• Das Plakat, das nie hängen durfte. (Deutsches Hygiene Museum Dresden, 1966) : © Historisches Archiv des OSV

Viel Ärger um ein Plakat

Heute zum Weltnichtrauchertag können wir ein ganz besonderes Plakat aus unserer umfangreichen Sammlung vorstellen. Es ist aus dem Jahr 1966 und wurde von dem Grafiker Jochen Fiedler für das Deutsche Hygiene Museum Dresden gestaltet.

Mit dem provokanten Plakattitel „Dein Geld verraucht“ wollte das Hygienemuseum eine Aktion gegen das Rauchen starten. Insgesamt wurden 50 000 Exemplare bestellt, die unter anderem an Kreisärzte geliefert werden sollten. Doch es kam anders.

Da auf dem Plakat ein Sparbuch mit dem Symbol der DDR-Sparkassen zu sehen war, schrieb im März 1967 Dr. Dietrich, der stellvertretende Finanzminister der DDR, einen Brief an den Direktor des Deutschen Hygiene Museums. In diesem stellte er klar, dass die Verwendung des Symbols ohne Zustimmung des Ministeriums der Finanzen nicht erlaubt sei. Außerdem kritisierte er die Aussage des Plakates, da auch der Eindruck entstehen könne, dass das Geld der Sparkassenkunden in der DDR verbrannt würde.

Die Sparkassen der DDR unterstanden bis 1972 dem Ministerium der Finanzen der DDR, danach der Staatsbank der DDR. Von beiden Institutionen verwahren wir einen erheblichen Teil an Akten und Sammlungsgut. Damit gelangte das Plakat in unser Archiv.

Das Museum musste daraufhin alle Plakate zurückrufen und vernichten. Außerdem wurden die verantwortlichen Mitarbeiter mit einem Verweis bestraft. Eine materielle Strafe kam noch hinzu, nachdem der Finanzminister Siegfried Böhm einen Brief an den Gesundheitsminister Max Sefrin schrieb und dies forderte. Der Gesundheitsminister bemängelte in seinem Antwortschreiben an Böhm zusätzlich, dass die „propagandistischen Einrichtungen der DDR die politisch-negativen Auslegungsmöglichkeiten des Plakates erkennen hätten müssen“. Zudem kündigte er an, „die politische Arbeit des Deutschen Hygiene-Museums einer kritischen Prüfung zu unterziehen“.*

*Quelle: Historisches Archiv des OSV, HA-49/2004a

  • © Historisches Archiv des OSV

Alarm in Eckartsberga

Bei einer Tagung habe ich kürzlich zum Thema Raubüberfälle auf ostdeutsche Sparkasse Anfang der 1990er Jahre referiert und dabei auch auf die DDR-Zeit zurückgeblickt. Viele Raubüberfälle auf Sparkassen gab es damals nicht. So sind für die 15 Jahren von 1975 bis 1989 lediglich 32 Überfälle belegt. Unter diesen gab es aber auch spektakuläre Fälle. Manchmal machten die Täter fette Beute, wie zum Beispiel vor 40 Jahren in der Kleinstadt Eckartsberga im heutigen Sachsen-Anhalt.

Am 10. Mai 1983 kamen kurz vor der Mittagspause zwei Täter auf dem Motorrad vorgefahren. Kunden befanden sich zu dieser Zeit nicht in der Zweigstelle der Kreissparkasse Naumburg. Die jungen Männer waren maskiert und mit Pistolen bewaffnet. Sie forderten das Geld aus der Kasse und aus dem Panzerschrank. Wegen der bevorstehenden Versorgung von Betrieben mit Lohngeldern war reichlich da. 293.890 Mark Beute gab es, darunter auch registrierte Scheine.

