• © Historisches Archiv des OSV/ Jahresbericht der Kreissparkasse Sangerhausen 2000

20 Jahre Internet-Filiale

Heute heißt sie Internet-Filiale. Bei ihrer Einführung vor 20 Jahren wurde sie Virtuelle Geschäftsstelle genannt. Als neuer Vertriebskanal für die Sparkassen in den vier Mitgliedsländern entwickelte sie der damalige Ostdeutsche Sparkassen- und Giroverband. Die neue Plattform im Internet zeichne sich durch eine besonders übersichtliche und kundenfreundliche Benutzerführung aus, schrieb der Verband im Jahresbericht 2000. Sie sei im Hinblick auf das Produktangebot ausbaufähig und bette sich gut in das Gesamtkonzept der Mehrkanalvertriebsstrategie der Sparkassen ein. Nicht etwa Selbstzweck oder Modetrend sei die „Internetschiene“, sondern ein zusätzlicher Service für die moderne Kundschaft, der die Dienstleistungen der Geschäftsstellen spürbar ergänze und abrunde.

Bei der Kreissparkasse Sangerhausen fand die Eröffnung des weiteren Vertriebsweges am 1. September 2000 im Rahmen des Altstadtfestes statt. Um sich für das Online-Banking fit zu machen, nutzten zu dieser Zeit viele Menschen die von der Sparkasse und der Kreisvolkshochschule gemeinsam angebotenen Kurse. Es ging nicht nur um die Verwaltung des Kontos von zu Hause aus. Man konnte zum Beispiel auf der Sparkassen-Homepage ein kostenloses Musterdepot führen und sein eigenes „Börsenspiel“ starten. Unter anderem bot die Seite einen großen Immobilienteil und Finanzierungsangebote. Als regionales Geldinstitut wollte die Sparkasse auf Veranstaltungen hinweisen, natürlich auch auf solche, die sie selbst unterstützte. Vielfältig war das Angebot, das noch ausgebaut wurde.

Zweifellos ist die Etablierung der Geschäftsstelle im Internet ein wichtiger Meilenstein in der jüngeren ostdeutschen Sparkassengeschichte. Heute ist sie wichtiger denn je. Von der Innovation vor 20 Jahren soll darum auch in diesem Jahr den Auszubildenden der Sparkassen berichtet werden, die an den Einführungsseminaren der Nord- Ostdeutschen Sparkassenakademie in Potsdam teilnehmen. Auf dem Stundenplan steht die Historie morgen für die Azubis der Sparkasse Mansfeld-Südharz. Die Kreissparkasse ging 2008 in ihr auf. Bestimmt interessiert die Teilnehmenden die Internet-Filiale, die wohl in den meisten Fällen älter ist als sie selbst.

  • Endlich mehr Geld! Das dachten im Juli 1990 sicherlich nicht nur die Beschäftigten in der Hauptgeschäftsstelle der Sparkasse Zeitz, heute Sparkasse Burgenlandkreis. Wenn da nicht dieser Wermutstropfen gewesen wäre ... : © Historisches Archiv des OSV

  • Inhaltlich identische und mit der Währungsunion gültige Tarifverträge wurden mit den zuständigen Gewerkschaften am 15. sowie 21. Juni 1990 abgeschlossen. Die Anhebung der Ist-Gehälter um durchschnittlich 50 Prozent lag bewusst über dem Tarifabschluss im privaten Bankgewerbe. Auf diese Weise sollte die Gleichstellung der jahrelang benachteiligten Sparkassenangestellten in der DDR gefördert werden. : © Historisches Archiv des OSV / Unterschriften retuschiert

Mehr Geld ab Juli 1990 für die Beschäftigten der DDR-Sparkassen

Blogserie, Teil 45

Im Juli 1990 wirken sich tarifvertragliche Vereinbarungen spürbar auf die Geldbeutel der Sparkassenangestellten in der DDR aus. Denn die Ist-Gehälter steigen um durchschnittlich 50, mindestens jedoch um 30 Prozent. Jede(r) Beschäftigte hat durch die Erhöhungen nicht weniger als 300 D-Mark mehr in der Tasche.

Der Sparkassenverband der DDR hatte in seiner satzungsgemäßen Funktion als Tarifpartner bereits vor der Währungsunion im Juni 1990 in weiser Voraussicht gehandelt. Auf der Arbeitgeberseite schloss er für seine Mitgliedssparkassen mit allen zuständigen Gewerkschaften entsprechende Verträge ab.* Mit Rundschreiben Nr. 2 erhalten die Sparkassendirektoren sowie die Leiter der Bezirksgeschäftsstellen am 31. Juli 1990 nun die Textfassungen der Tarifabschlüsse. Darüber hinaus informiert der Verband über die weitere Vorgehensweise: Noch gilt der Rahmenkollektivvertrag – kurz RKV – vom 1. April 1975 mit all seinen Nachträgen. Ziel sei es jetzt, „einen Manteltarifvertrag zu vereinbaren, mit welchem die Regelungen des RKV schrittweise in den Bundesangestelltentarifvertrag überführt werden sollen.“**

Neben den Gehaltserhöhungen wird mit Blick auf eine Arbeitsplatzsicherung mit den zuständigen Gewerkschaften auch ein „Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz“ ab dem 1. Juli 1990 vereinbart. Es geht darum, die „Belange der Mitarbeiter zu berücksichtigen und soziale Härten möglichst zu vermeiden“, in einer Zeit, wo sich auch die Sparkassen „anforderungsgerecht, wirtschaftlich und kostengünstig“ aufzustellen haben. Wie bedeutend solche Vereinbarungen gerade 1990 für Arbeitnehmer sind, zeigen die dramatischen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt der DDR. Ende August ist in der „Neuen Zeit“ zu lesen: „Die Arbeitslosenzahl ist von ‚Null‘ auf 341 000 gestiegen und soll jede Woche um weitere 25 000 zunehmen. Dazu kommen über eine Million Kurzarbeiter […]“***

Trotz Tarifautonomie werden insbesondere von westdeutscher Seite die ersten Abschlüsse und Vereinbarungen mit den Gewerkschaften in der DDR scharf kritisiert. Wirtschaftsminister Helmut Haussmann etwa warnt vor einer Signalwirkung der Gehaltsabschlüsse von plus 50 Prozent bei Sparkassen und 40 Prozent bei Banken für andere Bereiche. FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff bezeichnet die bisherigen Tarifabschlüsse als „zu hoch und unrealistisch“. Bundesfinanzminister Theo Waigel fordert gar eine „rigorose Ausgabendisziplin“ von der DDR. Und SPD-Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine nennt die schnelle Einführung der D-Mark eine für die Bundesrepublik zu teure, „eminente Fehlentscheidung“. Dies könne zu „enormen Verwerfungen in der DDR“ führen, so Lafontaine.****

Naturgemäß beurteilt die Arbeitnehmerseite die Abschlüsse etwas anders. So betont die stellvertretende DGB-Vorsitzende Dr. Ursula Engelen-Kefer im Juli 1990, dass die Gewerkschaften in der DDR mit Augenmaß verhandelt hätten und es beispielhaft sei, Qualifizierung und Kündigungsschutz vor Entlassungen zu stellen. Doch hat sie mit ihrer Einschätzung recht?

Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Sommer 1990 sieht es ganz so aus. Demnach stiegen die Preise für alle Waren auf dem ostdeutschen Markt seit Einführung der D-Mark in der DDR um 30 Prozent, für Nahrungsmittel sogar um 50 Prozent. Für Dienstleistungen, wie Kino, Friseur, Reparaturen, müssen die Bürger nun bis zu 260 Prozent mehr bezahlen. Auch das Handelsblatt widmet sich der Teuerung und stellt fest: „Unter dem Strich bleibt in den meisten Branchen ein Ausgleich der höheren Belastungen durch Sozialversicherungsbeiträge und Preisauftrieb sowie eine tarifvertragliche Absicherung […] nach dem für die DDR eigens modifizierten Arbeitsförderungsgesetz.“ – Freude mit Wermutstropfen also, so könnten die ersten Gehaltserhöhungen in neuer Währung bei den Beschäftigten der DDR-Sparkassen in Erinnerung geblieben sein.*****

Fortsetzung am 17.08.2020

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*Inhaltlich identische Verträge wurden am 15. und 21. Juni 1990 mit der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen der DDR (HBV/DDR), mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr in der DDR (ÖTV/DDR), mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste/DDR (GÖD/DDR) und mit der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) abgeschlossen. Bild 2 zeigt den ersten Vertragsabschluss mit der HBV, inkl. Mitzeichnung der HBV/BRD, am 15. Juni 1990. Über die Gehaltserhöhung ab 1.7. hinaus gab es weitere erkennbare Vorteile für die Beschäftigten, wie zum Beispiel ein vereinbartes Urlaubsgeld im August 1990.

**Ausschlaggebend für die Entscheidung, sich zukünftig dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den darin geregelten Arbeitsbedingungen anzunähern, war die Tatsache, dass Sparkassen lt. Gesetz öffentlich-rechtlicher Natur sind und in der Regel einem kommunalen Arbeitgeberverband angehören. Der westdeutsche Sparkassendachverband empfahl den DDR-Kollegen bereits im Mai 1990 die Einbindung der Sparkassen in den Kommunalbereich. Das bedeutete letztendlich die Verabschiedung von Tarifverträgen für das private und öffentliche Bankgewerbe, die auch für die Sparkassen hätten übernommen werden können. In der Folgezeit führte diese Entscheidung zu einem internen Zuständigkeitsstreit zwischen HBV und ÖTV auf der Ebene des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und sorgte letztendlich auch für Unmut bei den gewerkschaftlich unterschiedlich organisierten Beschäftigten der ostdeutschen Sparkassen. 1991 mündete der Interessenkampf sogar in Warnstreiks bei den Sparkassen. Dazu aufgerufen hatte die HBV, die „bis spätestens 1992 in Banken und Sparkassen das Gehaltsniveau westdeutscher Banken“ forderte. Bestand: Historisches Archiv des OSV, Sparkassenverband der DDR, Abt. Bildung, Personal, Sozialaufgaben: Zum Tarifrecht des öffentlichen Dienstes, Berlin, 10.06.1990, Akte HA-Bober, Tarifverhandlung 1990; Presseerklärung des Verbandes vom 21.12.1990, Akte ebd.; div. Protestschreiben von ostdeutschen Sparkassen-Angestellten an den Verband im Januar 1009, Akte ebd.; Aufruf zum Warstreik! Es geht um mehr Geld! HBV, [1991], Akte ebd.;  Arbeitsniederlegung bei Potsdamer Sparkassen, in: Berliner Zeitung, 47. Jg., 102. Ausg., 3.5.1991, S. 16. Streit um Ost-Sparkassenangestellte, in: Neue Zeit, 47. Jg., 110. Ausg., 14.5.1991, S. 1.

