• "Riediger-Lieblingsmotiv" unserer derzeitigen Praktikantin, Plakat von 1960 : © Historisches Archiv des OSV

  • 1957 stellen die "Blätter der Sparkassenpraxis" das neue Logo von Siegfried Riediger zur Diskussion. Es ist einfach, übersichtlich und einprägsam, kann beliebig verkleinert und vergrößert sowie in jedem Material ausgeführt werden, heißt es seinerzeit. Verwendung soll es unter anderem als Neonbeleuchtung an den Vorderfronten, auf Transparenten, Werbeaufstellern und Vordrucken finden. : © Historisches Archiv des OSV

  • Ein Jahr zuvor berichten die "Blätter der Sparkassenpraxis" von einer schon länger bestehenden Diskussion über die Notwendigkeit und Nützlichkeit eines Sparsymbols. Es sollte ein sinnvolles, ständig wiederkehrendes, aber auch formschönes Zeichen sein, das zur Popularisierung des Spargedankens beitrug. Für die Beschäftigten in den DDR-Sparkassen erfolgte ein Preisausschreiben, denn man war mit den bisherigen Entwürfen von beauftragten Grafikern noch nicht zufrieden (im Bild 1-6). : © Historisches Archiv des OSV

  • Das Preisausschreiben stieß im ganzen Land auf große Resonanz. Viele beteiligten sich an diesem kreativen Ideenwettbewerb, der auf insgesamt 280 Einsendungen kam. Es heißt, dass die prämierten Entwürfe den Vorstellungen vom neuen Symbol zwar sehr nah kommen würden, jedoch nicht alle Anforderungen an ein Signet erfüllten. Erst der Entwurf von Siegfried Riediger, einem Profi, konnte letztendlich überzeugen und auch in jeglicher Form umgesetzt werden. : © Historisches Archiv des OSV

Was bleibt oder Wer war Siegfried Riediger?

Vielleicht kennen Sie das ja auch: Man sieht ein tolles Plakat, hält ein wunderschön illustriertes Buch oder Spiel in den Händen, greift sich einen interessant wirkenden Flyer und nimmt ihn mit. In aller Regel lautet die erste Frage da nicht: Wer hat das denn gestaltet? Eher sind es die Inhalte, die eindrücklichen Bilder, Farben, Formen, Möglichkeiten der Interpretation, die einen interessieren.

Auf diese Weise geraten Gebrauchsgrafiker oft in Vergessenheit. Heutzutage trifft man gar vermehrt auf Agenturnamen. Der Mensch, mit seinen pfiffigen Ideen und einer spannenden Umsetzungsvariante, tritt in den Hintergrund. Ganz anders als bei Künstlern sind die Lebenswege und Schaffensprozesse schwer zu rekonstruieren, wenn es keinen Vor- oder Nachlass gibt bzw. es sich nicht um einen sehr bekannten Kreativen wie Otl Aicher handelt.  

In der Werbegeschichte der DDR-Sparkassen gibt es einen „großen Namen“: Siegfried Riediger. Ihm verdanken wir zahlreiche Plakate, Flyer, Lesezeichen, Stundenpläne, Diapositive etc., die wir im Historischen Archiv des OSV sichern und inzwischen selbstverständlich auch als Digitalisat vorliegen haben.

Heute jährt sich nicht nur sein 20. Todestag. Vor 65 Jahren entwarf Riediger auch das neue Logo für diese Kreditinstitute, das in der Wendezeit 1990 durch das rote Sparkassen-S abgelöst worden ist. Durch intensive Recherchen konnten wir einige Informationen zur Person Siegfried Riediger zusammentragen:

Geboren wurde er am 23. Januar 1918 in Friedersdorf bei Zittau. Mitte der 1920er Jahre erfolgte der Umzug nach Dresden. Dort ging Riediger zur Schule und startete anschließend eine Lehre als Gebrauchsgrafiker im Atelier des Grafikers Otto Rönsch. Was so einfach klingt, war schwer durchzusetzen. Denn sein Vater, ein höherer Beamter, hatte andere Pläne. Der Sohn sollte in seine Fußstapfen treten, im Büro eine Ausbildung beginnen. Doch mit Zahlen, so berichtete uns seine Tochter, hatte der junge Riediger wenig am Hut. Also lernte er zwischen 1933 und 1937 von der Pike auf das Designhandwerk. Dass sich diese Entscheidung einmal als sehr nützlich erweisen würde, ahnte wohl zu dieser Zeit noch niemand.

