Neues bei der EDV
Blogserie, Teil 21
Seit 1972 wurde der Zahlungsverkehr in der DDR beleglos mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung durchgeführt.* Grundlage war ein einheitliches System langer Kontonummern, die auch die Funktion der Bankleitzahl hatten. Die ersten drei Zahlen standen für den Kreis. An vierter Stelle konnte eines von insgesamt neun Geldinstituten verschlüsselt sein, zum Beispiel Sparkasse mit der 2. Die Institute nutzten gemeinsame EDV-Programme und Rechenzentren des VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane. So befanden sich in allen 14 Bezirkshauptstädten und in Ost-Berlin Datenverarbeitungsstationen, die sämtliche Konten in den Bezirken führten. Alle Banken und Sparkassen mussten zudem an der zentralen Verrechnung über die Staatsbank teilnehmen und dort ein Konto halten.
Als reines Binnensystem, unter den Voraussetzungen einer festen Bankenstruktur mit einheitlichen Produkten und ohne Konkurrenz zwischen den Instituten, hatte das Zahlungsverkehrssystem lange funktioniert.** Rein technisch war schon das Hinzutreten neuer Geldinstitute mit dem begrenzten Kontonummernsystem nicht machbar. Grundsätzlich war das EDV-Einheitssystem nicht mit der Marktwirtschaft kompatibel. Es behinderte den Wettbewerb, erschwerte eine eigene Geschäftspolitik und die Etablierung individueller Leistungsangebote. Für die Ost-Sparkassen musste eine Lösung her. Der DSGV konstatierte:
„Der neu gegründete DDR-Sparkassenverband legt großen Wert auf möglichst schnelle EDV-Unterstützung, weil das bisherige Datenverarbeitungssystem auf die planwirtschaftliche Steuerung des Geldverkehrs durch die Staatsbank und auf eine sehr schmale Angebotspalette abgestellt war. Dieses System erlaubt keine individuelle Diversifizierung des Angebots durch unterschiedliche Banken und Bankengruppen. Eine besondere Datenverarbeitung auf die Bedürfnisse der DDR-Sparkassen abgestellt, ist deshalb unabweisbar.“ ***
Um ein leistungsfähiges einheitliches EDV-System zu bekommen, suchte der Sparkassenverband der DDR die Hilfe des Regionalverbandes in Niedersachsen und seines Rechenzentrums. Am 24. März 1990 wurde eine Kooperationsvereinbarung mit der dvg – Datenverarbeitungsgesellschaft der Niedersächsischen Sparkassenorganisation mbH in Hannover paraphiert.**** Auch der für die EDV der ostdeutschen Sparkassen zuständige Betrieb, der ab dem 1. April als VEB Datenverarbeitung der Geldwirtschaft firmierte, war mit an Bord. Nach der Vereinbarung begann er, Serviceverträge nach dem Muster der dvg mit ostdeutschen Sparkassen abzuschließen. Den Nutzen der Kooperation machte Verbandspräsident Rainer Voigt den Direktoren und Direktorinnen deutlich.
„Diese Vereinbarung wurde mit dem Ziel geschlossen, in einer langfristig angelegten Zusammenarbeit an der einheitlichen Entwicklung und wirtschaftlichen Nutzung der Datenverarbeitung für die Institute unseres Verbandes mitzuarbeiten. Das geschlossene Abkommen ist darüber hinaus die Basis zur Realisierung der künftigen Aufgaben des Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs unter marktwirtschaftlichen Bedingungen. Unsere Position im künftigen Geld- und Finanzmarkt des Landes können wir nur behaupten und ausbauen, wenn Sie, Ihre Mitarbeiter und die der anderen DDR-Sparkassen in die Lage versetzt werden, eine möglichst weit gefächerte Angebotspalette anzubieten und dv-mäßig verwalten zu lassen.“ *****
Bei der schrittweisen Erweiterung des Angebots, die am 26. April im Blog thematisiert werden soll, spielte die damals noch unzureichende EDV-Kapazität eine Rolle.****** Es war nicht möglich, sofort alle Produkte der bundesdeutschen Sparkassen zu übernehmen. Übernommen wurde jedoch rasch das Bankleitzahlensystem der Bundesrepublik, um den baldigen Zahlungsverkehr zwischen Ost und West zu gewährleisten. Vereinbart war zwischen der Bundesbank und der Staatsbank vor 30 Jahren, dass die 1. bis 3. Stelle durch die Deutsche Bundesbank vergeben wurde. An vierter Stelle stand die 5 für Sparkasse.******* Die fünfte bis achte Stelle füllte die vierstellige Vorsatzziffer der DDR-Kontonummer, die ja den Kreis angab. Auch hinsichtlich der Kontonummern gab es Änderungen, über die der Verband informierte. Sehen Sie dazu Bild 2 zu diesem Beitrag.
Fortsetzung am 12.04.2020
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* Vgl. Wysocki, Josef/ Günther, Hans-Georg: Geschichte der Sparkassen in der DDR 1945 bis 1990, 1996, S. 305 ff.
** Günther, Hans-Georg: Einheitliches DDR-Giroverkehrssystem, in: Deutsche Sparkassen-Zeitung, Nr. 20, 13.03.1990, S. 4; Bestand: Historisches Archiv des OSV
*** DSGV-Mitteilung Nr. 7, 27.3.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP-E 651/2010
**** Der Verbandsrat stimmte bei der ersten Sitzung mehrheitlich dafür. Vgl. Auszug aus dem Protokoll der Beratung des vorläufigen Verbandsrates des Sparkassenverbandes der DDR am 17.4.1990 – Vorlage 4/90; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP-E 651/2010
***** Sparkassenverband der DDR – Der Präsident, an die Direktoren der Stadt- und Kreissparkassen und Bezirksgeschäftsstellen des Sparkassenverbandes der DDR, betr. Sparkassen – Partner in Ost und West/ Zusammenarbeit im Bereich der Datenverarbeitung, 07.05.1990, S. 1; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP-E 651/2010
****** Vgl. Rundschreiben Nr. 2 des Sparkassenverbandes der DDR – Verbandsdirektor, betr. Information über die schwerpunktmäßige Erweiterung der Produktenpalette, 26.04.1990, S. 2; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand
******* Vgl. Sparkassenverband der DDR – Verbandsdirektor, an alle Direktoren der Bezirksgeschäftsstellen des Sparkassenverbandes der DDR, betr. Beantragung der Bankleitzahlen, 23.04.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand