• Die Kreissparkasse Grimma war die erste Sparkasse im heutigen Verbandsgebiet, die 1990 auf das neue EDV-System umgestellt wurde. Hier erfolgte die Ausstattung mit Computern von Siemens-Nixdorf. : © Kreissparkasse Grimma/ Sparkassen-Museum Muldental e.V.

  • Die ersten Überleitungen im Freistaat Sachsen erfolgten 1990 in Grimma, Chemnitz und Bautzen. : © Historisches Archiv des OSV

Die Überleitung der EDV

Blogserie, Teil 50

Die Umstellung der Datenverarbeitung auf westdeutschen Standard stellte nach der technisch-organisatorischen Bewältigung der Währungsunion eine weitere gewaltige Aufgabe für die ostdeutsche Sparkassenorganisation dar, die rasch angegangen werden musste. Denn nur mit einem modernen, erprobten und leistungsfähigen System war es zum Beispiel möglich, die gewachsene Zahl der Geschäftsvorfälle zu bearbeiten, die Serviceleistungen deutlich zu verbessern und das Angebot neuer Produkte edv-mäßig zu unterstützen.* Bereits seit dem Frühjahr 1990 fand deswegen eine intensive Zusammenarbeit zwischen dem Sparkassenverband der DDR und dem Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverband statt. Als Gemeinschaftsunternehmen entstand dann am 31. August die dvs Datenverarbeitungsgesellschaft Sparkassenorganisation mbH, an der der DDR-Sparkassenverband und die dvg Hannover beteiligt waren.

Bald wurde die dvs alleiniger Anbieter von EDV-Anwendungen für die ostdeutschen Sparkassen und übernahm nicht nur Personal der DGW Datenverarbeitungsgesellschaft Geldwirtschaft mbH, sondern auch zwei Bezirksstationen, wo nun eigene Rechenzentren aufgebaut werden sollten. Während der Standort Berlin bereits am 17. November 1990 einsatzbereit war, konnte Leipzig erst am 16. Februar 1991 tätig werden. Zur Hardware vermerkt eine Dokumentation zur Entwicklung der dvs, auf der dieser Blog basiert, Interessantes für Technikfreunde. So gab es bei Inbetriebnahme der Rechenstationen 2 IBM-Großrechner, Magnetplattenlaufwerke mit 900 Gigabyte Speicherkapazit, Magnetbandeinheiten in Form von 60 Kassetten und 6 Bändern, 18 schnelle Laser- und 2 Stahlbanddrucker sowie 8 online-COM-Anlagen und 8 online-Duplizierer für Mikrofilme.**

Auch bei den Sparkassen sollte neue Technik einziehen. Bereits im Mai 1990 ermittelte man den Bedarf in Hinblick auf die künftige Terminalausstattung der Arbeitsplätze sowie den ersten Bedarf an Selbstbedienungsgeräten. Nicht nur zur Erfassung der Daten für die Währungsumstellung am 1. Juli spendete der Deutsche Sparkassen- und Giroverband 1.000 PC. Ende Mai wurde 137 Computer-Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt, weitere 384 bis Ende August eingerichtet. In der zweiten Jahreshälfte 1990 kamen noch 479 dazu. Eine Grundvoraussetzung der Überleitung vom ESER- auf das dgv-System war die vollständige Kundendatenerfassung. Das sah das endgültige Überleitungskonzept der dvs vom 7. September 1990 vor. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sparkassen wurden praxisbezogen ausgebildet, um die relevanten Daten aufnehmen zu können. Als Erfassungsbelege dienten die zur Währungsunion benötigten Umstellungsbelege. Mit von der dvs entwickelten Programmen wurden die Kundensystemdaten am PC erfasst und verarbeitet.*** Sie wurden auf Disketten gespeichert, konvertiert, auf Magnetbänder übertragen und in das neue Anwendungssystem eingespielt.

Was die Einführung moderner Hardware betrifft, so erfolgte aus pragmatische Gründen eine Zuordnung der Sparkassen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zum Hersteller IBM, der in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu Siemens-Nixdorf. Vor der Überleitung mussten die Firmen die Sparkassen mit der erforderlichen EDV-Technik ausgestattet haben. Auch war die Bereitstellung von Leitungen für die Datenübertragung zwischen Sparkassen und Rechenstationen erforderlich, wobei die Kapazitäten des Telekomnetzes oft Probleme bereiteten.**** Die Verantwortung für die Vorbereitung und Durchführung der Umstellungen, die an Wochenenden stattfanden, trugen spezielle dvs-Teams, die zunächst bei Pilotsparkassen praktische Erfahrungen sammelten. Den Kern der Truppe bildeten Mitarbeiter von Rechenstationen der DGW, die bereits die EDV-Altanwendungen betreut hatten und 1990 qualifiziert wurden. Unterstützung erfuhren sie insbesondere von Spezialisten der dvg Hannover, die bei Überleitungen von Pilotsparkassen Wissen weitergaben.

Die erste Überleitung gab es am 6. Oktober 1990 bei der Kreis- und Stadtsparkasse Suhl. Da Leipzig noch nicht einsatzbereit war, wurde die Sparkasse über einen Test- und Reserveserver der dvg in Braunschweig übergeleitet.***** Die Datenbestände verlagerte man später nach Leipzig, so auch die der Kreissparkasse Grimma, die am 10. November 1990 umgestellt wurde. Über das dvs-Rechenzentrum in Berlin fand am 17. November die Kreissparkasse Neustrelitz und am 1. Dezember die Stadtsparkasse Magdeburg Anschluss. Die erste Überleitung in Brandenburg fand am 9. Februar 1991 bei der Stadt- und Kreissparkasse Cottbus statt. Da waren die Pilotierungen schon abgeschlossen. Insgesamt konnten bis zum 30. November 1991 planmäßig sämtliche Sparkassen übergeleitet werden. Als letztes war die Kreissparkasse Zerbst an der Reihe. Damit war aber nur die erste Phase des Überleitungsprozesses beendet und ein einheitlicher Zahlungsverkehr sichergestellt.

Fortsetzung am 14.09.2020

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* Vgl. Abriss: Die dvs in 5jähriger Partnerschaft mit den ostdeutschen Sparkassen, 27.07.1995, S. 43; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP – E 640/2010 Bd. 2

** Vgl. ebd., S. 57

*** Vgl. ebd., S. 39

**** Vgl. ebd, S. 51

***** Vgl. ebd., S. 54

  • Mit Informationsblättern vom Deutschen Sparkassenverlag konnten sich die Kundinnen und Kunden über die neuen Vordrucke informieren. : © Historisches Archiv des OSV

Alles neu im Zahlungsverkehr – Teil 2

Blogserie, Teil 35.2

Ein wichtiger Schritt in Richtung eines einheitlichen Zahlungsverkehrs-systems beider deutscher Staaten war die Vergabe neuer Bankleitzahlen für die Kreditinstitute der DDR. Diese konnten ab April 1990 bei der Deutschen Bundesbank beantragt werden und galten ab dem Tag der Währungsunion.* Die insgesamt 8-stellige Nummer enthielt in den ersten drei Ziffern den Bankbezirk, in welchem das Geldinstitut seinen Sitz hatte, z. B. 140 für Rostock oder 850 für Dresden. An vierter Position stand die Institutsgruppe, z. B. 5 für Sparkassen. Die letzten vier Stellen waren mit den ersten Ziffern der alten DDR-Kontonummernsystematik identisch.

Des Weiteren wurden Anfang Juni 1990 in der Vereinbarung über die Abwicklung des Zahlungsverkehrs nach der Schaffung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zahlreiche Festlegungen getroffen, um die innerdeutschen Zahlungsströme trotz der gegensätzlichen Systeme für die Übergangszeit bis zum 31.12.1991 überhaupt ermöglichen zu können. Grundlage der Vereinbarung war eine schrittweise Anpassung der DDR-Institute an den West-Standard mit möglichst wenig Übergangsrecht, um doppelte Umstellung zu vermeiden.**

Die wichtigsten Regelungen sahen in Kürze so aus: Alle westdeutschen Kreditinstitute sowie die Sparkassen der DDR, welche im Laufe der Übergangszeit auf die neue EDV übergeleitet worden waren, verpflichteten sich, ihre beleghaft aufkommenden Zahlungen für die ESER-Kreditinstitute in Datensätze umzuwandeln.*** Beleglose Zahlungen ließen sich dagegen mittels bestimmter Umsetzungsprogramme weiterverrechnen. Da in den ESER-Datensätzen jedoch nicht alle Informationen abgebildet werden konnten, wie z. B. Auftraggeber, Empfängername und Verwendungszweck, mussten den Empfängerbanken zusätzlich Drucklisten zur Verfügung gestellt werden.

Die Abwicklung von Zahlungsströmen von Ost nach West bzw. vom ESER-System an Kreditinstitute westdeutschen Standards konnte hingegen nur mittels Belegen und Datensätzen westdeutscher Norm erfolgen. Das führte zu einem starken Ansteigen des beleghaften Zahlungsverkehrs, da weder die ESER-Dateien noch die ESER-Belege für eine Weiterverarbeitung nach West-Standard geeignet waren.

Man kann sich vielleicht vorstellen, dass hier der Teufel im Detail steckte. Bei der Umsetzung der Vereinbarungen in die Praxis standen die Sparkassen vor erheblichen Schwierigkeiten, nicht zuletzt deshalb, weil auf sie bislang etwa 65-70 % aller Buchungsposten im Banksystem der DDR entfielen.****

Die schiere Menge an Zahlungsvorgängen nach der Währungsunion, auch hervorgerufen durch den Auftragsaufschub aufgrund des zwischen dem 1. und 8. Juli 1990 ruhenden Zahlungsverkehrs, brachte die Sparkassen an ihre Grenzen. Dazu kamen die Umgewöhnung aller Beteiligten an neue Zahlungsverkehrsabläufe, fehlerhaftes Ausfüllen der neuen Vordrucke durch die Kunden und erhebliche Postlaufzeiten.

Der Unmut der Kundschaft, besonders bei Verzögerungen von Lohn-, Gehalts- und Rentenzahlungen, war sogar Gegenstand der Presseberichterstattung. Firmeninhaber riefen die Belegschaft auf, ihre Gehaltskonten von der Sparkasse abzuziehen. Das Versandhaus Quelle schrieb an den Präsidenten des Sparkassenverbandes der DDR wegen Ausbleibens beträchtlicher Zahlungen von bestellter Ware durch DDR-Bürger. Die Liste ließe sich leicht fortführen … ***** Selbst den damaligen Bundesfinanzminister Theo Waigel erreichten Beschwerden.

Allein zwischen Juli und September 1990 waren 264 000 fehlerhafte Zahlungen aufgelaufen. Das entsprach einer Fehlerquote von 4,8 %. ****** Diese zu senken und die massenhaft ungeklärten Posten zu korrigieren, war das Anliegen zahlreicher Expertengespräche. Neben Personal-aufstockungen wurden weitere Maßnahmen ergriffen, wie z. B. das Einrichten eines eigenen Kurierdienstes für den schnellen Belegtransport oder die Integration der ostdeutschen Sparkassen in das Clearing-System, und damit in den Verbund der Datenfernübertragung der gesamten Sparkassenorganisation.

Nach und nach zeigten die Maßnahmen Wirkung. Im dritten Quartal 1991 gelang es, die langen Laufzeiten der Zahlungsvorgänge auf das bei deutschen Kreditinstituten übliche Maß zu verringern.*******

Fortsetzung am 21.06.2020

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* Die Zusammensetzung der zukünftigen Bankleitzahlen wurde zwischen der Staatsbank der DDR und der Deutschen Bundesbank vereinbart. Sie garantierte eine Konvertierung von alt in neu bzw. von neu in alt. Vgl. Schreiben des Sparkassenverbandes der DDR an die Direktoren der Bezirksgeschäftsstellen des Sparkassenverbandes der DDR vom 23.04.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand

** Vgl. Schreiben des Sparkassenverbandes der DDR an die Direktoren der Bezirksgeschäftsstellen und die Direktoren der Sparkassen vom 15.06.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand

*** Zur Erinnerung: Der Zahlungsverkehr in der DDR war seit 1972 zu 100 % beleglos. Ausgenommen von der Verpflichtung waren Eilüberweisungen der Bundesbank, Platzüberweisungen und Schecks.

