Nägel mit Köpfen machen – arbeitsreiche Tage in Bonn
Blogserie, Teil 9
Endlich ist es offiziell! In einer „sachlichen und herzlichen Atmosphäre“ beginnt am 6. und 7. Februar 1990 die konstruktive Zusammenarbeit der ost- mit der westdeutschen Sparkassenorganisation. Rainer Voigt ist mit seinen Mitarbeitern der Einladung nach Bonn gefolgt, wo die Auftaktsitzung zur Bildung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit Vertretern des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes sowie des im Aufbau befindlichen Sparkassenverbandes der DDR stattfindet.*
Die Besprechung steht im Zeichen der „zukünftigen Rolle der Sparkassen der DDR“. Voigt verdeutlicht in Bonn die Perspektive der DDR-Delegation, die von einem Zusammenwachsen beider deutscher Staaten ausgeht. Aus diesem Grund ist aus seiner Sicht, unter allen Umständen ein „Sonderweg für die DDR-Sparkassen“ zu vermeiden.** Unter dieser Prämisse werden mit den Bonner Kollegen richtungsweisende Ergebnisse erarbeitet:
1. Für die Erstellung der Satzung des Sparkassenverbandes der DDR geben die Bonner wertvolle Hinweise. Insbesondere die Erfahrungen hinsichtlich einer effizienten Struktur und zur „Sicherung einer demokratischen Mitwirkung der Mitgliedssparkassen“ sind für die Ostdeutschen interessant. Für Voigt sind sie so essenziell, dass er in seinem Bericht über die beiden Bonner Arbeitstage zu dem Schluss kommt: „Die Satzung des zukünftigen Sparkassenverbandes der DDR ist unter Berücksichtigung der Hinweise des DSGV nochmals zu überarbeiten.“
2. Es erfolgt eine Vereinbarung zur Unterstützung bei der „Qualifizierung von Sparkassenmitarbeitern auf dem Gebiet der ERP-Kreditbearbeitung“. Ziel ist es, etwa 25-30 Multiplikatoren aus allen Bezirken, Großsparkassen und der Zentrale durch Mitarbeiter des DSGV schulen zu lassen. Veranstaltungsort „solle ein Objekt in der DDR sein.“ Des Weiteren sollen „Berater aus der BRD in den Bezirken […] konkrete Hilfestellung“ leisten.
3. Die Neugestaltung der Sparkassenarbeit soll durch mehrere Arbeitsgruppen vorangebracht werden. Fünf Themen stehen dabei im Fokus:
– Konzeption zum Kreditgeschäft, einschließlich ERP-Programm
– Entwicklung eines Einlagen- und Wertpapiergeschäfts
– Betriebswirtschaft als Steuerungsinstrument
– Betriebsorganisation
– Werbung und Öffentlichkeitsarbeit
Diese Arbeitsgruppen sollten bis zum 15. Februar mit Mitgliedern besetzt und die Konzeptionen am 31. März bzw. 30. April bereits vorgelegt werden.
4. Es wird vereinbart, dass bis zum 20. Februar der „konkrete Bedarf an Kleinmechanisierung in den Sparkassen der DDR zu ermitteln und dem DSGV zu übermitteln“ sei. Welche Arbeitsmittel das genau betrifft, wurde gemeinsam festgelegt.
5. Wie eine Partnerschaft zwischen Ost- und West-Sparkassen aussehen könnte, wird erstmals besprochen. In erster Linie geht es darum, „welche Regionalverbände der Sparkassen der BRD mit welchen Bezirken Partnerschaften zur Unterstützung der Sparkassen der DDR eingehen.“ Dabei stehen materielle Hilfen und Schulungen im Vordergrund.
6. Erkenntnisse auf dem Gebiet der Revision werden weitergegeben sowie entsprechende Literatur dazu.
7. Die Sparkasse Bad Honnef gibt der DDR-Delegation Einblicke in ihre Organisation, Aufgaben und Wirkungsweise.
Noch ganz unter dem Eindruck zweier arbeitsintensiver Tage in Bonn, stellt der Leiter der Abteilung Sparkassen fest: „Es zeigt sich, daß mit der rasanten politischen Entwicklung sowie den wirtschaftlichen Problemen umgehend die Erarbeitung einer Gesamtkonzeption zur Neugestaltung der Sparkassenarbeit einschließlich der dazu notwendigen Qualifizierungsmaßnahmen erforderlich wird.“
Werden die westdeutschen Kollegen die erhoffte Unterstützung leisten? Wie werden die DSGV-Gremien entscheiden?
Fortsetzung am 12.02.2020
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*Voigt, Rainer: Bericht über die Konstituierung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe zwischen dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) und dem zukünftigen Sparkassenverband der DDR am 6. und 7. Februar 1990 in Bonn, Berlin 08.02.1990. Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-76/2004a-c.
**Geiger, Walter ; Günther, Hans Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart 1998, S. 155.