• Solche Siegelmarken dienten der Sparkasse des Plauenschen Grundes zum Verschließen von Briefen. : © Historisches Archiv des OSV

Bienenfleiß und Sparsamkeit

Ein Sinnbild ist der Bienenkorb beziehungsweise Bienenstock von Alters her. Emsiges Arbeiten und fleißiges Vorsorgen für die Zukunft, das war auch das, was Sparkassen vor 100 Jahren ihren Kunden nahelegten. Bei ihrer Sparerziehung konnten sie auf das Tierreich verweisen. Hier sind es die weiblichen Arbeitsbienen, die durch verschiedenste Tätigkeiten das Bienenvolk am Leben halten. Dazu gehört natürlich das unermüdliche Sammeln und Anlegen von Vorräten für den Winter.

Dies ließ sich auf das fortwährende Sparen von, wenn auch nur kleinen, Geldbeträgen übertragen. So wie die Bienen Pollen und Nektar, so sollten die Menschen Pfennige, Groschen und Markstücke sammeln. Zum Beispiel in Verbindung mit Sprüchen, wie „Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not“, „Nur die rechtes Lob verdienen, die eifrig sammeln wie die Bienen“ oder „Wahres Glück liegt alle Zeit in Arbeit nur und Sparsamkeit“ begegnet uns das Symbol in der Sparkassengeschichte.

Bei einigen Instituten zierte es sogar das Logo, etwa das der Sparkasse des Plauenschen Grundes bei Dresden. Hier unterhielten mehrere Gemeinden seit 1843 gemeinsam eine Sparkasse, zunächst in der Rechtsform einer Genossenschaft.  Ab 1888 befand sich ihr Sitz in Deuben und ab 1921 in Freital, das in dem Jahr durch die Vereinigung von Deuben, Döhlen und Potschappel entstand.

  • Zum Teil wurde Damast in Großschönau noch lange Zeit mit Handwebstühlen gewebt, so wie hier in der Fabrik von Richter & Goldberg 1931. : © Deutsches Damast- und Frottiermuseum Großschönau

Von der Sparfähigkeit einer Weberfamilie

„Eine beachtliche Beteiligung der Handweber an sonstigen Wohlfahrtseinrichtungen war nicht nachzuweisen; in Reichenau, Seifhennersdorf, Ostritz, Oderwitz, Grossschönau  befinden sich communale Sparkassen, doch war nur in Grossschönau, wo die Löhne besser sind, eine größere Zahl Spareinleger Handweber, während an den anderen Orten die Weber zwar als sparsam bezeichnet werden, aber Nichts zu sparen haben.“*

Diese Zeilen schrieb 1885 der noch heute in der Region bekannte Zittauer Amtshauptmann Richard von Schlieben. Er hatte eine Untersuchung veranlasst, um die Lebensverhältnisse und die wirtschaftliche Lage der Handweber seines Verwaltungsbezirks genau kennen zu lernen und ihr ärmliches Leben verbessern zu können. Von Schlieben wollte herausfinden, ob sie sich die Bismarck’sche Krankenversicherung leisten konnten.

Die Handweber arbeiteten am Webstuhl in ihrem Zuhause. Frau und Kinder halfen bei der Fertigung mit. Hergestellt wurde zum Beispiel Damast. Dafür war Großschönau berühmt. Auch die im folgenden Fragebogen dargestellte Familie verdiente damit Geld. Wie ihre Lebenswirklichkeit aussah und ob sie tatsächlich etwas zum Sparen übrig hatte, können Sie anhand der überlieferten Aussagen selbst feststellen. Die damalige Schreibweise wurde beibehalten.

Fragebogen zur Ermittelung der Lebenshaltung einer Weberfamilie in Grossschönau

Alter des Mannes? 61 Jahre; Alter der Frau? 41 Jahre; Zahl der Kinder? 4; im Alter von 12, 10, 7, 2 Jahren
Aus welchen Räumen besteht die Wohnung? 1 Stube, 1 Kammer, 1 Bodenraum, 1 Kellergelass
Welche Nahrungsmittel sind die hauptsächlichsten? Brod oder Kartoffeln oder Gemüse und Mehl? Brod, Kartoffeln, Mehl
Wie oft in der Woche besteht die Tagesmahlzeit aus Fleischspeisen? Welches Fleisch (Rind- oder Schweinefleisch) hat den Vorzug? Nur sonntags ½ Kilo Rindfleisch