**** Geiger, Walter/ Günther, Hans-Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 223

***** Vgl. Schreiben des Vorstandsvorsitzenden der Kreissparkasse Oranienburg an den Präsidenten des OSGV vom 2. Januar 1991 zum Stahlwerk Hennigsdorf sowie Schreiben des Großversandhaus Quelle an den Präsidenten des Sparkassenverbandes der DDR Rainer Voigt vom 6. August 1990 wegen nicht eingegangener Zahlungen, Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP-E 698, HAP-E 699

****** Vgl. Geiger, Walter/ Günther, Hans Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 225

******* Jahresbericht 1990/1991. Hrsg. v. Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband, Berlin, 1992, S. 22

  • neue Vordrucke im Zahlungsverkehr

    Ab Juli 1990 mussten sich die Sparkassenkunden und auch die Sparkassenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter an zahlreiche neue Vordrucke im Zahlungsverkehr gewöhnen. : © Historisches Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes

  • In der Anlage (Auszug) der Vereinbarung über die Abwicklung des Zahlungsverkehrs nach der Währungsunion werden insegsamt 20 einzelne Regelungen aufgeführt. : © Historisches Archiv des OSV

Alles neu im Zahlungsverkehr – Teil 1

Blogserie, Teil 35.1

Die Unterschiede zwischen den Zahlungsverkehrssystemen beider deutscher Staaten hätten vermutlich nicht größer sein können. Sowohl in technisch-organisatorischer als auch in rechtlicher Hinsicht trafen hier zwei Welten aufeinander.

In der DDR wurde der Zahlungsverkehr aller Banken mit einem einzigen EDV-System namens ESER* abgewickelt. Dafür gab es in jeder Bezirkshauptstadt gemeinsame EDV-Stationen mit einheitlichen Buchungs- und Verrechnungsprogrammen. Die Verrechnung zwischen den Instituten erfolgte einzig und allein durch die Staatsbank, bei der jedes Kreditinstitut ein Konto zu führen hatte. Eine weitere Besonderheit war das Kontonummernsystem, das ebenfalls für alle Banken galt. Die sieben- bis maximal zwölfstellige Zahlenreihe vereinte Kontonummer, Bankleitzahl und Art des geführten Kontos in sich.

Täglich waren in der DDR insgesamt etwa 4 Millionen Verrechnungsposten zu bewältigen, welche seit Anfang der 1970er Jahre zu 100% beleglos vollzogen wurden.** Jeder vom Kunden papierhaft eingereichte Scheck oder Überweisungsträger wurde vor Ort bei der Sparkasse sofort in einen Datensatz umgewandelt, per Fernschreiber an die zuständige EDV-Station weitergeleitet und dort verarbeitet.

Im Binnensystem der DDR funktionierte der zentral gesteuerte und effiziente bargeldlose Zahlungsverkehr ausgezeichnet. Demgegenüber stand die geradezu schillernde Vielfalt des Zahlungssystems der Bundesrepublik.*** Es gab allein sieben verschiedene Gironetze mit ihren jeweiligen Clearingstellen, also Verrechnungsstellen gegenseitiger Forderungen. Selbst in der in sich geschlossenen Sparkassenorganisation konnte von einer einheitlichen Datenverarbeitung keine Rede sein. Sämtliche Technik und Verfahren der Zahlungsverkehrsabwicklung mussten durch ausgehandelte Abkommen, Vereinbarungen, Richtlinien o. ä. geregelt werden.****

Ein weiterer großer Unterschied war die automatische Belegbearbeitung bei den westdeutschen Instituten. Im Gegensatz zur vollständigen Beleglosigkeit im ESER-System der DDR wurden hier automationsfähige Zahlungsverkehrsbelege für Lastschriften, Überweisungen und Schecks maschinell erfasst; ermöglicht durch einen einheitlichen Codierzeilenaufbau und eine einheitliche Maschinenschrift. Die Belege leitete man dann bis zum Empfängerinstitut durch.

