• Nach der Inflation wurden Sparkassenguthaben in Mark entsprechend rechtlicher Vorschriften aufgewertet. : © Historisches Archiv des OSV

Wie aus 25.000 Mark schließlich 60 Reichspfennige wurden

Ein weiteres Sparbuch aus unserem Archivbestand, das seinen Weg in die Sonderausstellung des Deutschen Historischen Museums gefunden hat, möchte ich Ihnen heute vorstellen. Es stammt aus Schwarzenberg im Erzgebirge und verdeutlicht die Wirkungen der Inflation Anfang der 1920er-Jahre. Der Inhaber dieses Buches hatte durch seine Einzahlungen im Jahr der Hyperinflation ganze 25.000 Mark auf dem Konto. Dies waren aber in der neuen Währung lediglich 0,000.000.025 Reichsmark. Eine Billion Mark entsprachen einer Reichsmark.

Inflationsgeschädigte Sparer konnten jedoch auf eine Entschädigung hoffen. Am 1. November 1924 meldete der Kunde sein Sparkassenbuch zur Aufwertung an. Eine Verordnung des Freistaats Sachsen hatte zuvor die Sparkassen zu Anmeldestellen für Aufwertungsansprüche bestimmt. Zunächst sollten gemäß einem Reichsgesetz von 1925 ihre Aktiva, etwa Hypothekenkredite, aufgewertet werden. Erst danach konnte ein Treuhänder unter Aufsicht der obersten Landesbehörde die Einlagenhöhe festlegen. Das Aufwertungsgesetz sah bezüglich der Sparkassenguthaben vor, dass mindestens 12,5 % ihres Goldmarkwertes erstattet werden sollte.

Dieser Mindestsatz findet sich auch 1926 in der ersten sächsischen Ausführungsverordnung zum Gesetz. Anders als zum Beispiel in Preußen, gab es hier aber keinen einheitlichen Aufwertungssatz für alle Sparkassen. Festgelegt wurde, das jedes Institut soweit möglich seine Aktiven wiederherstellte. Die in Goldmark umgerechneten Markeinlagen wurden dann mit dem realen Sparkassenbesitz, der vorhandenen Teilungsmasse, ins Verhältnis gesetzt. So ergab sich ein individueller Aufwertungssatz. Dieser betrug etwa bei der Stadtsparkasse Schwarzenberg 25,7 %.

Zur Guthabenumrechung wurde in Sachsen 1926 ein vom Direktor der Sparkasse Wilhelmshaven entwickeltes System erlaubt.* Demnach waren 10.000 Papiermark am 2. März 1923 genau 1,95 Goldmark. 15.000 Papiermark entsprachen am 3. Juli 1923 wegen der fortschreitenden Inflation nur noch 0,40 Goldmark. Die Sparkasse addierte und trug 2,35 Goldmark ein. Unter Berücksichtigung des oben genannten Aufwertungssatzes erhielt der Kunde am Schluß ganze 60 Reichspfennige.

* Das einfachste Verfahren zur Errechnung des Goldwertes der Spareinlagen nebst Errechnungsmuster und Umrechnungstabellen. Ein Hilfsbuch für Sparkassen von G. Vollhaber, Sparkassendirektor, 3. Auflage, Wilhelmshaven, 1926 (Bestand Historisches Archiv des OSV)

  • Vor 100 Jahren wurde die Sparkasse in Schwerin kommunal. Erst danach konnten neue Produkte wie Scheck und Girokonto eingeführt werden. : © Historisches Archiv des OSV

Auf dem Weg zum Universalinstitut

Schon seit 1821 gibt es in Schwerin eine Sparkasse. Gegründet wurde sie jedoch nicht als kommunales Institut. Erst vor 100 Jahren ging die sogenannte Ersparnisanstalt auf die Stadt über. Die Einrichtung firmierte seit April 1918 als „Ersparnisanstalt in Schwerin, städtische Sparkasse“. Erst nach der Übernahme durch die Kommune und Annahme der Mustersatzung für die Stadtsparkassen im damaligen Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin konnte eine bankmäßige Entwicklung des Instituts erfolgen.

Zwar wurde den deutschen Sparkassen bereits 1908 durch das Reichsscheckgesetz die passive Scheckfähigkeit zugestanden. Die Entscheidung über die Zulassung lag jedoch bei den Aufsichtsbehörden der Länder. Die vom Schweriner Innenministerium genehmigte Mustersatzung aus dem Jahr 1917 erlaubte nur den kommunalen Sparkassen moderne Geschäfte. So konnte im August 1918 bei der städtischen Sparkasse der Scheck- und Überweisungsverkehr eingeführt werden. Die Entwicklung zum universal tätigenden Kreditinstitut hatte begonnen.

  • Nicht nur Geld einzahlen konnte man beim Kundenbetreuer der Kreissparkasse in Niederlehme (Königs Wusterhausen). Die Eröffnung der Sparkassennebenstelle wurde 1905 im Kreisblatt publik gemacht. : © Historisches Archiv des OSV

Eine Receptur für Niederlehme

Als Abbildung zu diesem kleinen Beitrag sehen Sie die Eröffnungsanzeige einer sogenannten Sparkassenreceptur. Auch als Annahmestellen wurden diese von Bürgern verwalteten Sparkassennebenstellen damals bezeichnet. Sie konnten auch Agenturen heißen. Zahlreich gab es sie bei preußischen Flächensparkassen, etwa in Brandenburg. Oft waren es vertrauenswürdige Kaufleute, die im Dienste der Geldinstitute vor Ort tätig wurden.

Die Sparkasse des Kreises Beeskow-Storkow wurde 1855 gegründet. Schon zu der Zeit erklärten sich zwei Finanzbeamte in Buchholz und in Storkow bereit, einen Service anzubieten. Sie wollten die Ersparnisse von den Menschen, die nicht selbst zur Sparkasse kommen oder nicht schreiben konnten, annehmen und bei der Kreissparkasse in Beeskow einsenden. 1876 erlaubte schließlich die neue Sparkassensatzung die Einrichtung von Recepturen. In Niederlehme, heute Teil von Königs Wusterhausen, wurde vor 113 Jahren ein Lehrer Ansprechpartner der Kundinnen und Kunden.

Er war nicht nur für Ein- und Auszahlungen zuständig, sondern durfte zum Beispiel auch Kreditanträge an die Zentrale weiterleiten. Im Fall einer Einzahlung waren ihm das Sparbuch und das Geld zu übergeben. Dabei erhielt der Kunde oder die Kundin eine Bescheinigung. Eintragungen im Sparkassenbuch erfolgten ausschließlich durch den Kassenführer und den Gegenbuchführer in Beeskow. Dort wurde das Konto geführt. Vermutlich ging der Herr Lehrer mit den Büchern auf Reisen. Zwischen Königs Wusterhausen und Beeskow bestand schon damals eine Bahnverbindung.

Heute geht eine Einlage schneller. Für Ein- und Auszahlungen ist in der Geschäftsstelle der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam moderne Technik vorhanden. Und auch nicht mehr der Dorflehrer, sondern ausgebildetes Personal berät heutzutage in Niederlehme die Kundschaft, und das sogar bei Bedarf nach Feierabend bis 20:00 Uhr. Geleitet wird die Filiale von Herrn Raik Böhme.

  • In Naumburg wurde 1823 die erste kommunale Sparkasse im Gebiet Sachsen-Anhalts eröffnet. Bis 1914 befand sich die Stadtsparkasse im Rathaus. (Ansichtskarte Verlag Trinks & Co in Leipzig, versendet 1919; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Historische Gründungsdaten der Sparkassen in Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt ist das vierte Bundesland im Verbandsgebiet des OSV. In der preußischen Provinz Sachsen sowie in den Herzogtümern Anhalt-Dessau und Anhalt-Bernburg sind die ersten Sparkassen im 19. Jahrhundert gegründet worden. Auch in diesem Beitrag der Artikelserie wurden wieder die Gründungsjahre der heutigen Hauptsitze zusammengetragen. Ältere Standorte sind nach bestem Wissen hinzugefügt. Wenn auch Sie, liebe Leserinnen und Leser, Informationen beisteuern wollen, so sind diese natürlich gern als Kommentare willkommen.

Beginnen wir nach der alphabetischen Ordnung mit der Sparkasse Altmark-West. Diese hat in Salzwedel ihren Hauptsitz. Hier wurde 1843 eine Stadtsparkasse eröffnet, wie kürzlich hier im Blog berichtet.

In Bitterfeld wurde übrigens im selben Jahr 1843 eine Kreissparkasse eingerichtet. Heute hat die Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld in Bitterfeld-Wolfen ihren Sitz.

In Neuhaldensleben, heute Haldensleben, erfolgte die Gründung einer Stadtsparkasse 1840. Sitz der Kreissparkasse Börde ist aber Oschersleben. Die Stadt hat 1847 eine eigene Sparkasse eröffnet.

In Naumburg wurde 1823 die erste kommunale Sparkasse im Gebiet des heutigen Bundeslandes Sachsen-Anhalt eröffnet. Hauptsitz der Sparkasse Burgenlandkreis ist jedoch Zeitz. Hier nahm eine Stadtsparkasse 1828 die Geschäftstätigkeit auf.

In Dessau entstand 1833 die Herzogliche Sparkasse. Sie wurde privat verwaltet, aber staatlich garantiert. Heute gibt es in Dessau-Roßlau die Stadtsparkasse Dessau.

In Halberstadt wurde 1833 eine Stadtsparkasse gründet. In Wernigerode, Hauptsitz der Harzsparkasse, entstand 1849 ein solches Geldinstitut.

In Burg bei Magdeburg hat die Sparkasse Jerichower Land ihren Sitz. 1844 wurde in Burg eine städtische Sparkasse eröffnet.
(Nachtrag: zum 1. März 2021 fusionierte die Sparkasse Jerichower Land mit der Stadtsparkasse Magdeburg zur Sparkasse MagdeBurg.)

In Magdeburg wurde 1823 eine städtische Sparkasse eröffnet. Heute gibt es in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts die Stadtsparkasse Magdeburg.
(Nachtrag: zum 1. März 2021 fusionierte die Stadtsparkasse Magdeburg mit der Sparkasse Jerichower Land zur Sparkasse MagdeBurg.)

In der Lutherstadt Eisleben befindet sich der Hauptsitz der Sparkasse Mansfeld-Südharz. Hier trat 1843 eine Stadtsparkasse ins Leben. Seit 1835 soll in der Stadt zugleich eine private Sparkasse bestanden haben.

In Halle (Saale) richtete eine Bürgerverein 1819 eine Sparkasse ein. Sie ging mit der Jahreswende 1859/60 auf die 1857 gegründete Stadtsparkasse Halle über. Die Saalesparkasse hat nun ihren Sitz in der Stadt. Die erste kommunale Sparkasse im Geschäftsgebiet war übrigens 1835 die Stadtsparkasse Merseburg.

In Staßfurt, heute Hauptsitz der Salzlandsparkasse, wurde 1868 eine Stadtsparkasse  eröffnet. Der erste Standort im Gebiet war 1823 Bernburg. Dort richtete eine Freimaurerloge eine Sparkasse ein.

1846 eröffnete in Stendal die kommunalständische Sparkasse der Altmark, eine bedeutende Flächensparkasse. Heute gibt es die Kreissparkasse Stendal.

In Wittenberg, Sitz der Sparkasse Wittenberg, erfolgte die Eröffnung einer Stadtsparkasse 1825.

  • Rathaus Stassfurt Sparkasse 1928

    Diese Ansichtskarte wurde von der Stadt Staßfurt anlässlich des 60. Geburtstags der Sparkasse 1928 herausgegeben. Damals befand sich die Sparkasse nicht mehr im Rathaus, sondern links daneben in der sog. Johannisschule. Beide Gebäude gibt es heute nicht mehr. Der Sitz der jetzigen Salzlandsparkasse ist in der Lehrter Straße 15. (Ansichtskarte Verlag Richard Böse in Staßfurt, versendet 1928; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Vor 150 Jahren – Eröffnung einer Sparkasse in Staßfurt

