwürdigen und aufmerksamkeitsstarken Auftritt in der Kommunikation
  • durch ähnliche Struktur Übernahme des Arguments der regionalen Verwurzelung und lokalen Präsenz als Wettbewerbsvorteil

Die Neuausrichtung soll in mehreren Etappen vollzogen werden. Sofortmaßnahmen, die bereits an diesem Tag beschlossen werden, umfassen 10 Punkte, für die aus dem „laufenden Werbeetat des Fonds für zentrale Gemeinschaftswerbung“ Mittel in Höhe von 2,145 Mio. DM zur Verfügung gestellt werden. Zu den wichtigsten und öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen gehören: das Bekleben der DDR-Sparkassenfenster mit roten Streifen und dem Sparkassen-S, wobei die Sparkasse Suhl als Testsparkasse fungiert, sowie die Verwendung des Plakats „Nähe ist bei uns kein Zufall, sondern Absicht – Gemeinsam in Ost und West: Die Sparkassen“.

Weitere Werbemaßnahmen für 1990 sind: Zeitungsbeileger, u. a. mit konkreten neuen Produkten, Kino- und Hörfunkwerbung, Prospekte und Anzeigen zum ERP-Kredit sowie 30.000 Broschüren zur Existenzgründung, ein Mitarbeiter-Wettbewerb im Herbst des Jahres sowie sogenannte „Streuartikel“. Letztere sollen als Werbegeschenke an Firmenkunden, Vereine sowie Privatkunden ausgegeben werden und durch ihre tägliche Verwendung an die örtliche Sparkasse erinnern. Der Verlag schlägt vor, das rote Sparkassen-S mit:

  • 2.500 Aschern
  • 5.000 Notizklötzen
  • 10.000 Spardosen
  • 20.000 Zahltellern
  • 20.000 Einwegfeuerzeugen und
  • 1.000.000 Kugelschreibern

bei den Sparkassenkunden der DDR bekannt und vertraut zu machen.*****

Wenn Sie noch Utensilien von 1990 haben sollten, sich an Ihr erstes Werbegeschenk oder an die erste Begegnung mit dem roten Sparkassen-S in Ihrer Sparkasse erinnern, dann erzählen Sie uns gern davon. Wir freuen uns über jede Geschichte aus dieser Zeit des Umbruchs und Neuanfangs.

Fortsetzung am 08.03.2020

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*1924 wird mit der Schaffung des Zentralen Werbeausschusses der Grundstein für eine einheitliche, überregionale Sparkassenwerbung gelegt. Seitdem gibt es eine zentrale Gemeinschaftswerbung der deutschen Sparkassenorganisation, die über Jahrzehnte Zeichen setzt. 1990 hat der Markenauftritt der westdeutschen Sparkassen zu einem Bekanntheitsgrad von über 90 % geführt: „kaum mehr steigerbar“ nennt der Deutsche Sparkassenverlag diesen Erfolg. Zitat: Ideen für Kommunikationskonzepte in der DDR, Vorlage zur Sitzung des AA ZWA am 6.3.1990, Deutscher Sparkassenverlag GmbH, Stuttgart, 27.02.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP E 632, Bd. 2.

**Gemeinsam in Ost und West: Die Sparkassen. In: Sparkassen-Werbedienst, 1990, Nr. 4, S. 75.

*** Ideen für Kommunikationskonzepte in der DDR, Vorlage zur Sitzung des AA ZWA am 6.3.1990, Deutscher Sparkassenverlag GmbH, Stuttgart, 27.02.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP E 632, Bd. 2.

****In demselben Papier heißt es im Abschnitt, der sich mit der kommunikativen Unterstützung befasst: „Die Großbanken sind bereits mit Repräsentanzen in der DDR vertreten und werden mit Sicherheit Beratungsstellen aufbauen.“ Die Konsequenz der Sparkassenorganisation liege also darin, „Beratungscentren nach westdeutschem Modell einzurichten. Parallel dazu sollen die DDR-Sparkassen auf westliches Beratungs- und Ausstattungsniveau gebracht werden.“  Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP E 632, Bd. 2.

***** Die 196 Vertreter aus den DDR-Sparkassen beschließen auf der Versammlung zur Gründung des Sparkassenverbandes am 20. März 1990 einstimmig, „das gemeinsam genutzte Sparkassensignet [Sparkassen-S] der Sparkassenorganisation der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Österreich und des Königreiches Niederlande auch für die Sparkassen der DDR anzuwenden.“ Der kurz zuvor gewählte Präsident des Sparkassenverbandes der DDR erhielt gleichzeitig den Auftrag, sich um die notwendigen rechtlichen Schritte zu kümmern. Zitat: Beschluss Nr. 3/1990 des Verbandstages vom 20.3.1990, Sparkassenverband der DDR; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP E 709.

Quelle Titelbild: Sparkassen-Werbedienst Nr. 7, 1990, S. 167.

  • Motive von Werbepostkarten der LBS Sachsen, 1930er-Jahre : © Historisches Archiv des OSV

Vom Beginn des Bausparens in Chemnitz

Genau vor 90 Jahren nahm die Landesbausparkasse Sachsen ihre Tätigkeit auf. Dass sie in Form eines Zweckverbandes gegründet werden konnte, ist vor allem dem Engagement des sächsischen Verbandspräsidenten Dr. Johann Christian Eberle zu verdanken. Er wirkte nicht nur durch die Verbreitung des Giroverkehrs als Sparkassenreformer. Auch das Bauspargeschäft ergänzte die Tätigkeit der Sparkassen in ihrem Geschäftsgebiet. Durch das vertragliche, gemeinsame Sparen sollten der Neubau, der Kauf, der Umbau sowie die Entschuldung von Wohngebäuden gefördert werden. Das war in der Zeit der Weltwirtschaftskrise, die sich im Industrieland Sachsen besonders schädlich auswirkte, nicht ganz einfach.

Dies berichtete etwa die Stadtsparkasse Chemnitz im Geschäftsbericht für 1930. So wurden lediglich von 7 Bausparern 14 Bausparverträge mit einer Gesamtvertragssumme von 100.000 Reichsmark abgeschlossen. Doch es gab Schützenhilfe. Um die örtliche Wohnungsbautätigkeit zu stärken, schlossen damals Gemeinden Verträge aus Mitteln ihrer Sparkassen ab. Diese Vorratsverträge wurden nach der Zuteilung an private Bausparer übergeleitet. Die Stadt Chemnitz schloss 300 Verträge über insgesamt 1,5 Mio. Reichsmark ab. Bei der ersten Baugeldzuteilung am 14. Dezember 1930 sollten dann zwei Verträge über 20.000 Reichsmark zugeteilt werden und der örtlichen Wohnungswirtschaft zugutekommen.

  • Die große Resonanz auf sein erstes Schreiben nimmt der Präsident des DSGV zum Anlass, um sich am 23. Februar 1990 erneut persönlich an die Sparkassenleiter der DDR zu wenden. : © Historisches Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes | Bild Helmut Geiger, 1980er Jahre, Quelle: Sparkassenhistorisches Dokumentationszentrum Bonn

  • Geiger informiert u. a. über das von den Verbandsvorstehern am 12./13. Februar 1990 verabschiedete regionale Betreuungskonzept und die konkreten Zuordnungen von westdeutschen Regionalverbänden zu Bezirken der DDR. : © Historisches Archiv des OSV

„Ihre Briefe unterstreichen […] Ihren Willen, das Sparkassenwesen in der DDR neu zu beleben“

Blogserie, Teil 14

Am 5. Januar 1990 bot der Präsident des DSGV, Helmut Geiger*, den Direktorinnen und Direktoren der Sparkassen in der DDR persönlich seine Unterstützung an.

Die große Resonanz** auf sein Schreiben beeindruckt ihn sehr, sodass er sich am 23. Februar erneut persönlich an die Sparkassenleiter im Osten wendet. Er bedankt sich für die zahlreichen Antworten, in denen „großes Interesse an mehr Information“ ausgedrückt wird. Gleichzeitig steht Geiger hinter den Direktoren, die bereit sind, die durch die anstehende Bankreform in der DDR entstehenden Möglichkeiten aktiv zu nutzen.

Nun informiert er über das mit dem in Gründung befindlichen Sparkassenverband der DDR verabredete Betreuungskonzept und erläutert dazu:

Wenn ich mich mit diesem Brief erneut an Sie wende, so vor allem, um Ihnen zu versichern, daß die Sparkassenorganisation in der Bundesrepublik bereit ist, Ihnen bei der Bewältigung Ihrer neuen Aufgaben zu helfen und Sie bei der Entwicklung eines selbständigen Sparkassenwesens in der DDR nach Kräften zu unterstützen […]

Die regionalen Sparkassen- und Giroverbände werden dafür sorgen, daß DDR-Sparkassen, die dies wünschen, mit einer oder mehreren Sparkassen der Bundesrepublik eine Partnerschaft vereinbaren können. Ziel der Partnerschaft sollte es sein, durch Bereitstellung von Arbeitsmitteln Ihre äußeren Arbeitsbedingungen zu verbessern, durch Schulung vor Ort und Mitarbeiteraustausch sicherzustellen, möglichst rasch neue kreditwirtschaftliche Aufgaben bewältigen zu können […]

Geiger übermittelt die ersten Seminartermine, die im April für alle Sparkassenleiter der DDR in West-Berlin angedacht sind und erinnert noch einmal an die Einladungen zur CeBit in Hannover, wo sich die Direktorinnen und Direktoren der DDR-Sparkassen das „technische Leistungsangebot“ der bundesdeutschen Sparkassenorganisation anschauen können. Schließlich macht er noch auf die mit Voigt geplanten, gemeinsamen Arbeitsgruppen aufmerksam, die Konzeptionen zur Verbesserung des Leistungsangebots der DDR-Sparkassen erarbeiten sollen.

Der Präsident des DSGV schließt seinen Brief mit den aufmunternden Worten:

Die Entwicklungen der letzten Monate und die Perspektiven der Zukunft stellen für uns alle eine große Herausforderung dar. Ich bin zuversichtlich, daß die Sparkassenorganisationen der DDR und der Bundesrepublik sich gemeinsam diesen Herausforderungen erfolgreich stellen werden.***

Fortsetzung am 26.02.2020

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*Helmut Geiger verstarb am 11. Januar 2020 im Alter von 91 Jahren. Rainer Voigt erinnert sich in einem Gespräch mit der Sparkassenzeitung an diese herausragende Persönlichkeit, der die ostdeutschen Sparkassen in der schnelllebigen Wendezeit so viel zu verdanken haben. Geiger wirkte insbesondere auf politischer Ebene erfolgreich im Hintergrund und hat „das Unmögliche möglich gemacht“. Lesetipp: Artikel von Peter Müller, Sparkassenzeitung online, 06.02.2020.

**Ein Brief des Sparkassendirektors der Kreissparkasse Gadebusch, Horst-Dieter Hoffmann, vom 10. Januar 1990 an Helmut Geiger steht exemplarisch für viele Antworten an den DSGV-Präsidenten. Er schildert detailliert die Probleme der DDR-Sparkassen, macht Vorschläge zu den notwendigen Änderungen und begrüßt ausdrücklich „das Zustandekommen der von Ihnen vorgeschlagenen Kooperationsvereinbarungen“. Hoffmann sieht den zu bildenden „Sparkassenverband der DDR […] als Partner […], da dieses die Beachtung unserer spezifischen Probleme sichern würde.“ Bestand: Historisches Archiv des OSV, Konvolut Horst-Dieter Hoffmann, D/13061/AUG.

***Geiger, Helmut: Schreiben an die Direktorinnen und Direktoren der Sparkassen in der DDR, Bonn, 23.02.1990, Bestand: Historisches Archiv des OSV, Konvolut Horst-Dieter Hoffmann, D/13061/AUG.

  • Das regionale Betreuungskonzept sah Zuordnungen von Regionalverbänden zu Bezirken der DDR vor (s. a. Grafik im Teil 14 unserer Serie). Das Beispiel Hannover - Leipzig zeigt: Abweichungen, etwa durch vorhandene Städtepartnerschaften, waren möglich. : © Hans-Günther Niepage, Archiv Hillbrecht | Historisches Archiv des OSV

  • Bis Ende April 1990 hatten alle 196 DDR-Sparkassen eine oder mehrere westdeutsche Partnersparkassen. Der DSGV startete dazu eine Umfrage und veröffentlichte sein Ergebnis als detaillierte, nach Bezirken geordnete Übersicht in den Fachmitteilungen vom 15./16. Juni 1990. : © Historisches Archiv des OSV

Die Partnerschaften zwischen Ost und West werden angeschoben

Blogserie, Teil 12

Drei Tage nach Beschluss der Verbandsvorsteherkonferenz schreibt die Abteilung Sparkassen der Staatsbank der DDR die Leiter der Sparkassenbezirksstellen zur geplanten flächendeckenden Realisierung des regionalen Betreuungskonzeptes an:

Im Interesse der Herausbildung partnerschaftlicher Beziehungen zwischen den Sparkassen der DDR und der BRD wurden mit dem Sparkassen- und Giroverband der BRD erste Absprachen getroffen.

Es wurde vereinbart, daß in der nächsten Zeit Vertreter der Regionalverbände der Sparkassen der BRD direkt mit den Sparkassen der DDR Verbindung aufnehmen werden.

Ziel der Partnerschaften besteht u. a. darin

  • die Organisation und Durchführung von Schulungsmaßnahmen zu unterstützen sowie
  • materielle Hilfe zu gewähren.

Die konkreten Vereinbarungen zwischen den Sparkassen des jeweiligen Bezirkes und den Regionalverbänden der Sparkassen der BRD sind eigenverantwortlich durch die Leiter der Abteilungen Sparkassen der Bezirksdirektionen zu treffen. Diese Maßnahmen wurden durch den Präsidenten der Staatsbank der DDR bestätigt.

Wir bitten Sie, die Direktoren der Sparkassen entsprechend zu informieren.*

Die republikweite Umsetzung nahm in den Wochen danach an Fahrt auf. In ihren regelmäßigen Arbeitsberatungen beschäftigen sich die Sparkassendirektoren mit dem Stand der Entwicklung. So heißt es am 5. April 1990 zum Beispiel aus Leipzig:

Alle im Bezirk Leipzig ansässigen Sparkassen werden entsprechend zentraler Abstimmung partnerschaftliche Beziehungen zu Sparkassen des BRD-Bundeslandes Baden-Württemberg aufnehmen […] In Kürze ist damit zu rechnen, daß die genannten BRD-Partnersparkassen erste Kontakte zu den Kreissparkassen in unserem Bezirk herstellen.**

Im Protokoll heißt es weiter, dass die Stadt- und Kreissparkasse Leipzig eigene Wege geht. Denn die Städtepartnerschaft zwischen Hannover und Leipzig hätte inzwischen auch zu einer engen Beziehung beider Sparkassen geführt.

Fortsetzung am 20.02.2020

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*Schreiben der Abteilung Sparkassen der Staatsbank der DDR, Berlin, 16.02.1990. In: Geiger, Walter ; Günther, Hans Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart 1998, S. 160.

**Protokoll der Arbeitsberatung der Direktoren der Sparkassen des Bezirkes Leipzig, 05.04.1990. In: Geiger, Walter ; Günther, Hans Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart 1998, S. 161.

  • In Bonn tagen am 12. und 13. Februar 1990 die Verbandsvorsteher der bundesdeutschen Regionalverbände. Ihr Beschluss zu umfangreichen partnerschaftlichen Hilfen für DDR-Sparkassen ist ein wesentlicher Meilenstein in eine wettbewerbsfähige Zukunft. : © Sparkassenhistorisches Dokumentationszentrum Bonn

Ein “voll funktionsfähiges Sparkassenwesen“ in der DDR ist das Ziel – flächendeckende Partnerschaften als Erfolg versprechender Weg

Blogserie, Teil 10

In den ersten Wochen des Jahres 1990 beschleunigt sich der Prozess der politischen und wirtschaftlichen Annäherung beider deutscher Staaten. Bereits am 7. Februar stellt die Bundesrepublik der DDR die Wirtschafts- und Währungsunion in Aussicht. Sie wird ein entscheidender Schritt zur Wiedervereinigung sein.

Angesichts dieser Entwicklung wird die Frage immer dringlicher, wie sich die westdeutsche Sparkassenorganisation gegenüber den DDR-Sparkassen positionieren soll. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) führt bereits seit Anfang Januar Gespräche mit der Abteilung Sparkassen der Staatsbank der DDR. Als sich die Verbandsvorsteher der regionalen Sparkassenverbände am 12./13. Februar in Bonn zu ihrer turnusmäßigen Sitzung treffen*, kann DSGV-Präsident Helmut Geiger seinen Kollegen daher präzise Vorschläge für das erforderliche Vorgehen präsentieren.**

Sie beruhen auf der Annahme, dass die westdeutschen Großbanken schon bald Vollbanklizenzen in der DDR erhalten und dort Zweigstellen eröffnen werden. Die DDR-Sparkassen können dieser neuen Konkurrenz nur gewachsen sein, wenn sie schnell zu universell tätigen, modernen Kreditinstituten nach bundesdeutschem Vorbild umgebaut werden. Um die Ost- Sparkassen also wettbewerbsfähig aufzustellen, ist eine schnelle Hilfe durch die westdeutsche Sparkassenorganisation notwendig.

Die Verbandsvorsteher teilen diese Überzeugung und sprechen sich für ein umfangreiches Paket von personellen und materiellen Hilfsmaßnahmen aus. Deren Kern ist ein regionales Betreuungskonzept: Westdeutsche Sparkassen sollen flächendeckend Partnerschaften mit DDR-Sparkassen eingehen und sich verpflichten, „für eine technische Mindestausstattung, für personelle Unterstützung durch Entsendung eigener Mitarbeiter und für eine ausreichende Schulung der DDR-Sparkassenmitarbeiter vor Ort zu sorgen.“

Weitere Maßnahmen sind:

·         die Entsendung von ca. 50 Kreditexperten, welche die 15 Bezirksstellen des zukünftigen DDR-Sparkassenverbandes bei der Durchführung des ERP-Programms*** unterstützen sollen

·         die sofortige Schulung der Direktoren der DDR-Sparkassen in speziellen Seminaren

·         und mittelfristige Schulungsprogramme für die mittleren Führungskräfte durch die regionalen Sparkassenakademien in der BRD

Außerdem sollen die DDR-Sparkassen Hilfe beim Aufbau eines Bausparkassensystems und einer Zentralbank erhalten sowie werbliche Unterstützung, „um möglichst rasch ein neues, vertrauensbildendes Image aufzubauen.“

Auf der Basis dieser grundlegenden Entscheidung läuft die nach dem Prinzip der „Hilfe zur Selbsthilfe“ organisierte Solidaraktion an. Um sicherzustellen, dass alle 196 Ostsparkassen Unterstützung erhalten, koordinieren die regionalen Sparkassenverbände der BRD und die Sparkassen-Bezirksstellen der DDR die Zuordnung der Betreuungsinstitute aus dem Westen. Häufig übernehmen gleich mehrere von ihnen gemeinsam die Partnerschaft für eine Sparkasse in der DDR. Am Ende werden sich weit über 400 der annähernd 600 BRD-Sparkassen bei der Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens engagiert haben.

Dr. Thorsten Wehber
Sparkassenhistorisches Dokumentationszentrum des DSGV, Bonn

Fortsetzung am 13.02.2020
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* Die Verbandsvorsteherkonferenz ist ein satzungsmäßiges Gremium des DSGV, das mehrmals im Jahr zusammenkommt. Ihm gehören die Präsidenten aller regionalen Sparkassenverbände an.

** Niederschrift der Verbandsvorsteherkonferenz am 12./13. Februar 1990, Bestand: Sparkassenhistorisches Archiv des DSGV, I. B/9/47.

*** Das als Marshallplan bekannte European Recovery Program (ERP) war für den Wiederaufbau (West-)Europas nach dem Zweiten Weltkrieg bestimmt. Ein im Rahmen des ERP entstandenes Sondervermögen diente seit 1949 der Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen in der BRD. 1990 kamen Mittel aus diesem Sondervermögen auch Betrieben in der DDR zugute.

  • Das Reichsgesetz über das Kreditwesen schützte die Bezeichnung "Sparkasse" in § 10. : © Historisches Archiv des OSV

Das KWG und der Schutz des Namens

Vor genau 85 Jahren wurde das Reichsgesetz über das Kreditwesen erlassen, Vorläufer des heutigen Gesetzes über das Kreditwesen (KWG). Es handelte sich um ein wirtschaftlich orientiertes, nicht etwa von der NS-Ideologie durchdrungenes, Rahmengesetz. Warum soll an dieses Werk erinnert werden? Erstmals wurden in ihm Banken und Sparkassen offiziell rechtlich auf eine Stufe gestellt. Das Gesetz vereinheitlichte zudem die Bankenaufsicht. Zuvor hatte eine umfangreiche staatliche Prüfung des Kreditwesens stattgefunden. Anlass war dessen Destabilisierung durch die Bankenkrise 1931. Auch Landesbanken und Sparkassen hatten Schaden genommen. Eine gesetzliche Neuordnung des Sparkassenwesens war eingeleitet. Das Reich griff dazu in das Sparkassenrecht der Länder ein. Dabei wurde nicht nur die rechtliche Verselbstständigung der kommunalen Geldinstitute angeordnet. Anlagequoten zur Sicherung der Liquidität wurden vorgeschrieben. Auch das Vorrecht zur Nutzung der Bezeichnung „Sparkasse“ sah eine Verordnung des Reichspräsidenten vom 6. Oktober 1931 vor. Denn konkurrierende genossenschaftliche Einrichtungen nutzen diese ebenfalls. Das Reichsgesetz bestätigte am 5. Dezember 1934 den Schutz des Namens. Jetzt regelt § 40 des Kreditwesengesetzes den Gebrauch des Firmennamens durch die öffentlich-rechtlichen Sparkassen.