Allen Fachleuten war schon frühzeitig klar, daß sich mit der Einführung der D-Mark am 1. Juli 1990 neue Zahlungsströme entwickeln würden und daß das bisherige Zahlungsverkehrssystem sich den bundesdeutschen Gegebenheiten anzupassen hatte.*****

Denn das Zahlungsverkehrssystem der DDR ließ sich nicht mit den Anforderungen der Marktwirtschaft vereinbaren. Durch seine Beschränkungen behinderte es den Wettbewerb und den Aufbau eines vielfältigen, individuellen Dienstleistungsangebotes der einzelnen Kreditinstitute.

Im Vorfeld der Währungsunion wurden die Fragen des Zahlungsverkehrs in den Ausschüssen des Zentralen Kreditausschusses (ZKA) und in den Gremien der Spitzenverbände des Kreditgewerbes – West und Ost – diskutiert. Am 12. Juni 1990 unterzeichnete dann der Präsident des Sparkassenverbandes der DDR, Rainer Voigt, die Vereinbarung über die Abwicklung des Zahlungsverkehrs nach der Schaffung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik. Diese Vereinbarung wurde ab dem 1. Juli 1990 wirksam und regelte für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 1991 die rechtlichen und organisatorischen Belange der innerdeutschen Zahlungsverkehrsvorgänge. Neben einer Präambel, Grundsätzen und Einzelregelungen ist im Anhang eine Auflistung von 20 verschiedenen den Zahlungsverkehr betreffenden Vereinbarungen, Abkommen, Richtlinien und Absprachen enthalten.******

Fortsetzung am 16.06.2020

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* ESER = einheitliches System elektronischer Rechentechnik

** Vgl. Geiger, Walter/ Günther, Hans Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 218

*** Hergersberg, Johannes: Bargeldloser Zahlungsverkehr mit der DDR. In: Sparkasse, Nr. 7/90, S. 300

**** Vgl. ebd.

***** Geiger, Walter/ Günther, Hans Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 220

****** Vgl. Schreiben des Sparkassenverbandes der DDR an die Direktoren der Bezirksgeschäftsstellen und die Direktoren der Sparkassen vom 15.06.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand

  • Die ersten vier Zahlen der DDR-Kontonummern fanden sich in den vor 30 Jahren festgelegten Bankleitzahlen wieder. Die Kreissparkasse Meißen bekam zum Beispiel die BLZ 85055002. (Aus dem Bestand: Depositum der Sparkasse Meißen) : © Historisches Archiv des OSV

  • Am 11. Mai 1990 informierte der Verband die Sparkassen über die Umstellung im Rahmen des EDV-Projekts. : © Historisches Archiv des OSV

Neues bei der EDV

Blogserie, Teil 21

Seit 1972 wurde der Zahlungsverkehr in der DDR beleglos mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung durchgeführt.* Grundlage war ein einheitliches System langer Kontonummern, die auch die Funktion der Bankleitzahl hatten. Die ersten drei Zahlen standen für den Kreis. An vierter Stelle konnte eines von insgesamt neun Geldinstituten verschlüsselt sein, zum Beispiel Sparkasse mit der 2. Die Institute nutzten gemeinsame EDV-Programme und Rechenzentren des VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane. So befanden sich in allen 14 Bezirkshauptstädten und in Ost-Berlin Datenverarbeitungsstationen, die sämtliche Konten in den Bezirken führten. Alle Banken und Sparkassen mussten zudem an der zentralen Verrechnung über die Staatsbank teilnehmen und dort ein Konto halten.

Als reines Binnensystem, unter den Voraussetzungen einer festen Bankenstruktur mit einheitlichen Produkten und ohne Konkurrenz zwischen den Instituten, hatte das Zahlungsverkehrssystem lange funktioniert.** Rein technisch war schon das Hinzutreten neuer Geldinstitute mit dem begrenzten Kontonummernsystem nicht machbar. Grundsätzlich war das EDV-Einheitssystem nicht mit der Marktwirtschaft kompatibel. Es behinderte den Wettbewerb, erschwerte eine eigene Geschäftspolitik und die Etablierung individueller Leistungsangebote. Für die Ost-Sparkassen musste eine Lösung her. Der DSGV konstatierte:

„Der neu gegründete DDR-Sparkassenverband legt großen Wert auf möglichst schnelle EDV-Unterstützung, weil das bisherige Datenverarbeitungssystem auf die planwirtschaftliche Steuerung des Geldverkehrs durch die Staatsbank und auf eine sehr schmale Angebotspalette abgestellt war. Dieses System erlaubt keine individuelle Diversifizierung des Angebots durch unterschiedliche Banken und Bankengruppen. Eine besondere Datenverarbeitung auf die Bedürfnisse der DDR-Sparkassen abgestellt, ist deshalb unabweisbar.“ ***

Um ein leistungsfähiges einheitliches EDV-System zu bekommen, suchte der Sparkassenverband der DDR die Hilfe des Regionalverbandes in Niedersachsen und seines Rechenzentrums. Am 24. März 1990 wurde eine Kooperationsvereinbarung mit der dvg – Datenverarbeitungsgesellschaft der Niedersächsischen Sparkassenorganisation mbH in Hannover paraphiert.**** Auch der für die EDV der ostdeutschen Sparkassen zuständige Betrieb, der ab dem 1. April als VEB Datenverarbeitung der Geldwirtschaft firmierte, war mit an Bord. Nach der Vereinbarung begann er, Serviceverträge nach dem Muster der dvg mit ostdeutschen Sparkassen abzuschließen. Den Nutzen der Kooperation machte Verbandspräsident Rainer Voigt den Direktoren und Direktorinnen deutlich.

„Diese Vereinbarung wurde mit dem Ziel geschlossen, in einer langfristig angelegten Zusammenarbeit an der einheitlichen Entwicklung und wirtschaftlichen Nutzung der Datenverarbeitung für die Institute unseres Verbandes mitzuarbeiten. Das geschlossene Abkommen ist darüber hinaus die Basis zur Realisierung der künftigen Aufgaben des Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs unter marktwirtschaftlichen Bedingungen. Unsere Position im künftigen Geld- und Finanzmarkt des Landes können wir nur behaupten und ausbauen, wenn Sie, Ihre Mitarbeiter und die der anderen DDR-Sparkassen in die Lage versetzt werden, eine möglichst weit gefächerte Angebotspalette anzubieten und dv-mäßig verwalten zu lassen.“ *****

Bei der schrittweisen Erweiterung des Angebots, die am 26. April im Blog thematisiert werden soll, spielte die damals noch unzureichende EDV-Kapazität eine Rolle.****** Es war nicht möglich, sofort alle Produkte der bundesdeutschen Sparkassen zu übernehmen. Übernommen wurde jedoch rasch das Bankleitzahlensystem der Bundesrepublik, um den baldigen Zahlungsverkehr zwischen Ost und West zu gewährleisten. Vereinbart war zwischen der Bundesbank und der Staatsbank vor 30 Jahren, dass die 1. bis 3. Stelle durch die Deutsche Bundesbank vergeben wurde. An vierter Stelle stand die 5 für Sparkasse.******* Die fünfte bis achte Stelle füllte die vierstellige Vorsatzziffer der DDR-Kontonummer, die ja den Kreis angab. Auch hinsichtlich der Kontonummern gab es Änderungen, über die der Verband informierte. Sehen Sie dazu Bild 2 zu diesem Beitrag.

Fortsetzung am 12.04.2020

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* Vgl. Wysocki, Josef/ Günther, Hans-Georg: Geschichte der Sparkassen in der DDR 1945 bis 1990, 1996, S. 305 ff.