Bekanntmachung

Wenn je eine Anstalt geeignet ist, zur Ordnung und häuslichen Sparsamkeit aufzumuntern, so ist es die Sparkasse, die dem Professionisten, Arbeitsmann und Dienstboten Gelegenheit gibt, kleine Geldersparnisse sicher anzulegen und für das Alter, für den Fall der Not, oder auch zur Begründung eines Etablissements zu einem Kapitale anzusammeln. Aus diesen Gründen haben die städtischen Behörden auch in Staßfurt eine Sparkasse zu begründen beschlossen, welche mit dem 1. April ds. Js. ins Leben treten soll. Das Sparkassenlokal befindet sich im derzeitigen Kämmereikassenlokale und werden von der angegebenen Zeit ab während der Bürostunden von dem Sparkassen-Rendanten Maerzdorff Sparkassen-Anlagen an-, sowie Anträge auf Ausleihungen von Kapitalien entgegengenommen. Die Stelle eines Sparkassen-Kontrolleurs vertritt interimistisch bis auf Weiteres der Büro-Diätar Rasch. Das Direktorium der Sparkasse dagegen wird gebildet aus den Stadtverordneten Werner und Danneberg, dem Fabrikbesitzer Kiesel, dem Agenten Fiedler und dem Bürgermeister Wachtel.

Staßfurt, den 15. März 1868

Der Magistrat
Wachtel – Hesse – Göldner – Schumann – Böttcher

[abgedruckt in Kreissparkasse Staßfurt (Hrsg.): 125 Jahre Kreissparkasse Staßfurt – Für Tradition und Fortschritt, 1993, S. 8]

  • © Historisches Archiv des OSV

Das Dresdener Kriegs-Sparbuch

Heute möchte ich Ihnen wieder einmal ein besonderes Sparbuch vorstellen. Es handelt sich um ein Kriegs-Sparbuch der Sparkasse der Stadt Dresden, welches derzeit in der Sonderausstellung „Sparen – Geschichte einer deutschen Tugend“ im Deutschen Historischen Museum präsentiert wird. Das Sparbuch wurde am 10. Oktober 1918 eröffnet.* Wie viele andere Sparkassen, so gab auch die Dresdener Stadtsparkasse diese Sparkassenbücher heraus, „zur Förderung der Kriegsanleihen und zur Ansammlung von Spargeldern zur Zeichnung von Kriegsanleihe-Wertpapieren“**.

Doch was sind eigentlich Kriegsanleihen? Diese Wertpapiere gab das Deutsche Reich während des Ersten Weltkriegs 1914 bis 1918 heraus. Die Allgemeinheit sollte in patriotischer Gesinnung durch ihren Erwerb den Krieg vorfinanzieren. Nach dem Sieg hätten dann die unterlegenen Gegner zahlen müssen. Rund 97 Milliarden Mark kamen als Kredit für das Reich zusammen. Auch die deutschen Sparkassen und ihre Kunden beteiligten sich kräftig an der Kriegsfinanzierung. Zugleich nahmen die Einlagen bei den Geldinstituten ordentlich zu. Die Kundinnen und Kunden konnten nicht ausreichend konsumieren und brachten daher ihr Geld zur Sparkasse. Durch die Anleihen und das Sparen wurde damals die Kaufkraft abgeschöpft und eine Inflation vorerst verhindert.

Um auch kleinere Sparbeträge für die Zeichnung von Kriegsanleihen zu „mobilisieren“, führten viele Sparkassen Kriegssparbücher beziehungsweise Kriegsanleihesparbücher ein. Auf diesen wurden meistens Guthaben längerfristig gesperrt, welche das Geldinstitut selbst in Anleihen investierte. Üblich war eine Frist bis zwei Jahre nach Friedensschluss. Man konnte sich auch eine eigene Kriegsanleihe zusammensparen, die dann die Sparkasse aushändigte oder im Depot verwahrte. Üblich war ein Zinssatz von fünf Prozent für die Sparbücher, denn soviel brachten die Kriegsanleihen. Auch in der Satzung der Dresdener Sparkasse wurden bei der Einführung des neuen Produkts 1917 diese Inhalte festgehalten.

Die Sparkassenbücher waren oft besonders gestaltet, damit die Kundinnen und Kunden ein patriotisches Erinnerungsstück an die Finanzierung des Krieges an der „Heimatfront“ beziehungsweise „Sparfront“ hatten. Die Sparkasse der sächsischen Landeshauptstadt druckte deswegen nicht etwa neue Bücher. Es wurde schlichtweg ein anderes, farbiges Cover auf ein gewöhnliches Sparkassenbuch geklebt. Wir sehen hier die damaligen Nationalfarben des Kaiserreichs, Schwarz-Weiß-Rot.

* Den Namen des Kunden, der gegen Kriegsende einmalig eine Mark einzahlte, habe ich retuschiert.
** Verwaltungsbericht der Sparkasse der Stadt Dresden für 1917, S. 3