Nachdem die Verbrecher die Sparkasse verlassen hatten, versuchten die Mitarbeiterinnen unter der Nummer 110 die Volkspolizei zu alarmieren. Die ging jedoch nicht ans Telefon. Zumindest erreichten sie das Kreispolizeiamt in Naumburg. Die Telefonnummer des Abschnittsbevollmächtigten war in der Sparkassenfiliale nicht bekannt. Da er aber nur 150 Meter erntfernt wohnte, wurde zu Fuß Hilfe geholt. Die Sparkassenfrauen konnten das Nummernschild des Fluchtmopeds notieren und sich sogar das Aussehen der Täter merken, die sich auf der Flucht demaskiert hatten.

Für die Filialdirektorin, die am 10. Mai Haushaltstag hatte, und den Kreissparkassendirektor hatte der Überfall ein Nachspiel. Denn sie wurden dafür verantwortlich gemacht, dass keine vorgeschriebene Notrufanlage vorhanden war. Diese musste aber gemäß Weisung der Staatsbank der DDR bei Bargeldbeständen ab 100.000 Mark installiert sein. Zwei Wochen später bekam die Zweigstelle dann ihre Alarmanlage Made in GDR. Ob es sich dabei um das oben abgebildete Gerät handelte, ist nicht bekannt.

  • Plakat zur Tagung : © Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald

Werbung in eigener Sache

Nächste Woche findet in Greifswald eine interdisziplinäre Fachtagung zum Thema Bankraub statt, die vom Alfried Krupp Wissenschaftskolleg organisiert wird. Das Programm bietet von Donnerstag bis Samstag zahlreiche interessante Vorträge. Ich bin gerade dabei, meinen Beitrag vorzubereiten. Er wird sich einer Umbruchzeit widmen. Raubüberfälle auf Sparkassen waren in der DDR selten. Es lohnt sich jedoch, auf einige spektakuläre Einzelfälle einzugehen und anhand dieser das Thema Sicherheitseinrichtungen zu thematisieren. Die waren nämlich bis zur und auch nach der Währungsunion 1990 mangelhaft. Da hieß es, rasch aufzurüsten, etwa mit Panzerglas und Überwachungskameras.

Eine Welle von Raubüberfällen brach mit der Einführung der Deutschen Mark über die im Sparkassenverband der DDR/ Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband organisierten Institute herein. Zum Teil machten die Täter enorme Beute. Nicht nur auf die Zahl der Verbrechen, sondern auch auf besondere Einzelfälle werde ich am 6. Mai 2023 eingehen. So gab es beispielsweise bei einem Überfall auf die Meyenburger Geschäftsstelle der damaligen Kreissparkasse Pritzwalk den ersten Toten zu beklagen. Wenn Sie mehr erfahren wollen, so kommen Sie gern vorbei. Es gibt nicht nur Interessantes zu hören. Eine ansprechende Bilderpräsentation bringe ich mit nach Greifswald, um das Referat noch unterhaltsamer zu gestalten.

  • Eines von vielen Dokumenten aus unserem Aktenbestand, in dem die Überführung von Sparguthaben Geflüchteter in den Staatshaushalt der DDR ersichtlich ist. : © Historisches Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes

„Republikflüchtlinge“ und ihr Vermögen

Als Studentin des Studiengangs „Archiv“ an der Fachhochschule Potsdam absolvierte ich mein Praxissemester beim Historischen Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes vom 1. August 2022 bis zum 16. Dezember 2022. Im Zuge der Erschließung von Akten, bin ich auf ein interessantes Kapitel der deutschen Geschichte gestoßen, welches ich hier gerne für Sie kurz zusammenfassen möchte.

Im Zeitraum nach der Gründung der DDR im Herbst 1949 bis zum Bau der Mauer im Sommer 1961 flüchteten rund 3 Millionen Menschen aus der DDR. Nach dem Bau der Mauer sank die Zahl zwar drastisch, aber trotzdem gelang auch in der Zeit bis zur Wiedervereinigung Menschen die Flucht. [1] In der DDR wurden Bürger, die über die Grenze nach Westdeutschland fliehen wollten bzw. geflohen waren, „Republikflüchtlinge“ genannt. [2] Scheiterte die Flucht, mussten die „Republikflüchtlinge“ mit mehrjährigen Haftstrafen rechnen. [3] Sowohl bei einer erfolgreichen Flucht als auch einem erfolglosen Fluchtversuch verwirkten die Menschen ihren Anspruch auf ihr Vermögen und sonstiges Eigentum in der DDR.

Doch was geschah mit dem Vermögen der Geflüchteten? Die Regierung der DDR ließ sämtliche Vermögenswerte der Flüchtlinge beschlagnahmen. Das waren zum Beispiel Grundstücke, Unternehmen, aber auch Bankguthaben. Diese Beschlagnahmung kam einer entschädigungslosen Enteignung gleich. Später wurde das Vermögen unter die „treuhänderische Verwaltung“ des Staates [4], oder auch staatliche Verwaltung genannt [5], gestellt. Das heißt, der Staat hat die Vermögenswerte im Namen der Eigentümer verwaltet. 1968 wurde die Verwalterverordnung erlassen, aufgrund dessen der Staat seit 1969 durch eine rechtsgeschäftliche Veräußerung auf das Vermögen zugegriffen hat. [6] Doch nicht nur Grundstücke und Bankguthaben wurden beschlagnahmt, auch Bankschließfächer, die „Republikflüchtlingen“ gehörten, wurden 1962 im Rahmen der „Aktion Licht“ geöffnet und die Wertgegenstände und Unterlagen entnommen. Die Wertgegenstände wurden über den staatlichen Kunsthandel der DDR verkauft und ihre Herkunft von der Stasi akribisch verschleiert, weshalb es schwierig ist, ihre Provenienz zu identifizieren. [7]

Nach der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 wurde das „Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen“ (Vermögensgesetz) erlassen. Dieses Gesetz regelt die Rückübertragung der Vermögenswerte bzw. die Entschädigung der Eigentümer. Zur Durchführung dieses Gesetzes wurden Landesbehörden eingerichtet, bei denen man einen Antrag stellen konnte. [8] Anträge auf Rückübertragung oder Entschädigung für Vermögensverluste nach dem Vermögensgesetz konnten grundsätzlich bis zum 31. Dezember 1992, für bewegliches Vermögen bis zum 30. Juni 1993 gestellt werden. [9] Da die Fristen bereits abgelaufen sind, ist eine Geltendmachung eines Anspruchs zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr möglich. Weiterhin führt das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) jedoch Aufgebotsverfahren durch, die der Ermittlung unbekannter oder unauffindbarer Eigentümer von Vermögenswerten dienen. [10]

Elena Williams, Praktikantin beim Historischen Archiv des OSV

Quellen:

[1] Halbrock, Christian; Jabs, Cornelia; Kowalczuk, Ilko-Sascha: Republikflucht, Bekämpfung der, in: Das Bundesarchiv (Hrsg.): MfS-Lexikon, online verfügbar: URL: https://www.stasi-unterlagen-archiv.de/mfs-lexikon/detail/republikflucht-bekaempfung-der/ [letzter Zugriff am 14.12.2022].

[2] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache: Republikflüchtling, der, online verfügbar: URL: https://www.dwds.de/wb/Republikflüchtling [letzter Zugriff am 15.12.2022].

[3] Bundesstiftung Aufarbeitung: Informationen zur Geschichte von Flucht, Fluchthilfe und Freikauf, online verfügbar: URL: https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/recherche/dossiers/flucht-fluchthilfe-und-freikauf/geschichte#:~:text=Mit%20dem%20verschärften%20Passgesetz%20von,DDR%20werden%20verfolgt%20und%20bestraft. [letzter Zugriff am 14.12.2022].

[4] Bundesverfassungsgericht: Urteil des Ersten Senats vom 23. November 1999, online verfügbar: URL: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/1999/11/fs19991123_1bvf000194.html [letzter Zugriff am 14.12.2022].

[5] Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen: Staatliche Verwaltung, online verfügbar: URL: https://www.badv.bund.de/DE/OffeneVermoegensfragen/EigentuemersucheundAufgebotsverfahren/StaatlicheVerwaltung/start.html [letzter Zugriff am 15.12.2022].

[6] Bundesverfassungsgericht: Urteil des Ersten Senats vom 23. November 1999, online verfügbar: URL: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/1999/11/fs19991123_1bvf000194.html [letzter Zugriff am 14.12.2022].

[7] Habermalz, Christiane: Wissenschaftler untersuchen DDR-Kunstraubsystem, in: Deutschlandfunk Kultur, 07.05.2019, online verfügbar: URL: https://www.deutschlandfunkkultur.de/forschungsprojekt-zur-aktion-licht-wissenschaftler-100.html [letzter Zugriff am 14.12.2022].

[8] Bundesministeriums der Justiz: Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen, online verfügbar: URL: https://www.gesetze-im-internet.de/vermg/BJNR211590990.html#BJNR211590990BJNG002306301 [letzter Zugriff am 14.12.2022].

[9] Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen: Fristen, online verfügbar: URL: https://www.badv.bund.de/DE/OffeneVermoegensfragen/Vermoegensrecht/Fristen/inhalt.html [letzter Zugriff am 15.12.2022].

[10] Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen: Eigentümersuche und Aufgebotsverfahren, online verfügbar: URL: https://www.badv.bund.de/DE/OffeneVermoegensfragen/EigentuemersucheundAufgebotsverfahren/start.html [letzter Zugriff am 15.12.2022].

  • Werbung der Sparkassen der DDR von 1954 : © Historisches Archiv des OSV

Weihnachtswunsch

Das Archivteam des Ostdeutschen Sparkassenverbandes wünscht Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, trotz aller widriger Umstände, ein schönes und geruhsames Weihnachtsfest im Kreise Ihrer Liebsten.

Nach einem gelungenen Rutsch, in ein hoffentlich besseres und vor allem friedlicheres 2023, freuen wir uns, Sie an dieser Stelle wieder mit neuen und alten Sparkassengeschichten begrüßen zu dürfen.

Britta Weschke, Thomas Einert & Claudia Wöhnl

  • Anlage zum Jahresabschluss 1989 der Kreissparkasse Röbel : © Historisches Archiv des OSV

Das Personal der kleinsten DDR-Sparkasse

Schauen Sie einmal genau hin. Was fällt ihnen auf? Nein, gemeint ist nicht die Differenz zwischen Stellenplan und tatsächlicher Besetzung bei der Kreissparkasse Röbel im Jahr 1989. Bei der bilanzmäßig kleinsten Sparkasse der DDR arbeiteten Ende dieses Jahres 34 Personen. Davon waren 31 weiblich. Dies entsprach 91 Prozent der Beschäftigten. Damit war die Kreissparkasse an der Müritz aber kein Einzelfall. Einen sehr hohen Frauenanteil gab es überall. Dass die DDR-Sparkassen, bis auf die Direktorenetage, ein praktisch reiner Frauenbetrieb wurden, hatte verschiedene Ursachen. So erhielten die Geldinstitute fast ausschließlich Schulabgängerinnen als Auszubildende zugeteilt. Die Entlohnung im Dienstleistungsbereich fiel im Vergleich zur Produktion schlechter aus. So war die Tätigkeit bei der Sparkasse für Männer unattraktiver. Dass es die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung gab, war hingegen für Mütter ein Vorteil. Insbesondere in Großstädten wurde diese genutzt. Die Teilzeit wurde aber planwirtschaftlich beschränkt. Die Sparkassen konnten ihre VbE (Vollbeschäftigteneinheiten) nur im Rahmen der begrenzten Kopfzahl mit Teilzeitbeschäftigten besetzen.