Wie viele andere junge Männer, wurde auch Riediger zum Kriegsdienst eingezogen. Über diese Jahre rettete ihn sein Talent zum Zeichnen. Er kam in einen Bereich, wo Transportwege abgebildet werden mussten. Am Ende des Zweiten Weltkrieges geriet er in Gefangenschaft. Und wieder half ihm sein Können. Amerikanische Offiziere ließen sich gern von ihm porträtieren. Dafür erhielt er zusätzliches Essen und Trinken sowie Zigaretten. Dies teilte der eher kleine und schmale junge Mann mit einem Freund, der groß und kräftig gebaut war und durch die kargen Rationen stets hungrig blieb. Viele Jahre nach dem Krieg, so erinnerte sich seine Tochter, erhielt die Familie aus tiefer Dankbarkeit immer mal wieder Pakete von diesem. Riediger war im Lager zum „Lebensretter“ geworden. Sein Freund unterstrich: „Ohne Dich wäre ich nicht durchgekommen.“

1946 kehrte Riediger aus der Kriegsgefangenschaft nach Dresden zurück. Bis 1950 leitete er das grafische Atelier der Rekuto‐Film KG Dresden. Die Firma wurde später in die Deutsche Werbe- und Anzeigen-Gesellschaft, DEWAG‐DIA‐Film, überführt. Die Festanstellung gab er zugunsten einer freischaffenden Tätigkeit auf. Fortan übernahm er unter anderem Aufträge für die Sparkassenorganisation. Diese fand sich mit der Auflösung der Regionalverbände 1952 einerseits zentral im Ministerium der Finanzen, HA 5 Kreditwesen als Abteilung Sparkassen und andererseits regional auf Bezirksebene in der Abteilung Finanzen als Hauptreferat Banken und Sparkassen wieder. Bis Mitte der 1970er Jahre stand für die Sparkassenwerbung in der DDR ein Werbeetat zur Verfügung, der durch die „Anordnung zum sparsamen Einsatz materieller und finanzieller Fonds für Werbung und Repräsentation“ vom 23. Januar 1975 auf ein Minimum reduziert wurde. Da die erste Kürzung bereits 1971 erfolgt war, wurde Werbung in der DDR, wie sie die westdeutsche Konsumgesellschaft kennt, damit quasi eingestellt. Für die Kundschaft der Sparkassen gab es in den folgenden Jahren bei Bedarf Informationsmaterial ohne werblichen Charakter. 

Die Aufträge an Riediger liefen über die DEWAG. Durch die zentralistisch organisierte Werbewirtschaft in der DDR hatte sie für das Inland eine Monopolstellung inne. Als Riediger 1951 in seine Selbständigkeit startete, erlebte er ein Land im Aufbruch, mit einem bedeutenden Wirtschaftswachstum in den 1950er Jahren. Das färbte auch auf die Werbewirtschaft ab, bei der stilistisch in Ost und West das unmittelbare Anknüpfen an die Vorkriegswerbung zu beobachten ist. Obwohl die Herstellung moderner Werbemittel zunahm, wie Dias und kurze Filme für die Kinowerbung, standen Plakate und Anzeigen noch immer im Vordergrund. In der DDR dienten Plakate insbesondere der „Sichtagitation“ im Sinne der Parteipolitik. Der Fokus lag nicht wie im anderen Deutschland auf der Nachfragesteuerung, sondern auf der Informations- und Erziehungsfunktion. Die 1960er Jahre lebten werbetechnisch vom „Erstarken des Einzelhandels“. Warenpräsentation und Schaufenstergestaltung mit Konsumgütern wurden wichtig. Der Deutsche Fernsehfunk DFF etablierte das Werbefernsehen mit kurzen TV-Spots.

Riediger ging mit der Zeit und versuchte, Gestaltungsspielräume zu nutzen, Lebenswirklichkeiten auf positive Art und Weise einzufangen. Seine Qualitätsansprüche waren hoch, die Arbeitsweise gewissenhaft. Er nahm Papier und Bleistift, skizzierte seine Ideen, fertigte Entwürfe an. Im Anschluss füllte er die Bleistiftzeichnungen mit Farbe. Riediger war sehr selbstkritisch, verwarf viel, sodass sich der Papierkorb füllte. Wenn es „noch nicht passte, was er im Kopf hatte“, begann die Arbeit von vorn, konnte die Tochter über den Vater berichten. Woran sie sich auch noch sehr gut erinnern konnte, sind seine Fahrten nach West-Berlin vor dem Bau der Mauer 1961. Denn er brauchte Farben, gute Pelikan-Farben. Die DDR-Produkte genügten seinen Ansprüchen nicht. Von „drüben“ schickte er kleine Päckchen nach Hause, so als kämen sie von einem guten Freund.

Zwischen 1964 und 1968 war Siegfried Riediger Kandidat im Bezirksverband Dresden, Sektion Gebrauchsgrafik. Im Jahr 1968 wurde die Kandidatur nicht mehr verlängert, er wurde als Mitglied nicht aufgenommen. Warum das so war, wissen wir nicht. Möglicherweise hatte das politische Gründe. Als Riediger im Jahr 2002 verstarb, gab es kein Werkverzeichnis. Im Familienarchiv schlummern noch Entwürfe und Arbeiten für viele andere Einrichtungen. Der gesamte Umfang seines Schaffens ist bis heute noch nicht vollständig dokumentiert. Eine Grabstätte mit seinem Namen gibt es nicht. Die Bestattung auf dem Heidefriedhof Dresden erfolgte anonym.

*Quellen: eigene Recherchen, Akademie der Künste Berlin, Interview mit der Tochter im Jahr 2016 sowie zur Geschichte der Werbung das Buch „Werbung: Lehr-, Studien- und Nachschlagewerk“ in seiner 3. Aufl. 2003 von Professor Ingomar Kloss

 

  • Der städtische Schlachthof wurde 1899 auch mit Sparkassengewinnen finanziert. (Ansichtskarte Verlag Gustav Kabes in Grimma, um 1900; Bestand: Historisches Archiv des OSV) : © Historisches Archiv des OSV

Die Überschüsse der Grimmaer Sparkasse

Offenbar war man in Grimma mächtig stolz auf den Schlachthof. Zusammen mit patriotischem Dekor der Kaiserzeit fand er auf einer Ansichtskarte Platz. 1899 wurde die Einrichtung erbaut. An der Finanzierung war die Stadtsparkasse beteiligt. Überschüsse flossen auch in andere kommunale Infrastruktur. So erhielt die Stadt zum Beispiel eine elektrische Straßenbeleuchtung. Erstmals konnte Grimma 1884 von den Gewinnen der Sparkasse profitieren. 9.000 Mark sollten für die Pflasterung von Straßen und Anlegung von Bürgersteigen verwendet werden. 12.000 Mark waren für die Zinstilgung einer für die Errichtung der Schule aufgenommenen Anleihe vorgesehen. 4.000 Mark bekam die öffentliche Armenversorgung.

Für soziale Zwecke und Infrastrukturprojekte wurde auch in manch anderen Jahren Geld ausgegeben. Die Rahmenbedingungen änderten sich jedoch nach zwei Verordnungen des sächsischen Innenministeriums vom 29. Dezember 1899 und 11. Juni 1900. So galten nur noch freiwillige kommunale Ausgaben als gemeinnützig. Gesetzlich festgelegte Gemeindeaufgaben, wie etwa die Armenfürsorge, durften nicht mehr mit den Überschüssen der Sparkassen bezahlt werden. Bei der Verwendung für das Kirchen- und Schulwesen, das ebenfalls über Steuern finanziert wurde, konnte eine Fallprüfung erfolgen. Das Ministerium machte deutlich, dass ausschließlich gemeinnützige Sparkassen, die nicht als Erwerbsunternehmen der Gemeinden fungierten, keine Einkommensteuer bezahlen mussten. Nur bei Verwendung der Überschüsse für gemeinnützige und wohltätige Zwecke galt die Steuerbefreiung weiterhin.

Was die Verwendung des Reingewinns betraf, so konnte der Staat allerdings keine positive Definition geben, was nun gemeinnützig, also für die Allgemeinheit zum Nutzen, war. Die örtlichen Aufsichtsbehörden sollten dies entscheiden. Es schien zumindest unbedenklich, Parkanlagen einzurichten beziehungsweise zu erhalten, Straßen und Plätze zu verschönern oder die öffentliche Beleuchtung und Wasserversorgung zu errichten. Es gab dennoch zahlreiche Streitfälle und manchmal konnten die Entscheidungen der Behörden nur als Willkür empfunden werden. Die für Grimma zuständige Kreishauptmannschaft in Leipzig sah beispielsweise die Finanzierung der erwähnten Straßenbeleuchtung eher als eine Aufgabe der Ortspolizei und als nicht gemeinnützig an.

  • Motiv eines Werbeplakates, das am 4. Oktober 1922 in der Zeitschrift Sparkasse veröffentlicht wurde

Werbung vor 100 Jahren

Vor 100 Jahren gab es noch keine einheitliche Sparkassenwerbung. In der Zeitschrift des Deutschen Sparkassenverbandes, der Sparkasse, wurden immer wieder vorbildliche Maßnahmen einzelner Institute vorgestellt. Unter der Rubrik „Zur Praxis“ ging es zum Beispiel am 4. Oktober 1922 um ein Werbemittel der Girozentrale-Kommunalbank für die Provinz Sachsen-Thüringen-Anhalt in Magdeburg. „Ausgehend von dem Grundsatz, daß das wichtigste Mittel zur Erfüllung der sozialen Zweckbestimmung der Sparkassen die persönliche Werbung Sparwilliger, unterstützt durch wirkungs-, aber taktvolle Reklame, ist, hat die Girozentrale das vorstehende, gediegene und allgemeinverständliche Werbeplakat anfertigen lassen.“ Das in Grün und Schwarz gedruckte Werbemittel konnte zum Aufkleben sowie zum Aushängen geordert werden. Der Preis der 34 x 47 Zentimeter großen Plakate betrug vier beziehungsweise sechs Mark. Dies sei ungewöhnlich niedrig. Zum Vergleich: ein Kilogramm Rogenbrot kostete in Magdeburg im Oktober 1922 inflationsbedingt 24 Mark. Zur umfangreicheren Bestellung wurde geraten. „Der Aushang einiger Exemplare in den eigenen Kassenräumen dürfte ohne große Wirkung sein; nur eine großzügige Reklame durch weitgehendste Verbreitung der Plakate in allen Bevölkerungsschichten bietet Gewähr für einen guten Erfolg.“

  • Im Rathaus eröffnete die Sparkasse. Sie blieb dort bis 1913 und zog dann in den Anbau dahinter. (Abb. Ansichtskarte Verlag Carl Odemar in Magdeburg, versendet 1914; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

200 Jahre Sparkasse Oder-Spree

Es ist wieder soweit. Heute jährt sich erneut das Eröffnungsdatum einer Sparkasse zum 200. Mal. Es ist die Sparkasse Oder-Spree, deren Wurzeln so weit zurückreichen. Wir wünschen alles Gute zum runden Geburtstag. Am heutigen Hauptsitz wurde am 1. Oktober 1822 die erste kommunale Sparkasse im Gebiet des Bundeslandes Brandenburg gegründet. Die von den Stadtverordneten genehmigte Sparkassensatzung hatten am 22. Juni 1822 Oberbürgermeister, Bürgermeister und Stadtrat unterschrieben. Die Bestätigung durch die Regierung war am 1. August des Jahres erfolgt.

„Um den hiesigen Einwohnern Gelegenheit zu geben, ihre kleinen Ersparnisse zinsbar und sicher unterzubringen, und ihnen dadurch behuelflich zu seyn, sich ein Kapital zu sammeln, welches sie bei Verheirathungen, Etablirung eines Gewerbes, im Alter oder in Faellen der Noth, benutzen koennen, hat die Stadtverordneten-Versammlung beschlossen, unter Garantie der Kommune und unter des Magistrats und ihrer Aufsicht eine Spar-Kasse zu errichten.“

So lautet die Einleitung der Satzung, die ich bei einem Besuch im Brandenburgischen Landeshauptarchiv in Potsdam einsehen konnte. Paragraf 1 legte als Sitz des Geldinstitutes das Rathaus von Frankfurt (Oder) fest. In der dortigen Kämmereikasse war Sixtus Ernst Wilhelmi als Rendant tätig. Er durfte Einlagen von 12 Groschen bis zu 50 Reichstalern annehmen. Was war das Geld damals wert? Für die Mindesteinlage bekam man zum Beispiel einen Scheffel Kartoffeln. Jeder Kunde erhielt ein sogenanntes Quittungsbuch, das mit dem Stadtwappenstempel versehen und von den Vorstandsmitgliedern signiert war.

