• Die Rezepturen/Nebenstellen sind auch in diesem Sparbuch von 1912 aufgelistet. Der Name des Kunden wurde retuschiert. : © Historisches Archiv des OSV

  • Finden Sie die Orte im Gebiet des Kreises Jerichow 2? (Abb. Auschnitt Landkarte der preuß. Provinz Sachsen, 1912; Bestand: historisches Archiv des OSV)

Die Rezepturen der Genthiner Kreissparkasse

In Genthin ist heute die Sparkasse Jerichower Land vor Ort. Vor 140 Jahren existierten hier sogar zwei Sparkassen. Da gab es die Stadtsparkasse, die am 4. Oktober 1850 gegründet worden war. Am 1. April 1877 eröffnete die Sparkasse des Kreises Jerichow 2. Diese Kreissparkasse befand sich im Kreisständehaus und hatte immer dienstags und freitags von 10:00 bis 12:00 Uhr geöffnet. Eine erste Zweigstelle des Instituts bestand erst ab dem 1. April 1932 in Kirchmöser. Um den Einwohnern des Kreisgebiets, die nicht in der Nähe von Genthin wohnten, den Gang zur Sparkasse zu verkürzen, wurden im Zuge der Gründung 1877 sogenannte Rezepturen eingerichtet.

Die Verwaltung dieser Nebenstellen übernahmen vor allem die Dorfschulzen. Aber auch zwei Kaufleute und ein Rittergutsbesitzer finden sich unter den Personen, die vor Ort den Sparkassen-Service anboten. Zunächst waren bei ihnen nur Einzahlungen, bald auch Auszahlungen möglich. Solche Anlaufstellen der Kreissparkasse hatten die Menschen vor 140 Jahren in Scharlibbe, Rehberg, Schönhausen, Wust, Böhne, Schollene, Vieritz, Milow, Vehlen, Nitzahne, Groß Wusterwitz, Rogäsen, Tuchheim, Hohenseeden und Parey.

  • Großrückerswalde: Klöppelschule, Verbandssparkasse und Gemeindeamt (Ausschnitt Ansichtskarte Verlag R. Schaarschmidt in Leipzig, ca. 1920; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Klöppeln und Sparen

Im Wilhelminischen Kaiserreich gab es vielerlei Initiativen, der Jugend das Vorsorgen näherzubringen und sie zum Sparen zu erziehen. Der wohl bekannteste Befürworter des Schulsparens war der Pfarrer und Schulinspektor Ernst Senckel. In einer Denkschrift berichtete er 1882 unter anderem von den Erfolgen der Spareinrichtungen an Spitzenklöppelschulen im Königreich Sachsen. In diesen durch den sächsischen Staat unterstützten Einrichtungen konnten in erster Linie benachteiligte Jungen und Mädchen im Alter von sechs bis vierzehn Jahren ihre handwerklichen Fertigkeiten üben. Sie gingen natürlich auch in die Ortsschule.

„In erzieherischer Hinsicht sollen die Spitzenklöppelschulen der häuslichen Erziehung unter die Arme greifen, die Schüler an Aufmerksamkeit, Fleiß, an Folgsamkeit und Pünktlichkeit, an Ordnung und Reinlichkeit gewöhnen, sie zur Verträglichkeit und Dienstfertigkeit gegen einander und zu einem anständigen und gesitteten Betragen anhalten.“ Regulativ für die aus Staatskosten unterstützten Spitzenklöppelschulen, Zwickau, 1874, § 3

Im eigenen Interesse sollte die Schuljugend das Sparen lernen. So wurden mindestens zehn Prozent vom Verdienst, den der Verleger zahlte, abgezogen und bei der örtlichen Sparkasse zurückgelegt. Jedes Kind erhielt ein Sparbuch. Vor dem Hintergrund der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse im Erzgebirge hatte Senckel kein Problem damit, dass Kinder arbeiteten. Er sah den Vorzug dieser speziellen Schulsparkassen darin, dass die Einlagen aus selbst erarbeiteten Einnahmen stammten. Die Kinder würden so daran gewöhnt, den Ertrag ihrer Arbeit nicht gleich zu verbrauchen, sondern zum Teil für zukünftige Bedürfnisse anzulegen.

In der Realität wurde freiwillig mehr als der festgelegte Prozentsatz gespart. An der großen Spitzenklöppelschule in Neustädtel hatten beispielsweise 1881 die 137 Schülerinnen und Schüler  1.539,99 Mark Verdienst, wovon 943,51 Mark gespart wurden. In Rittersgrün bestanden sogar drei Schulen mit insgesamt 156 Kindern. Von 3.921,80 Mark landeten 507,86 Mark auf den Sparkassenbüchern. In Schneeberg waren 95 Sparende in der Klöppelschule. Von 1.633,68 Mark wurden 537,81 Mark zurückgelegt.