Die Ausgaben für den Lebensunterhalt betragen pro Woche?
Brod 21 Kg (7 Stck.) = 4 Mark
Weizenmehl 1 Kg = 40 Pfennige
Roggenmehl 1/2 Kg = 14 Pfennige
Kartoffeln (theils erbaut, theils gekauft) 12 1/2 Liter = 67 Pfennige (10 Ctr. um 35 Mark gekauft)
Gemüse (Erbsen, Linsen, Bohnen, Reis etc.) —
Kaffee (Nur sogenannten Gesundheitskaffee) = 4 Pfennige
Cichorien —
Zucker —
Semmel —
Milch, 3 Ziegen werden gehalten — (Es wurden Käse verkauft u. 35 Mark eingelöst.)
Eier 3 Stck. = 15 Pfennige
Butter 1/2 Kg = 1 Mark 10 Pfennige
Fett —
Quark 1/4 Kg = 10 Pfennige
Speck 1/2 Kg = 65 Pfennige
Fleisch 1/2 Kg = 56 Pfennige
Fische (Heringe) 2 Stck. = 20 Pfennige
Salz 1 Kg = 18 Pfennige
Pfeffer und anderes Gewürz = 2 Pfennige
Seife 1/8 Kg = 11 Pfennige
Stärke 1/4 Kg = 10 Pfennige
Soda = 3 Pfennige
Petroleum 1 1/2 Kg = 33 Pfennige (durchschnittlich)
Rüböl = 2 Pfennige
Talglichte —
Summa  8 Mark 80 Pfennige
mal 52 Wochen = 457 Mark 60 Pfennige

Hierzu:
Wohnungsmiete pro Jahr? Das Haus ist Eigenthum, Schuldzinsen zu zahlen = 75 Mark
Kleidung pro Jahr (Schumacher und Schneider, Wäscheartikel, Zwirn, Band etc.) = 50 Mark
Kohlen und Holz pro Jahr? 70 Ctr. Kohlen und 3 Meter Holz = 50 Mark
Kochgeschirr und Küchengeräth etc. pro Jahr = 6 Mark
Schulgeld pro Jahr und Schulbedürfnisse = 21 Mark 60 Pfennige
Staatssteuern pro Jahr = 1 Mark
Gemeindesteuern pro Jahr = 2 Mark 25 Pfennige
Beiträge für Lebensversicherung, Krankenversicherung, Vereine (Militär-, Turnverein) —
Ausgaben für Vergnügungen, Bier ausser dem Hause, Tabak etc. = 15 Mark
Kleie als Ziegenfutter um 45 Mark und Reparatur des Hausdaches 45 Mark, Schlichte, 2 Bürsten 11 Mark = 101 Mark
Gesammtausgabe: 779 Mark 45 Pfennige

Wie viel verdiente durch Handweberei der Mann? 337 Mark 76 Pfennige
Die Frau und 2 Kinder beschäftigten sich mit Mustereinbinden und spulen.
Wie viel verdiente die Familie durch den Betrieb eines noch anderen Gewerbes? 415 Mark im Jahre 1884 durch Mustereinbinden laut Lohnbuch; 35 Mark Erlös aus Ziegenkäsen
Wie gross ist das von der Familie bebaute Feldgrundstück? 27,7 Ar Feld, 14 Ar Wiese
Welche Fruchtgattungen werden darauf gebaut? 1884 wurden 5 Ctr. Kartoffeln gebaut (etwas Missernte), Gras zur Fütterung der Ziegen
Wie heissen die Factore bezw. Fabrikanten, für welche die Familie arbeitete? W. & S. in Grossschönau
Welche Waaren wurden gewebt? 3 ½ Elle breiter Damast
Wie ist die Arbeitszeit? Anfang früh 6 Uhr, im Winter 8 Uhr; Ende abends 7 Uhr, im Winter 10 Uhr
Wie lange dauert die Mittagspause? 1 Stunde
Welche Baarauslagen entstehen bei der Weberei (für Schlichte, Bürsten etc.)? Jahresbetrag: 11 Mark; wöchentlich ½ Pfund Mehl [für Schlichte, d.A.], 2 Paar Bürsten

* Richard von Schlieben: Untersuchungen über das Einkommen und die Lebenshaltung der Handweber im Bezirke der Amtshauptmannschaft Zittau, in: Zeitschrift des Statistischen Bureaus des
Königlich Sächsischen Ministeriums des Inneren, 1885, S. 165

  • Die Rezepturen/Nebenstellen sind auch in diesem Sparbuch von 1912 aufgelistet. Der Name des Kunden wurde retuschiert. : © Historisches Archiv des OSV