4 1/6 Prozent Guthabenzinsen gab es. Hatte der Sparer soviel Geld auf dem Konto, dass eine Stadt-Obligation von 50 Talern erworben werden konnte, so musste er sich den Ankauf gemäß Satzungsparagraf 5 gefallen lassen. Er bekam dann 5 Prozent Zinsen, hatte aber das Risiko der Kursschwankungen zu tragen. Die Stadtsparkasse selbst investierte anfangs ausschließlich in diese Papiere ihrer Gewährträgerin. Später kamen Staats-Schuldscheine dazu. Das Kreditgeschäft wurde erst in der neuen Satzung vom 26. September 1840 verankert. So konnte die Sparkasse Geld gegen sichere Hypotheken ausleihen.

Noch weitere Gründungen erfolgten. In der zweiten Jahreshälfte 1846 begann die Stadtsparkasse in Fürstenwalde/Spree ihre Geschäftstätigkeit. Am 1. Juli 1855 eröffnete eine Kreissparkasse in Beeskow. Am gleichen Tag startete die Stadtsparkasse im damaligen Fürstenberg (Oder), das 1961 in Eisenhüttenstadt aufgehen sollte. Durch den Zusammenschluss der Kreissparkassen Beeskow und Fürstenwalde sowie der Stadt- und Kreissparkasse Eisenhüttenstadt entstand am 1. Juli 1994 die Sparkasse Oder-Spree. Die Verschmelzung folgte auf eine Kreisgebietsreform. Die Sparkassenzentrale befand sich dann in Eisenhüttenstadt. Mit einer wirtschaftlich bedingten Fusion am 5. Juni 2003 wurde schließlich Frankfurt (Oder), der heute älteste Standort, Hauptsitz.

Wer mehr über die Geschichte der Sparkasse Oder-Spree, etwa die schwierigen Anfänge in Müllrose, erfahren möchte, dem sei ein Blick in die aktuelle Jubiläumsbroschüre empfohlen. Beatrice Falk und Friedrich Hauer haben im Auftrag der Sparkasse im Vorfeld nicht nur das historische Firmenarchiv in Beeskow aufgebaut, sondern ebenfalls eine interessante und reich bebilderte Chronik erarbeitet. Deren Erstellung konnten auch wir unterstützen.

  • © Historisches Archiv des OSV

Der verwalzte Ludwig Erhard

Der vormalige Bundeswirtschaftsminister schaut aber zerknautscht. Kein Wunder. Das 2-DM-Stück, das sein Antlitz ziert, wurde schließlich verwalzt. Dabei kam ein sogenannter Decoiner zum Einsatz, der sogar 2,5 Tonnen Münzen pro Stunde entwerten konnte. Aus vielen Geldstücken der Bundesrepublik Deutschland wurde wegen der Einführung des Euros als Bargeld 2002 so auf preiswerte Weise Metallschrott. Diese Münze war rund einen Euro wert. Der unwiderrufliche Umrechnungskurs lautet 1 Euro = 1,95583 DM. Im Auftrag des Bundesfinanzministeriums erfolgte die bestmögliche Verwertung des Münzmetalls. Es diente etwa als Rohstoff für die Industrie. In den Bestand der Geldsammlung des Historischen Archivs des Ostdeutschen Sparkassenverbandes gelangten insgesamt vier Decoiner-Münzen, Stücke zu 50 Pfennig, 1, 2 und 5 Deutsche Mark. 5-DM-Stücke mit Silbergehalt, die es in der Bundesrepublik gab, wurden natürlich gesondert behandelt und nicht im Decoiner deformiert.

  • Spareinlagen am Jahreschluss in Talern : © Historisches Archiv des OSV

  • Spareinlagen am Jahresschluss in Talern : © Historisches Archiv des OSV

Sparkassenrun in der Revolutionszeit

Die Unterlagen der Aufsichtsbehörden sind eine wertvolle Quelle, wenn man sich mit der älteren Sparkassengeschichte beschäftigt. So sind zum Beispiel im Landesarchiv Sachsen-Anhalt in Magdeburg Akten des Oberpräsidenten der Provinz Sachsen vorhanden, in denen die jährlichen Geschäftsdaten sämtlicher Sparkassen des Landesteils des Königreichs Preußen für die Mitte des 19. Jahrhunderts stehen. Das war für die Geldinstitute eine schwierige Zeit. Revolutionäre Ereignisse wirkten sich damals auf die Einlagenentwicklung aus. Ins Auge fällt, dass unter den 15 Sparkassen in den hier abgebildeten zwei Diagrammen eine besonders hart getroffen wurde. Die Hintergründe habe ich im Rahmen einer Auftragsarbeit erforscht. Wichtige Informationen fanden sich im Merseburger Standort des Landesarchis sowie im Geheimen Preußischen Staatsarchiv in Berlin. Auch die Publikation von Karl Pallas zur Geschichte Herzbergs aus dem Jahr 1901 war sehr nützlich. Dieses Werk steht in der Berliner Staatsbibliothek.

Tatsächliche hatte der massive Rückgang der Spareinlagen in Herzberg verschiedene Ursachen. Kunden dieser seinerzeit einlagenstärksten Sparkasse im Regierungsbezirk Merseburg befürchteten nach den Straßenkämpfen am 18. März 1848 in Berlin, dass der König die Gelder der Kreissparkasse beschlagnahmen werde, um seine Truppen zu bezahlen. Auch in Herzberg kam es übrigens zu revolutionären Unruhen. Ende März wurde etwa auf Beschluss einer Volksversammlung dem Bürgermeister Biltz der Schlüssel zu seiner Amtsstube abgenommen. Seine Wohnung besetzte die Schützengilde, um ein angebliches Entwenden von Akten zu verhindern. Unter dem Druck der Verhältnisse und mit Genehmigung der städtischen Behörden entließ Landrat Gustav von Kleist den Bürgermeister. Somit musste auch dessen Stelle im Kuratorium (Verwaltungsrat) der Schweinitzer Kreissparkasse neu besetzt werden.

Für mehr Aufregung sorgten allerdings die Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung der Sparkasse. Gerüchte kursierten. Der Rendant, Kaufmann Emil Rudolf Hoyer, erledige seine Arbeit nicht ordentlich. Noch mehr Zweifel an der Sicherheit der Spareinlagen kamen auf. Der Landrat entdeckte bei einer Revision Nachlässigkeiten und informierte die Aufsichtsbehörde in Merseburg, den Kreistag und am 15. April 1848 die Öffentlichkeit durch das Kreisblatt. Beschuldigt wurde Hoyer, die ihm gezahlten Zinsen für Kredite häufig verspätet zur Kasse gebracht und gebucht zu haben. Er musste seinen Posten aufgeben. Eine sachliche Information über diese Pflichtverletzungen hielt von Kleist für angebracht, damit die Kundschaft nicht noch mehr in Aufregung geriet.

Der abgesetzte Rendant ließ sich den Umgang mit seiner Person nicht gefallen, zumal er auch seine Kaution nicht wiederbekam. Um die „Volksgunst“ habe er dann „gebuhlt“ und sich für unschuldig erklärt, die Sparkasse öffentlich diskreditiert und letztlich sogar ein eigenes Geldinstitut gegründet, zu dem Kunden auch wechselten. Dies berichtete der Landrat der Regierung in Merseburg. Hoyer soll sogar die ihm übergebenen Sparkassenbücher der Kreissparkasse zur Auszahlung vorgelegt haben. Weil diese die geforderten Gelder nicht in bar vorrätig hatte, habe er die Abtretung der besten Hypothekenkredite verlangt.

Innerhalb eines halben Jahres wurden allein bis September 1848 rund 200.000 Taler Einlagen gekündigt. Ab 30 Talern galt eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Ab 15 Talern war es ein Monat. Geringere Beträge bekam man satzungsgemäß sofort. Sofern es die Kassenverhältnisse zuließen. Die Kreissparkasse hatte fast ausschließlich in Hypothekenkredite investiert und verfügte über keine nennenswerten Wertpapierbestände, die sie verpfänden konnte. Der Staat nahm ihre Hypothekendokumente 1848 leider nicht als Sicherheitsleistung an und gewährte keine Vorschüsse als Hilfe. In der Not mussten Kredite gekündigt werden, um Geld zur Auszahlung der Sparer zu beschaffen. Außerdem versuchte man die Kunden 1849 durch eine Erhöhung der Sparzinsen zu halten. Um bei künftigen Notfällen besser gerüstet zu sein, legte ein Satzungsnachtrag am 15. Januar 1850 den Aufbau eines Reservefonds von 20.000 Talern in Wertpapieren fest.