***Im Januar 1991 werden schließlich mit den Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes (ÖTV und DAG) Ergebnisse erzielt, die den Weg einer „schrittweisen Übertragung der bei den westdeutschen Sparkassen geltenden“ manteltariflichen Regelungen des BAT – seit dem 1.10.2005 TVöD – ebnen. Damit „beginnt für die DDR-Sparkassen tatsächlich eine neue Ära des Tarifrechts“, so Werner Terpitz in der Sparkassenzeitung vom 24. Juni 1990. Wesentliche Teile des BAT werden übernommen sowie die Vergütungsstruktur, einschließlich der Tätigkeitsmerkmale für Sparkassen, ab dem 1. Juli 1991 eingeführt. Darauf aufbauend wird ein Anspruch auf 60 v. H. der westdeutschen Bezüge definiert. Dass es noch Jahre dauern würde, bis eine hundertprozentige Angleichung der Ost- an die West-Gehälter erfolgt, hätte seinerzeit wohl niemand für möglich gehalten. Erst 2008 wird – nun schon auf TVöD-Basis – die Anpassung in den Entgeltgruppen 1-9 vorgenommen; zwei Jahre länger müssen höher eingruppierte Angestellte der EG 10-15 warten. Schneller, und damit erfreulicher für die ostdeutschen Beschäftigen im Sparkassenbereich, wird die 40-Stunden-Woche umgesetzt. Sie gilt ab dem 1. Februar 1992. Auch die Urlaubsregelungen der westdeutschen Sparkassen werden im Osten bereits ab dem 1. Januar 1991 vollständig übernommen. Bestand: Historisches Archiv des OSV, Vermerk zum „Abschluß der Tarifverhandlungen über Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer und Auszubildenden der ostdeutschen Sparkassen“, Bonn, 29. Januar 1991, Akte HA-Bober, Tarifverhandlung 1991 sowie Übersicht von Dr. Manuela Bober zu Tarifentwicklungen, Stand Juli 2020.

****Quellen: Berliner Zeitung, 46. Jg., 141. Ausg., 20.6.1990, S. 2; Neue Zeit, 46. Jg., 175. Ausg., 30.7.1990, S. 2; Neues Deutschland, 45. Jg., 175. Ausg., 30.7.1990, S. 3.

*****Quellen: Neues Deutschland, 45. Jg., 171. Ausg., 25.7.1990, S. 3. Zitat in: Neues Deutschland, 45. Jg., 177. Ausg., 1.8.1990, S. 6; Preisanstieg seit dem 1.7.1990: Berliner Zeitung, 46. Jg., 184. Ausg., 9.8.1990, S. 12; Neue Zeit, 46. Jg., 185. Ausg., 10.8.1990, S. 16.

  • Sparbuch der Stadtsparkasse Karl-Marx-Stadt/ Chemnitz - In Millionen Sparkassenbüchern musste vor 30 Jahren händisch die Umstellung auf DM vermerkt werden. : © Historisches Archiv des OSV

„DDR-Sparkassen bewältigen gewaltiges Arbeitspensum“

Blogserie, Teil 44

Unter dieser Überschrift veröffentlichte die Deutsche Sparkassenzeitung auf Seite 1 eine Leistungsbilanz der ostdeutschen Sparkassen für die ersten vier Wochen seit der Währungsunion.* Die zugrunde liegende Pressemeldung des Sparkassenverbandes der DDR datiert auf den 27. Juli 1990. Sie enthält interessante Fakten zur Leistung der Sparkassen vor 30 Jahren. Demnach betrug der Arbeitsumfang damals fast das Fünffache der Vorjahre.** Für die Beschäftigten gab es seit Monaten kein normales Wochenende mehr. Oft musste täglich 12 Stunden gearbeitet werden. Hervorgehoben wurde, dass dies vor allem Frauen betraf, die in der Mehrzahl Kinder im Alter bis 6 Jahren und im schulpflichtigen Alter hatten.

Nach der ersten Juliwoche war die Ausnahmesituation noch nicht vorbei. Durch über 4 Millionen Vorgänge wurden 10 Milliarden Deutsche Mark von den Sparkassen ausgezahlt. Der Bargeldbestand in der DDR, der wegen des alleinigen Umtauschs auf Konten praktisch nicht mehr vorhanden war, wurde so wiederhergestellt. Die Meldung erwähnt, dass seit dem 9. Juli mehr als 5 Millionen Kunden fast 17 Millionen Umstellungsbelege und ihre ersten neuen Kontoauszüge abgeholt hatten. 4 Millionen Kunden ließen sich die umgestellten DM-Beträge in ihre Sparkassenbücher eintragen, um frei über das Geld verfügen und weiter sparen zu können.***

Per Rundschreiben waren die 196 Sparkassen von ihrem Verband rechtzeitig über die notwendige Kennzeichnung informiert worden. Die Staatsbank der DDR gab vor, die nächste freie Zeile unter dem letzten Eintrag durch einen Doppelstrich zu entwerten. In die folgende Zeile musste in den Spalten Datum, Rückzahlung und Einzahlung ein spezieller Stempel**** angebracht werden. In die Spalte Guthaben war der neue Saldo laut Umrechnungsabrechnung in Deutsche Mark einzutragen. Dass bei dem abgebildeten Sparbuch Spalten bereits mit DM bezeichnet sind, soll Sie, liebe Leserinnen und Leser, nicht irritieren. Gedruckt wurde es, als die Währung im Osten noch Deutsche Mark der Deutschen Notenbank hieß.

Wichtig war die rasche Eintragung vielen Menschen auch wegen der neuen Möglichkeit des Freizügigkeitsverkehrs mit den bundesdeutschen Sparkassen ab dem 9. Juli 1990.***** So konnten Sparkassenkunden sich maximal 2.000 DM innerhalb von 30 Tagen bei einer Sparkasse in der Bundesrepublik vom Sparbuch auszahlen lassen. Auch Einzahlungen waren möglich. Die zentrale Verrechnung erfolgte über die Stadtsparkasse Magdeburg. Zur Information der westdeutschen Institute hatte der DDR-Verband ein Merkblatt übersandt. Sie wurden unter anderem mit den unterschiedlichen Ausführungen der Sparkassenbücher bekannt gemacht.****** Von den „Notsparbüchern“ im Faltblattformat ist bereits berichtet worden. Daneben kursierten gleich drei Versionen mit rotem Pappeinband und DDR-Sparkassenlogo. Eingestanzt war in Goldschrift Deutsches Sparkassenbuch, Sparkassenbuch oder Sparbuch.

Fortsetzung am 31.07.2020

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* Vgl. DDR-Sparkassen bewältigen gewaltiges Arbeitspensum, in: Deutsche Sparkassenzeitung, Nr. 60, 07.08.1990, S. 1

** Vgl. Presseinformation der Sparkassenverbandes der DDR: Fakten zur Arbeit der Sparkassen in den ersten 4 Wochen nach der Währungsumstellung, 27.07.1990, S. 2; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 102 4/1999

*** Vgl. ebd., S. 1

**** Die Stempel bestellte der Verband bei der Firma Schmorrde in Löbau, welche diese direkt an die Sparkassen liefern sollte. Vgl. Sparkassenverband der DDR – Verbandsdirektor Horst Oberländer an die Direktoren der Sparkassen und Bezirksgeschäftsstellen, 21.06.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, Rundschreibenbestand

***** Die Sparkassenbücher der westdeutschen Sparkassen waren hingegen vorerst nicht zum Freizügigkeitsverkehr im Osten zugelassen. Vgl. Sparkassenverband der DDR – Verbandsdirektor Frank Axel: Rundschreiben Nr. 10, 04.07.1990, S. 1; Bestand: Historisches Archiv des OSV, Rundschreibenbestand

****** Vgl. Sparkassenverband der DDR – Verbandsdirektor Frank Axel an den Deutschen Sparkassen- und Giroverband – Herrn Lux betr. Freizügiger Sparverkehr DDR/BRD, 19.06.1990, Anlage 1 – Merkblatt, S. 1; Bestand: Historisches Archiv des OSV, Rundschreibenbestand

  • © Historisches Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes | Bild Helmut Geiger, 1980er Jahre, Quelle: Sparkassenhistorisches Dokumentationszentrum Bonn

Die Mühen der Ebenen beginnen mit verlässlichen Partnern an der Seite

Blogserie, Teil 43

1990. In regelmäßigen Abständen wendet sich der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes persönlich an die Leiter der Sparkassen in der DDR. Was Helmut Geiger seit einem guten halben Jahr seinen ostdeutschen Kolleginnen und Kollegen mitteilt, hat Gewicht. Hilfsangebote, aufmunternde, aber auch mahnende Worte werden aufmerksam gelesen und zur Kenntnis genommen. Durch den engen Austausch mit dem Sparkassenverband der DDR weiß Geiger, welche Probleme in der jeweils aktuellen Situation gerade gelöst werden müssen.

Seit der ersten Kontaktaufnahme mit den Direktorinnen und Direktoren der DDR-Sparkassen, am 5. Januar 1990, hat sich in dem Land, das bald Geschichte sein wird, in kürzester Zeit fast alles verändert. Und auch die ostdeutsche Sparkassenorganisation hat sich im Eiltempo weiterentwickelt. Mit Unterstützung der westdeutschen Sparkassenfamilie gelang nicht nur die Abkopplung von der Staatsbank, sondern auch die Gründung eines eigenen Verbandes. Außerdem wurde ein Sparkassengesetz verabschiedet, das den Weg in die Marktwirtschaft ermöglicht, und mit der Währungsunion ein riesiger Berg Arbeit gewuppt. Alles in allem eine Halbjahresbilanz, die sich sehen lassen kann.

Geiger schreibt am 20. Juli 1990 anerkennend: „Wir waren sehr beeindruckt, mit welcher Ausdauer Ihre Mitarbeiter den starken Kundenandrang trotz der monatelangen Überbeanspruchung bewältigen.“ Er bekräftigt die westdeutsche Unterstützung bei der „gewaltigen Aufgabe der Umstellung auf einen marktwirtschaftlichen Bankenwettbewerb mit einer neuen Währung.“ Leider müsse man nun aber auch damit rechnen, „daß alle westdeutschen Banken ihre Marktanstrengungen noch weiter verstärken und dabei gezielt die derzeitige Überlastung der Sparkassen ausnutzen werden.“*

Bereits am 12. Juni bereitet Geiger in seinem Brief die Leiter der DDR-Sparkassen auf den harten Konkurrenzkampf mit den „großen westdeutschen Bankkonzernen“ vor. Diesem könne man nur gemeinsam begegnen. Daher mahnt er zur Geschlossenheit und Solidarität, rät von Alleingängen ab: „Zersplittern Sie sich, werden schon auf mittlere Sicht die konkurrierenden Banken die Gewinner sein.“ In diesem Zusammenhang verdeutlicht Geiger den Kollegen in der DDR, dass die westdeutschen Partnerinstitute „hohe Kosten und Personalbelastungen auf sich nehmen, ohne selbst wirtschaftliche Vorteile erwarten zu können.“**

Um die im Schreiben angesprochenen Hilfsleistungen längerfristig sicherzustellen und auf diese Weise zu EINER Sparkassenorganisation zusammenzuwachsen, beschließt die Außerordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes am 18. Juni 1990 in Frankfurt für die Haushaltsjahre 1990 und 1991 jeweils eine Sonderumlage in Höhe zweistelliger Millionenbeträge. Aus diesen Mitteln sollen nach der Währungsunion u. a. bis zu fünf fachlich versierte Mitarbeiter bundesdeutscher Sparkassen im Rahmen des „Personalentsendungsprogramms“ für jede der 196 DDR-Sparkassen finanziert werden.***

So ist die westdeutsche Unterstützung materiell abgesichert, um die Übergangszeit in die Marktwirtschaft gemeinsam anzugehen. Anknüpfend an diesen, für die Organisation historisch bedeutsamen, einstimmig gefassten Beschluss, kann Geiger am 20. Juni abermals auf das inzwischen bewährte Modell der Partnersparkassen verweisen. Er spricht fünf Punkte an, deren Ausgestaltung geschäftspolitisch relevant ist:

1.      Umgang mit Privatkunden

Die Sparkassen sollten hier rasch die neuen Anlagemöglichkeiten kommunizieren und konkrete Angebote unterbreiten – und zwar vor dem Abwerben durch westdeutsche Banken.****

2.       Betreuung der Firmenkunden

Im Mittelpunkt stehen die Kreditvergabe in der „schwierigen wirtschaftlichen Übergangsphase“ und die bessere Betreuung. Es könne nicht sein, so Geiger bereits am 12. Juni, „daß insbesondere Gewerbetreibende verärgert sind“, weil sie sich täglich zur Abwicklung ihres Geldverkehrs in langen Schlangen wiederfinden. Die Rentabilität der Sparkasse, so Geiger weiter, könne man nach dem 1. Juli nur sichern, „wenn Gewerbetreibende und die Sparer mit den größeren Einlagen in ausreichender Zahl gehalten werden können.“

3.      Maßnahmen der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit

Ziel ist die Wahrnehmung der Sparkassen als leistungsfähige und heimatverbundene Universalkreditinstitute durch eine veränderte optische Präsenz. DDR-spezifisches Informationsmaterial sollte bei Bedarf erarbeitet werden.

4.      Analyse der räumlichen Situation

Im Vordergrund steht für Geiger die verbesserte Platzsituation, um Kunden optimal beraten zu können. Auch sei es wichtig, sich enger mit den Kommunalverwaltungen abzustimmen. Denn es sei nicht hinnehmbar, „daß die interessanten Plätze von den DDR-Kommunen überwiegend westdeutschen Banken angeboten werden.“*****

5.      Neue Produktangebote

Wichtig sei nun, die Mitarbeiter so schnell wie möglich zu schulen. Das bedeutet, der Bedarf muss für das zweite Halbjahr 1990 ermittelt werden und eine enge Abstimmung mit den westdeutschen Sparkassenakademien erfolgen.******

Geiger ist sich sicher: „Die nächsten Monate werden darüber entscheiden, wie sich die Marktanteile im Finanzmarkt der DDR künftig verteilen werden.“ Daher appelliert er eindringlich: „Trotz Ihrer derzeitigen Überlastung [durch die Arbeiten mit der Währungsumstellung, d. A.] muß deshalb alles getan werden, um ein Abwandern Ihrer Kunden zu verhindern […] Gehen Sie deshalb auf Ihre Partnersparkassen zu und besprechen Sie mit ihnen die Maßnahmen, die notwendig sind, um die nächsten schwierigen Monate erfolgreich meistern zu können.“

Fortsetzung am 27.07.2020

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*Geiger, Helmut: Schreiben an die Direktorinnen und Direktoren der Sparkassen in der DDR, Bonn, 20.07.1990, Bestand: Historisches Archiv des OSV, Konvolut Horst-Dieter Hoffmann, D/13061/AUG.

**Geiger, Helmut: Schreiben an die Direktorinnen und Direktoren der Sparkassen in der DDR, Bonn, 12.06.1990, Bestand: Historisches Archiv des OSV, Konvolut Horst-Dieter Hoffmann, D/13061/AUG.

***Ergebnisniederschrift über die Außerordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes am 18. Juni 1990 in Frankfurt. Bestand: Sparkassenhistorisches Dokumentationszentrum Bonn, DSGV-Archiv Sign I. B/11/18 | Großsparkassen, die Ost-Berlin, Dresden, Leipzig und Chemnitz betreuen, können bis zu 15 Mitarbeiter im Rahmen des Personalentsendungsprogramms zur Verfügung stellen.

****Dass sich DM-Geldanlagen 1990 lohnen, unterstreicht auch Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl in einem Zeitungsinterview: „Wir erleben zur Zeit in der Bundesrepublik Deutschland bei den Kapitalmarktzinsen einen historischen Hochstand. Auch der Sparer in der DDR kann diese hohen Zinsen nutzen […] Die zu wählende Form des Sparens richtet sich natürlich auch nach dem individuellen Zweck: Soll für ein Auto oder für ein Haus oder für eine zusätzliche Absicherung im Alter gespart werden? In jedem Fall lohnt es sich zu sparen.“ Quelle: Sparen lohnt sich. In: Neue Zeit. 46. Jg. 142. Ausg., 21.6.1990, S. 6.

*****Ein Besuchsbericht aus Meiningen in Thüringen verdeutlicht exemplarisch, wie prekär die räumliche Situation vieler Sparkassen ist: „Die Sparkasse ist z. Z. in dem historischen Gebäude der Staatsbank in einer ungünstigen geschäftlichen Lage mit ebenso ungünstiger Parksituation untergebracht. In dem großen Gebäude erreicht man die völlig unzureichenden Sparkassenräume nur über einen Flur, in dem vorgelagert z. Z. moderne Räume für die Deutsche Bank eingerichtet werden. In dem Gebäude befindet sich neben der Bundesbankfiliale ein weiteres Kreditinstitut.“ Bestand: Historisches Archiv des OSV, Großmann, Bernd: Besuchsbericht Sparkasse Meiningen, 25.7.1990, Akte HA-76/2004.

******Diese Themen spielten auch schon in den drei Tagen vor Geigers Schreiben, an denen sich die Leiter der DDR-Sparkassen zu einem Erfahrungsaustausch trafen, eine große Rolle. Eine Reihe von Sparkassen präsentierte zum Punkt drei sogar schon „prägnante Beispiele“. Der Sparkassenverband der DDR traf in Auswertung des Erfahrungsaustauschs umfangreiche Festlegungen, um die Sparkassen optimal beraten und unterstützen zu können. Hilfreich dabei waren, neben den regelmäßigen Treffen mit Vertretern des Dachverbandes, einige Grundsatzpapiere von Bernd Großmann. Er war bis zum 31. Juli 1990 ständiger Vertreter des DSGV beim DDR-Verband und analysierte dort die aktuelle Situation. Seine Erkenntnisse nutzte Großmann für Empfehlungen zum weiteren Vorgehen. So zum Beispiel zu einer möglichen Anlagenpolitik der DDR-Sparkassen, um wirtschaftlich ausgewogen zu agieren, oder auch zur Aktivierung der Verbandsarbeit, um den erkennbaren „vielschichtigen Beratungs- und Betreuungsbedarf“ abdecken sowie eine „Zunahme der geschäftlichen Betätigung der Sparkassen im Markt“ unterstützen zu können. Bestand: Historisches Archiv des OSV, Sparkassenverband der DDR: Erfahrungsaustausch mit den Direktoren der Sparkassen in Leipzig und Berlin, 17.-19.7.1990, Einladung und Festlegungen in Auswertung der Beratung. Akte HA-75/2004 sowie div. weitere Dokumente Akte HA-76/2004.

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Zum Titel: Sie werden es bemerkt haben: Es handelt sich um einen Teil viel zitierter Brechtzeilen: „Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns / Vor uns liegen die Mühen der Ebenen.“ Doch das Gedicht „Wahrnehmung“ aus dem Jahr 1949 hat mehr zu bieten, als diese zwei Zeilen … Wenn Sie Lust auf „mehr“ haben und Poesie sowieso lieben, dann sei an dieser Stelle sehr empfohlen: Lyrik der DDR, zusammengestellt von Uwe Berger und Günther Deicke, Berlin, Aufbau-Verl., 1974. Auf Seite 37 finden Sie das Gedicht in Gänze!

  • Viele Einlagen und wenig Kredite - so sah es vor 30 Jahren nicht nur bei der drittgrößten Sparkasse der DDR, der Stadtsparkasse Dresden, aus. : © Historisches Archiv des OSV/ Bestand HAP - E 642/2010

Aufbau des Kreditgeschäfts

Blogserie, Teil 42

Der Umfang des Kreditgeschäfts der DDR-Sparkassen war vor 30 Jahren verhältnismäßig gering, was an der jahrzehntelangen Aufgabenverteilung im sozialistischen Bankensystem und der Planwirtschaft lag.* Der Marktanteil der Sparkassen betrug zur Währungsunion bei den Spareinlagen knapp 81 Prozent, bei den Krediten jedoch nur 4,2 Prozent. In erster Linie waren Kredite für den privaten Wohnungsbau, aber auch Konsumentenkredite, etwa Darlehn für junge Eheleute, und geringfügig gewerbliche Kredite im Bestand.

Zum Kundenstamm im Bereich Firmenkredit gehörten vor allem kleinere private Handwerks-, Handels- und Dienstleistungsbetriebe. Sie waren ein entscheidender Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung in den Regionen und beim Wachstum des Kreditgeschäfts.** Bereits durch das ERP-Programm konnten die Sparkassen in diesem Segment Fuß fassen und zum Beispiel Existenzgründer unterstützen. Die Kreditausweitung in der zweiten Jahreshälfte 1990 beruhte sogar fast vollständig auf der Nachfrage der mittelständischen Wirtschaft. Das Volumen der Unternehmenskredite hat sich in dieser Zeit mehr als versechsfacht.***

Für den Aufbau des Kreditgeschäfts waren das Sparkassengesetz vom 29. Juni 1990, das die örtliche Kreditversorgung als Aufgabe hervorhob, und die Sparkassenanordnung vom 26. Juli maßgebend. Sie ermöglichten eine universelle Betätigung. So waren Körperschaftskredite, gesicherte Personalkredite und Blankokredite erlaubt. Die Produktpalette wurde angepasst. Zum Beispiel konnten Privatkunden Dispositionskredite und frei verfügbare Anschaffungskredite bekommen, wobei die Bonität der Schuldner zu beachten war.**** Zum Realkredit war festgelegt:

„Darlehen können gegen Grundpfandrechte und Schiffshypotheken gewährt werden. Die Beleihung darf die ersten drei Fünftel des Wertes des Grundstücks, Schiffs- oder Schiffsbauwerks nicht übersteigen. Der bei der Beleihung angenommene Wert des Grundstückes darf den durch sorgfältige Ermittlung festgestellten Verkehrswert nicht übersteigen. Bei der Feststellung dieses Wertes sind nur die dauernden Eigenschaften des Beleihungsobjekts und der Ertrag zu berücksichtigen, welchen dieses Grundstück bei ordnungsgemäßer Wirtschaft jedem Besitzer nachhaltig gewähren kann. Im übrigen sind die nach Anhörung des Sparkassenverbandes von der obersten Sparkassenaufsichtsbehörde zu erlassenden Beleihungsgrundsätze anzuwenden.“ *****

Die rechtlichen Voraussetzungen waren gegeben. Allerdings mangelte es an fachlichem Wissen und praktischen Erfahrungen. Unter anderen mussten die verschiedenen persönlichen und sachlichen Kreditrisiken, die Bonität des Kreditnehmers, die Verhältnismäßigkeit des Kredits zur Ertragskraft des Beleihungsobjektes richtig eingeschätzt werden.****** Auch im Firmenkundengeschäft gab es viele Unsicherheitsfaktoren, welche die Beurteilung der Bonität des Kunden und des wirtschaftlichen Erfolgs der Finanzierung erschwerten. Andererseits mochte einer auf Vertrauen basierenden Finanzierung eines örtlichen Unternehmens in der Gründungsphase eine langfristige Partnerschaft folgen. Wenn aber Kreditbetrüger auf unkundige DDR-Sparkässler trafen, so konnte auch großer Schaden entstehen.******* Es bestand ein enormer Nachholbedarf zur Qualifizierung des Personals. Schulungen zum gewerblichen Kreditgeschäft wurden von den westdeutschen Sparkassenakademien angeboten. Dringend notwendiges Know-how brachten auch die Kollegen aus den Partnersparkassen und die neuen Vorstände mit.

Fortsetzung am 20.07.2020

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* Der Schwerpunkt der Kredite lag beim privaten Wohnungsbau. Maßgebend war aber auch in diesem Bereich nicht die Finanzkraft der Darlehnssuchenden, sondern die Verfügbarkeit von Baukapazitäten. Den Großteil bekam der Massenwohnungsbau vom SED-Staat zugewiesen. Ein geringer Teil des Wohnungsbauvolumens wurde privaten Bauvorhaben zugestanden. Materialmangel war ein großes Problem.

** Vgl. Jahresbericht 1990/91 des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes, S. 17

*** Vgl. Geiger, Walter/ Günther, Hans-Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 317

**** Deswegen nahm zum 2. Juli 1990 die SCHUFA – Ostdeutsche Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung GmbH, an der der DDR-Sparkassenverband beteiligt war, die Arbeit auf.

***** Anordnung über den Betrieb und die Geschäfte der Sparkassen (Sparkassenanordnung) vom 26. Juli 1990, § 14, in: Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 56, 30.08.1990, S. 1276

****** Zu dargestellten Problematik verfasste Bernd Großmann vom DSGV für die Verbandsleitung des DDR-Sparkassenverbandes ein aufschlussreiches Gutachten und mahnte insbesondere angesichts der fehlenden Kreditpraxis zur Zurückhaltung. Vgl. Bernd Großmann: Anlagenpolitik, 09.07.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA – 76/2004

******* Vgl. Geiger/ Günther, 1998, S. 215

  • Bei der Stadtsparkasse Magdeburg wurden bis zum 30. Juni 1990 80.120 Auszahlungsquittungen mit einem Gesamtbetrag von 73,7 Millionen DM ausgestellt. Mindestens 100 und höchstens 2.000 DM konnten ab dem Folgetag per Quittung ausgereicht werden. Der Empfang war auf der Rückseite mit Unterschrift zu bestätigen. : © Stadtsparkasse Magdeburg

  • Arbeitsanweisung der Staatsbank der DDR zum Umgang mit DM-Auszahlungsquittungen vom 31. Mai 1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV

Bilanz der ersten Woche

Blogserie, Teil 41

Zum 1. Juli 1990 wurde die Deutsche Mark gesetzliches Zahlungsmittel in der DDR. Ab diesem Tag begannen die ostdeutschen Sparkassen, die Bevölkerung mit der neuen Währung auszustatten. Pro Person konnten bis zu 2.000 DM für die erste Woche ausgezahlt werden. Wer zuvor bei der Abgabe seines Kontoumstellungsantrags eine Auszahlungsquittung beantragt hatte, erhielt Geld. Überliefert ist, dass bei den DDR-Sparkassen vom 1. bis zum 6. Juli 1990 auf 4,3 Millionen dieser Quittungen rund 4,1 Milliarden DM ausgehändigt wurden.*

Vom 3. bis zum 6. Juli fand die Auszahlung bei dem Geldinstitut statt, das die Quittung ausgestellt hatte. Am 1. und 2. Juli konnte man nicht nur direkt bei der Hausbank, sondern auch bei zusätzlichen Auszahlungsstellen Bares bekommen.** Tausende Sonderauszahlungsstellen wurden für diese beiden Tage eingerichtet. Dafür waren Kreiskommissionen, die von den Direktoren und Direktorinnen der Sparkassen geleitet wurden, zuständig.*** Unterstützung erfuhren sie von den Bezirks-, Kreis- und Gemeindeverwaltungen. Nicht zu vergessen die personelle Hilfe der westdeutschen Betreuungssparkassen, die Mitarbeiter auch zur Abwicklung der Währungsumstellung in die DDR entsandten.

Die Sparkässler hatten aber nicht nur mit der Auszahlung der Deutschen Mark zu tun. Mehr als 3,2 Millionen Bürger gaben in der ersten Juliwoche ihre restlichen Ostmarkbestände bei den Sparkassen ab, da nur Guthaben auf Konten umgewertet wurden. Der Freitag vor 30 Jahren war der letztmögliche Tag für Einzahlung und Antragstellung, wenn man nicht unverschuldet verhindert war.**** Die bei den 196 Sparkassen der DDR bis zum 6. Juli anfallenden Bestände in Mark mussten noch am gleichen Tag auf ein Verrechnungskonto bei der nächsten Staatsbankfiliale eingezahlt werden, damit die Umstellung durchgeführt werden konnte.

„Auf der Grundlage entsprechender Festlegungen der Deutschen Bundesbank wurde mit der Staatsbank Berlin dafür folgende technische Abwicklung vereinbart: Die Sparkassen ermitteln die vorhandenen Bestände in Mark der DDR und fertigen über den noch einzuzahlenden Betrag auf das Verrechnungskonto 2 einen Einzahlungsbeleg an, der vom Direktor der Sparkasse gegenzuzeichnen ist. Grundlage dafür sind telefonische Mitteilungen der Zweigstellenleiter, die anhand der Kassenabschlüsse erfolgen. Der einzuzahlende Betrag ist der zuständigen Staatsbankfiliale telefonisch durch einen vom Direktor der Sparkasse beauftragten Abteilungsleiter mitzuteilen. Diese Mitteilung muss spätestens zwischen 17.00 und 18.00 Uhr am Freitag, dem 6.7.1990, erfolgen.“ *****

Am Wochenende stellte die EDV 24,7 Millionen Sparkassenkonten um. Umstellungsbelege wurden ausgedruckt, welche die Kundinnen und Kunden in der Folgewoche abholen konnten. Ab Montag, den 9. Juli 1990, durften sie auch wieder frei über ihre Konten verfügen. In der ersten Juliwoche war der normale Service der Sparkassen nämlich nicht verfügbar. Wegen der Arbeit zur Durchführung der Währungsunion ruhte das Geschäft. Für den Geschäftsabschluss mussten in dieser Zeit zum Beispiel die Zinsen für das erste Halbjahr 1990 berechnet werden. Danach erfolgte die Umstellung. Im Ergebnis wurden zum Stichtag 30. Juni insgesamt Spareinlagen in Höhe von 50 Milliarden Mark 1 zu 1 und von 96 Milliarden Mark 2 zu 1 in DM umgetauscht.******

Fortsetzung am 16.07.2020

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* Vgl. Sparkassenverband der DDR: Presseinformation – Fakten zur Arbeit der Sparkassen in den ersten 4 Wochen nach der Währungsumstellung, 27.07.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand

** Vgl. Deutsche Bundesbank: Modalitäten der Währungsumstellung (Kontoguthaben bei Geldinstituten und Bargeld) in der Deutschen Demokratischen Republik am 1. Juli 1990, 21.05.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 78/2004 Bd. 3

*** Vgl. Geiger, Walter/ Günther, Hans-Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 138

**** Personen, die damals objektiv nicht in der Lage waren, konnten bis spätestens 30. November 1990 eine nachträgliche Umstellung beantragen. Dabei musste man glaubhaft machen, dass man unverschuldet außerstande war, rechtzeitig das Geld einzuzahlen oder den Antrag zu stellen. Vgl. Staatsbank der DDR: Hinweise der Staatsbank der DDR zur Währungsumstellung im Rahmen der Währungsunion zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland, 21.05.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA Pötzl 13/2004

***** Um Übermittlungsfehler auszuschließen, erfolgte parallel die Information durch den Innenrevisor der Sparkasse an die Bezirksgeschäftsstelle des Sparkassenverbandes der DDR, welche die betreffende Filiale der Staatsbank anrief. Vgl. Sparkassenverband der DDR – Verbandsdirektor Horst Oberländer an die Direktoren der Bezirksgeschäftsstellen, 04.07.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand

****** Vgl. Geiger/ Günther, 1998, S. 312