  • Die adrette Belegschaft der Stadtsparkasse Bad Schmiedeberg 1931 in ihrer neuen Geschäftsstelle. Im Hintergrund: Blumenschmuck. (Ansichtskarte ohne Verlagsangabe; Bestand: Historisches Archiv des OSV) : © Historisches Archiv des OSV

  • Das Sparkassengebäude und seine Architekten? (Ansichtskarte ohne Verlagsangabe; Bestand: Historisches Archiv des OSV) : © Historisches Archiv des OSV

Einzug ins Sparkassengebäude

Das sind sie, die Männer von der Stadtsparkasse Bad Schmiedeberg. Anlässlich der Eröffnung ihres neuen Sparkassengebäudes hatten sie sich am Neujahrstag 1931 zu dieser Fotoaufnahme versammelt, von der auch gleich Postkarten angefertigt wurden. In den Jahren 1929/1930 war das neue Heim des Geldinstituts entstanden, weil die bisherigen Räumlichkeiten unter anderem wegen der steigenden Kundenzahl nicht mehr ausreichend waren.

Im Stile des Bauhauses hatte das Architektenbüro Zerbe aus Hamburg das Gebäude entworfen. Auf die moderne Außen- und Innenarchitektur konnte die Sparkassenbelegschaft wahrlich stolz sein. Wenn auch Sie sich für das Gebäude interessieren, so klicken sie einfach zum nächsten Bild oder schauen Sie doch einmal bei der Sparkasse Wittenberg vorbei. In der heutigen Luisenstraße 43 befindet sich nämlich derzeit ihre Geschäftsstelle in Bad Schmiedeberg.

Ich bedanke mich herzlich beim Stadtchronisten von Bad Schmiedeberg, Herrn Felix Saul, für Informationen zum historischen Sparkassengebäude.

  • Die gute Entwicklung der Sparkasse in Neustädtel war nicht zuletzt ihrem engagierten Kassierer, dem Lehrer Geißler, zu verdanken. (Abb. in: Hergert, Ernst: 90 Jahre Sparkasse der Stadt Neustädtel i. E., 1937, S. 33; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

  • Die Sparkasse in Neustädtel war die älteste Sparkasse in der Amtshauptmannschaft Schwarzenberg. Darauf verwies die schmucke Siegelmarke zum 90. Geburtstag 1937. : © Historisches Archiv des OSV

Der Lehrer und die Sparkasse

Neustädtel, heute ein Ortsteil von Schneeberg, hieß die Bergstadt, in der die zweite kommunale Sparkasse im Geschäftsgebiet der jetzigen Erzgebirgssparkasse gegründet wurde. Vor genau 170 Jahren nahm das Institut die Geschäftstätigkeit auf. Erwartet wurden als Kunden vor allem, so stand es in der Satzung, von ihrer Hände Arbeit lebende Menschen, zum Beispiel Tagelöhner, Dienstboten, Berg- und Fabrikarbeiter. Die sogenannte unbemittelte Bevölkerung Neustädtels und der Umgebung erhielt eine Einrichtung, um etwas vom Verdienst zurückzulegen und selbst für die Zukunft vorzusorgen.

Beim Schullehrer Carl Gottlob Geißler waren die Sparwilligen an der richtigen Adresse. Er war von der Sparkassenverwaltung zum Kassierer gewählt worden und tat am Anfang immer freitags von 14:00 bis 18:00 Uhr seinen Dienst. Sparbeträge ab fünf Neugroschen durfte Geißler annehmen. Aus Neustädtel, Niederschlema, Lauter und Schneeberg stammten seine ersten Kunden am 6. März 1837. Zum Teil waren sie kilometerweit über Berg und Tal gewandert, um ihr Spargeld einzuzahlen. Insgesamt kamen am ersten Geschäftstag 345 Taler und 9 Neugroschen zusammen. 30 Sparbücher wurden ausgestellt.

Über 39 Jahre lang war Geißler als Rendant für die Sparkasse tätig, zunächst im Nebenamt und ab dem 1. Juli 1858 als ständiger Beamter. Mittlerweile waren nämlich tägliche Öffnungszeiten notwendig geworden. Mehr als 2.800 Kunden betreute die Stadtsparkasse in dem Jahr bereits. Als er 1886 in den wohlverdienten Ruhestand ging, waren es schon fast 9.000. Auch die Einlagen hatten sich stark vermehrt, von 18.456 Mark (6.152 Taler) Ende 1847 auf 4.458.032 Mark Ende 1886. Diese gute Entwicklung war auch dem engagierter Rendanten zu verdanken.

