Von Teeziegeln und Regenbogenschüsselchen – Teil 1
Wenn wir heute an Geld denken, dann denken wir in allererster Linie an ein Zahlungsmedium, welches die fast magische Eigenschaft besitzt, unsere bisher unerfüllten Wünsche wahrwerden zu lassen. Ob als Bar- oder Buchungsgeld – die umgangssprachlichen „Moneten“ sind heute ein fester Bestandteil unseres Lebens. Ohne Moos ist eben nichts los. Doch die Menschheit misst ihre Güter nicht erst seit gestern an Geld. Da stellt sich die Frage, wie es denn damals war, als noch keine Banknoten gedruckt werden konnten und der bargeldlose Zahlungsverkehr noch eine weit entfernte Zukunftsmelodie war?
Man war seit jeher äußerst erfinderisch was die Bezahlung von Gütern anbelangte. Ob aus Gold, Tee oder einer gar giftigen Samenart, der Vielfalt des sogenannten Primitivgeldes waren auch schon vor über tausenden von Jahren keine Grenzen gesetzt. Das Historische Archiv des OSV ist einigen dieser Formen auf den Grund gegangen und hat die, nicht selten außergewöhnlichen, Zahlungsmittel einmal genauer unter die Lupe genommen. Zu sehen sind diese Schätze außerdem im März in einer Ausstellung in zwei Filialen der Saalesparkasse. In jeweils zwei Beiträgen wollen wir Ihnen sieben dieser Exponate vorstellen.
Keltische Regenbogenschüsselchen-Stater, Quinare und Büschelquinare
Wir befinden uns in der Zeit des 3. bis 1. Jahrhunderts vor Christus. Die Kelten sind geprägt vom Handel mit den Griechen, die bereits Münzen vor allem unter der Herrschaft Alexanders des Großen in Umlauf brachten. So findet auch der Volksstamm seinen Gefallen an den kleinen, runden Zahlungsmitteln aus Gold, Silber und anderen Edelmetallen und prägt fortan seine eigenen Münzen, die sogenannten „Stater“. Die Regenbogenschüsselchen-Stater waren zumeist unebene Münzen aus Gold, die ihren Namen einem Aberglauben der Bauern auf den Feldern im Alpenvorland zu verdanken haben [1]. Dort glaubte man, dass ein Regenbogen an der Stelle die Erde berührt haben musste, an welcher zuvor aufgrund von starken Gewitterregen die kleinen schüsselförmigen Goldmünzen zutage kamen.
Zusätzlich zum „Stater“ gab es auch den „Viertelstater“, eine kleinere Version der keltischen Goldmünze. Neben den Regenbogenschüsselchen handelte man außerdem mit Quinaren und Büschelquinaren aus Silber. Ein äußerst beliebtes Motiv für die Prägung der keltischen Münzen waren Pferdeabbildungen, wie auch auf den Exemplaren des OSV-Archivs zu sehen ist. Weitere Prägemotive setzten sich aus Ornamenten, Fabelwesen sowie aus stilisierten Menschen- und Vogelköpfen zusammen. Aufgrund der fehlenden Überlieferung von Aufschriften und antiken Münzennamen ist der Wert schwer zu bestimmen. Allerdings nutzte man die Münzen zumindest bis in die Mitte des 1. Jahrhunderts überwiegend als Schatzgeld und für den Informationsaustausch.
Venezianische Chevron-Glasperlen
Wir bewegen uns von den Kelten weiter zum Adriatischen Meer, genauer nach Murano, der weltbekannten Herstellungsstätte für feinste Glasperlen. Die nordöstlich von Venedig gelegene Inselgruppe kann sich mit einer langjährigen Geschichte in der Glasproduktion rühmen und beherbergt bis heute das „Museo del Vetro“ (Glasmuseum Murano). So ist es auch nicht verwunderlich, dass insbesondere die Glas- und Keramikperlen mit der Ankunft der Europäer in Afrika und Asien, in Mode kamen.
Die Geburtsstunde der Chevron-Perlen datiert man auf etwa 1500. Während sie vorerst nur in Venedig hergestellt wurden, sollte es jedoch nicht lange dauern bis die Glasperlen auch ihren Weg hinaus in die weite Welt fanden. Die Chevron-Perlen wurden fortan im ganz großen Stil exportiert. Das Produktionsgeheimnis musste dabei unter allen Umständen von Muranos Perlenmachern gehütet werden, andernfalls war mit einer Todesstrafe zu rechnen. Die 61 aufgezogenen Chevron-Perlen aus Glas, die sich in unserem Archiv befinden, sind vorrangig in den Farben blau, weiß, rot und schwarz-braun gestreift. Im Querschnitt ist ein Sternenmuster zu erkennen, welches urtypisch für die Chevron-Glasperlen ist. Glasperlen galten vor allem im 19. Jahrhundert in Westafrika als eine Art Kleinwährung, wobei sie vorrangig für die Bezahlung von Nahrungsmitteln oder auch als Tributzahlung dienten [2].
Kaurischnecken
Im asiatischen und später auch im westafrikanischen Raum handelte man indes mit den sogenannten Kaurischnecken. Dieses vormünzliche Zahlungsmittel ist wohl das prominenteste Beispiel für Naturalgeld, da es für sehr lange Zeit, genaugenommen für über 3500 Jahre, in weiten Teilen der Erde zum Einsatz kam. Das hat unter anderem den Grund, dass die Kauris wegen ihres geringen Einzelwerts auch den Kauf von kleineren Warenmengen erlaubten.
Erste Hinweise auf die Kaurischnecken gab es in China bereits im 13. Jahrhundert vor Christus. Verwendet wurde die zumeist weiße, ovalförmige Schneckenart (Abb. 3) im Handel um die unterschiedlichsten Güter. So erhielt zum Beispiel ein Käufer um 1810 für 10 Kauris eine Kuh [3]. Durch die exakte Aufreihung der Schneckengehäuse auf einem geflochtenen Armband war auch eine ebenso exakte Wertbestimmung möglich. Übrigens erlebte man mit dem Kaurigeld aufgrund des Eingreifens der Europäer eine der ersten Inflationen in der Geldgeschichte. Während der Brautpreis um 1810 in Uganda noch bei 30 Kaurischnecken lag [4], erhöhte sich der Preis im Jahre 1957 bereits auf 10.000 Kauris.
Celina Höffgen, Praktikantin Historisches Archiv des OSV
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[1] Franziska Jungmann-Stadler: Geld: Von der Kaurischnecke zur Kreditkarte. Nürnberg: Tessloff Verlag, 2002, Band 78, S. 16
[2] Ursula Kampmann: Geld in anderen Gesellschaften: Traditionelle Zahlungsmittel aus der Sammlung Kuhn – Teil 2. Online im Internet: URL: https://www.muenzenwoche.de/de/Archiv/Geld-in-anderen-Gesellschaften-Traditionelle-Zahlungsmittel-aus-der-Sammlung-Kuhn–Teil-2/8?&id=111&type=a [zuletzt aufgerufen am 14.03.2019]
[3] Ostdeutscher Sparkassenverband: Geld[un]formen. Katalog zum gleichnamigen Wettbewerb und zur Wanderausstellung des Ostdeutschen Sparkassenverbandes. Berlin: Sparkassenverlag, 2008, S. 9
[4] Ebenda