  • Finden Sie die Orte im Gebiet des Kreises Jerichow 2? (Abb. Auschnitt Landkarte der preuß. Provinz Sachsen, 1912; Bestand: historisches Archiv des OSV)

Die Rezepturen der Genthiner Kreissparkasse

In Genthin ist heute die Sparkasse Jerichower Land vor Ort. Vor 140 Jahren existierten hier sogar zwei Sparkassen. Da gab es die Stadtsparkasse, die am 4. Oktober 1850 gegründet worden war. Am 1. April 1877 eröffnete die Sparkasse des Kreises Jerichow 2. Diese Kreissparkasse befand sich im Kreisständehaus und hatte immer dienstags und freitags von 10:00 bis 12:00 Uhr geöffnet. Eine erste Zweigstelle des Instituts bestand erst ab dem 1. April 1932 in Kirchmöser. Um den Einwohnern des Kreisgebiets, die nicht in der Nähe von Genthin wohnten, den Gang zur Sparkasse zu verkürzen, wurden im Zuge der Gründung 1877 sogenannte Rezepturen eingerichtet.

Die Verwaltung dieser Nebenstellen übernahmen vor allem die Dorfschulzen. Aber auch zwei Kaufleute und ein Rittergutsbesitzer finden sich unter den Personen, die vor Ort den Sparkassen-Service anboten. Zunächst waren bei ihnen nur Einzahlungen, bald auch Auszahlungen möglich. Solche Anlaufstellen der Kreissparkasse hatten die Menschen vor 140 Jahren in Scharlibbe, Rehberg, Schönhausen, Wust, Böhne, Schollene, Vieritz, Milow, Vehlen, Nitzahne, Groß Wusterwitz, Rogäsen, Tuchheim, Hohenseeden und Parey.

  • Großrückerswalde: Klöppelschule, Verbandssparkasse und Gemeindeamt (Ausschnitt Ansichtskarte Verlag R. Schaarschmidt in Leipzig, ca. 1920; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Klöppeln und Sparen

Im Wilhelminischen Kaiserreich gab es vielerlei Initiativen, der Jugend das Vorsorgen näherzubringen und sie zum Sparen zu erziehen. Der wohl bekannteste Befürworter des Schulsparens war der Pfarrer und Schulinspektor Ernst Senckel. In einer Denkschrift berichtete er 1882 unter anderem von den Erfolgen der Spareinrichtungen an Spitzenklöppelschulen im Königreich Sachsen. In diesen durch den sächsischen Staat unterstützten Einrichtungen konnten in erster Linie benachteiligte Jungen und Mädchen im Alter von sechs bis vierzehn Jahren ihre handwerklichen Fertigkeiten üben. Sie gingen natürlich auch in die Ortsschule.

„In erzieherischer Hinsicht sollen die Spitzenklöppelschulen der häuslichen Erziehung unter die Arme greifen, die Schüler an Aufmerksamkeit, Fleiß, an Folgsamkeit und Pünktlichkeit, an Ordnung und Reinlichkeit gewöhnen, sie zur Verträglichkeit und Dienstfertigkeit gegen einander und zu einem anständigen und gesitteten Betragen anhalten.“ Regulativ für die aus Staatskosten unterstützten Spitzenklöppelschulen, Zwickau, 1874, § 3

Im eigenen Interesse sollte die Schuljugend das Sparen lernen. So wurden mindestens zehn Prozent vom Verdienst, den der Verleger zahlte, abgezogen und bei der örtlichen Sparkasse zurückgelegt. Jedes Kind erhielt ein Sparbuch. Vor dem Hintergrund der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse im Erzgebirge hatte Senckel kein Problem damit, dass Kinder arbeiteten. Er sah den Vorzug dieser speziellen Schulsparkassen darin, dass die Einlagen aus selbst erarbeiteten Einnahmen stammten. Die Kinder würden so daran gewöhnt, den Ertrag ihrer Arbeit nicht gleich zu verbrauchen, sondern zum Teil für zukünftige Bedürfnisse anzulegen.

In der Realität wurde freiwillig mehr als der festgelegte Prozentsatz gespart. An der großen Spitzenklöppelschule in Neustädtel hatten beispielsweise 1881 die 137 Schülerinnen und Schüler  1.539,99 Mark Verdienst, wovon 943,51 Mark gespart wurden. In Rittersgrün bestanden sogar drei Schulen mit insgesamt 156 Kindern. Von 3.921,80 Mark landeten 507,86 Mark auf den Sparkassenbüchern. In Schneeberg waren 95 Sparende in der Klöppelschule. Von 1.633,68 Mark wurden 537,81 Mark zurückgelegt.

  • Die adrette Belegschaft der Stadtsparkasse Bad Schmiedeberg 1931 in ihrer neuen Geschäftsstelle. Im Hintergrund: Blumenschmuck. (Ansichtskarte ohne Verlagsangabe; Bestand: Historisches Archiv des OSV) : © Historisches Archiv des OSV

  • Das Sparkassengebäude und seine Architekten? (Ansichtskarte ohne Verlagsangabe; Bestand: Historisches Archiv des OSV) : © Historisches Archiv des OSV

Einzug ins Sparkassengebäude

Das sind sie, die Männer von der Stadtsparkasse Bad Schmiedeberg. Anlässlich der Eröffnung ihres neuen Sparkassengebäudes hatten sie sich am Neujahrstag 1931 zu dieser Fotoaufnahme versammelt, von der auch gleich Postkarten angefertigt wurden. In den Jahren 1929/1930 war das neue Heim des Geldinstituts entstanden, weil die bisherigen Räumlichkeiten unter anderem wegen der steigenden Kundenzahl nicht mehr ausreichend waren.

Im Stile des Bauhauses hatte das Architektenbüro Zerbe aus Hamburg das Gebäude entworfen. Auf die moderne Außen- und Innenarchitektur konnte die Sparkassenbelegschaft wahrlich stolz sein. Wenn auch Sie sich für das Gebäude interessieren, so klicken sie einfach zum nächsten Bild oder schauen Sie doch einmal bei der Sparkasse Wittenberg vorbei. In der heutigen Luisenstraße 43 befindet sich nämlich derzeit ihre Geschäftsstelle in Bad Schmiedeberg.

Ich bedanke mich herzlich beim Stadtchronisten von Bad Schmiedeberg, Herrn Felix Saul, für Informationen zum historischen Sparkassengebäude.

  • Die gute Entwicklung der Sparkasse in Neustädtel war nicht zuletzt ihrem engagierten Kassierer, dem Lehrer Geißler, zu verdanken. (Abb. in: Hergert, Ernst: 90 Jahre Sparkasse der Stadt Neustädtel i. E., 1937, S. 33; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

  • Die Sparkasse in Neustädtel war die älteste Sparkasse in der Amtshauptmannschaft Schwarzenberg. Darauf verwies die schmucke Siegelmarke zum 90. Geburtstag 1937. : © Historisches Archiv des OSV

Der Lehrer und die Sparkasse

Neustädtel, heute ein Ortsteil von Schneeberg, hieß die Bergstadt, in der die zweite kommunale Sparkasse im Geschäftsgebiet der jetzigen Erzgebirgssparkasse gegründet wurde. Vor genau 170 Jahren nahm das Institut die Geschäftstätigkeit auf. Erwartet wurden als Kunden vor allem, so stand es in der Satzung, von ihrer Hände Arbeit lebende Menschen, zum Beispiel Tagelöhner, Dienstboten, Berg- und Fabrikarbeiter. Die sogenannte unbemittelte Bevölkerung Neustädtels und der Umgebung erhielt eine Einrichtung, um etwas vom Verdienst zurückzulegen und selbst für die Zukunft vorzusorgen.

Beim Schullehrer Carl Gottlob Geißler waren die Sparwilligen an der richtigen Adresse. Er war von der Sparkassenverwaltung zum Kassierer gewählt worden und tat am Anfang immer freitags von 14:00 bis 18:00 Uhr seinen Dienst. Sparbeträge ab fünf Neugroschen durfte Geißler annehmen. Aus Neustädtel, Niederschlema, Lauter und Schneeberg stammten seine ersten Kunden am 6. März 1837. Zum Teil waren sie kilometerweit über Berg und Tal gewandert, um ihr Spargeld einzuzahlen. Insgesamt kamen am ersten Geschäftstag 345 Taler und 9 Neugroschen zusammen. 30 Sparbücher wurden ausgestellt.

Über 39 Jahre lang war Geißler als Rendant für die Sparkasse tätig, zunächst im Nebenamt und ab dem 1. Juli 1858 als ständiger Beamter. Mittlerweile waren nämlich tägliche Öffnungszeiten notwendig geworden. Mehr als 2.800 Kunden betreute die Stadtsparkasse in dem Jahr bereits. Als er 1886 in den wohlverdienten Ruhestand ging, waren es schon fast 9.000. Auch die Einlagen hatten sich stark vermehrt, von 18.456 Mark (6.152 Taler) Ende 1847 auf 4.458.032 Mark Ende 1886. Diese gute Entwicklung war auch dem engagierter Rendanten zu verdanken.