  • Der evangelische Geistliche August Günther engagierte sich für die Einrichtung einer Sparkasse in Coswig. [Abb. in Stadt- und Kreissparkasse Zerbst (Hrsg.): Hundert Jahre Sparkasse Coswig-Anhalt, 1937, S. 32; Bestand: Historisches Archiv des OSV]

  • Von ihrer Gründung 1837 bis zum Jahr 1932 befand sich die Sparkasse im Rathaus. 1887 wurde sie ein städtisches Institut. (Abb. Ausschnitt Ansichtskarte Verlag Paul Voigtländer, Rob. Bernhardt Nachf, versendet 1913; Bestand Historisches Archiv des OSV)

Vor 180 Jahren – Sparkasseneröffnung in Coswig (Anhalt)

180 Jahre sind vergangen, seit in Coswig (Anhalt) erstmals eine Sparkasse eröffnete. Zu verdanken ist die Gründung in erster Linie dem Oberprediger der Kirche St. Nicolai, August Günther. Auf Anregung der herzoglichen Landesregierung wandte er sich am 19. November 1836 an 15 Bürger der Stadt und lud sie ein, die Satzung einer Sparkasse zu entwerfen. Am 23. November fand man sich im Rathaus ein. Als Vorlagen dienten die Statuten der privaten Sparkassen in Bernburg und Ballenstedt.

Bald war das Werk vollbracht. Insgesamt 17 Personen unterzeichneten und wurden „Unternehmer“ der Coswiger Sparkasse. Günther war ihr Direktor. Aus dem Kreis der Männer waren drei als Assistenten, einer als Kassierer und einer als Buchhalter tätig – zunächst alle ehrenamtlich. Die Gemeinschaft der Männer haftete für die Sicherheit der eingezahlten Gelder. Die Garantiesumme betrug am Anfang 2.000 Taler.

Am 17. Dezember 1836 wurde die Satzung von der Landesregierung in Bernburg genehmigt. Sie veröffentlichte auch die Bekanntmachung zur Eröffnung in der Zeitung. Am ersten Mittwoch jeden Monats sollte die Sparkasse geöffnet sein. Die Kassenstunden fanden zwischen 14:00 und 17:00 im Rathaus statt. Alle Einwohner der Stadt und des Amtsbezirks Coswig sowie des Gerichtsbezirks Klieken durften die Einrichtung nutzen. Zum Beispiel für die Heirat, die Eröffnung eines Gewerbes, das Alter, aber auch für Krankheits- und andere Notfälle konnte vorgesorgt werden.

Aus sozialpolitischen Gründen war die Sparkasse damals insbesondere für Tagelöhner, Hilfsarbeiter und Dienstboten gedacht, für deren „pekuniäre und moralische Wohlfahrt“, so Günther. Die erste Kundin am 1. März 1837 war aber kein einfaches Dienstmädchen, sondern die Tochter des Coswiger Oberförsters, Johanna Doebel. Ihre Einlage: zwei Taler. Der erste Kreditnehmer war der Kleinbauer Anton, der eine Hypothek über 100 Taler aufnahm. Am Ende des Geschäftsjahres betrugen die Gesamteinlagen 1.148 Taler und sechs Groschen, die Ausleihungen 1.150 Taler.  Ein Taler und 18 Groschen waren der bescheidene Reingewinn.

  • Die Spinnerin, nach einem Gemälde von Aimé Perret, Nachdruck (Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Vorsorgen fürs Alter

Dieser Druck aus der deutschen Zeitschrift „Die Gartenlaube“ zeigt ein Gemälde von Aimé Perret. 1899 wurde die Spinnerin abgebildet. Wie viele Jahre sie schon tätig durchlebt hatte, lässt sich nur erahnen. Um über die Runden zu kommen, mussten damals viele Menschen ihr Leben lang arbeiten. Die Bismarck‘sche Rentenversicherung des Jahres 1889 war nur für einen Teil der arbeitenden Bevölkerung gedacht. Heimarbeiterinnen wurden zum Beispiel nicht berücksichtigt. Außerdem gab es nur geringe Leistungen.

Für alte Menschen war vor allem die Versorgung durch ihre Familie wichtig. Wenn die Mittel vorhanden waren, konnte rechtzeitig etwas für den eigenen Lebensabend angespart werden. Oft waren es aber nur kleine Beträge, die bei Sparkassen eingezahlt wurden. Das Erleichtern des Vorsorgens für das Alter war von Anfang an ein Motiv zur Gründung von Sparkassen. Um 1900 existierten im heutigen Verbandsgebiet des OSV circa 600 Institute, davon etwa die Hälfte in Sachsen.

Jedoch scheinen die Erfahrung geringer Lebenserwartung und der kurze Zeithorizont die Bedeutung der Altersvorsorge lange Zeit geschmälert zu haben.* In diesem Zusammenhang gilt zu bemerken, dass um 1900 nicht einmal fünf Prozent der deutschen Bevölkerung älter als 65 Jahre waren. Mittlerweile sind in der Bundesrepublik Deutschland 22 Prozent der Menschen 65 oder älter. Da aber zugleich die staatliche Rente immer geringer ausfällt, wird von den Sparkassen zur privaten Vorsorge geraten.

* Vgl. Prof. Dr. Heinz Lampert: Die Leitbilder der Altersvorsorge im Wandel der Zeit seit den Bismarck’schen Sozialgesetzen, in: Sparkassenhistorisches Symposium 2003 – Der Vorsorgegedanke im Wandel; bearb. von Dr. Thorsten Wehber, 2004, S. 54.