** Günther, Hans-Georg: Einheitliches DDR-Giroverkehrssystem, in: Deutsche Sparkassen-Zeitung, Nr. 20, 13.03.1990, S. 4; Bestand: Historisches Archiv des OSV

*** DSGV-Mitteilung Nr. 7, 27.3.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP-E 651/2010

**** Der Verbandsrat stimmte bei der ersten Sitzung mehrheitlich dafür. Vgl. Auszug aus dem Protokoll der Beratung des vorläufigen Verbandsrates des Sparkassenverbandes der DDR am 17.4.1990 – Vorlage 4/90; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP-E 651/2010

***** Sparkassenverband der DDR – Der Präsident, an die Direktoren der Stadt- und Kreissparkassen und Bezirksgeschäftsstellen des Sparkassenverbandes der DDR, betr. Sparkassen – Partner in Ost und West/ Zusammenarbeit im Bereich der Datenverarbeitung, 07.05.1990, S. 1; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAP-E 651/2010

****** Vgl. Rundschreiben Nr. 2 des Sparkassenverbandes der DDR – Verbandsdirektor, betr. Information über die schwerpunktmäßige Erweiterung der Produktenpalette, 26.04.1990, S. 2; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand

******* Vgl. Sparkassenverband der DDR – Verbandsdirektor, an alle Direktoren der Bezirksgeschäftsstellen des Sparkassenverbandes der DDR, betr. Beantragung der Bankleitzahlen, 23.04.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand

  • Im Juni 1983 erfolgte der Praxistest eines neuen Bankschalterterminals in der Zweigstelle 49, Greifswalder Straße. : © Historisches Archiv der Berliner Sparkasse

  • Die Arbeitsplätze in der Zweigstelle 49 mit der neuen EDV-Technikausstattung : © Historisches Archiv der Berliner Sparkasse

  • Beim Einsatzbeginn der ersten Bankschalterterminals waren anwesend (v. l. n. r.): Heinz Eckelmann, Direktor VEB DVF, Dr. Eberhardt Geißler, Abteilungsleiter EDV der Staatsbank der DDR, die Leiterin der Zweigstelle 49 und Siegfried Zausch, Direktor der Sparkasse der Stadt Berlin. : © Historisches Archiv der Berliner Sparkasse

Sparkasse der Stadt Berlin – Mustersparkasse für die EDV-Einführung

Mitte der 1960er-Jahre begann bei der Sparkasse der Stadt Berlin im Ostteil Berlins das Zeitalter der elektronischen Datenverarbeitung. Als erste Sparkasse in der DDR setzte sie die neue Technik im Spargiroverkehr in der Zweigstelle 5 am Rosenthaler Platz ein. In den folgenden Jahren wurde die EDV aus Rationalisierungsgründen auf alle Geschäftsbereiche der Sparkasse ausgedehnt.

Im Juni 1983 folgte der Mustereinsatz eines neuen EDV-Anwendungssystems mit mikroelektronischer Gerätetechnik zur Direktbearbeitung und Datensammlung für den baren und unbaren Zahlungsverkehr. Mitarbeiter beim Einführungsprojekt war Dr. Hartmut Meinunger, der jetzt bei einem Archivbesuch über die Inbetriebnahme berichtete. Nachdem die Entwicklung und Prüfung der Funktionsfähigkeit der neuen Technik bereits vorher bei der Staatsbank der DDR und beim VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane (VEB DVF) stattgefunden hatte, wurden die Schalterarbeitsplätze in zwei Geschäftsstellen der Sparkasse der Stadt Berlin mit Bankschalterterminals ausgestattet.

Ein Bankschalterterminal bestand aus einer Steuerungseinheit, aus einem Bildschirm, einer Mitarbeitertastatur, einem Drucker und einer Lese-/Schreibeeinheit für Geld- und Bedienerkarten mit Magnetstreifen. Zudem gab es eine Kundentastatur für die Eingabe der Geheimzahl. Die im direkten Kundenkontakt veranlassten Zahlungsvorgänge gelangten per Datenfernübertragung zu einem Zentralrechner des VEB DVF in Berlin und wurden dort verarbeitet. Die Übertragung der Daten erfolgte dabei über Telefonleitungen, die als gesonderte Standleitungen zum Zentralrechner führten. Damit konnten beim Spargiro- und Sparverkehr u. a. Ein- und Auszahlungen, Kontoabfragen, aber auch der Kassen- und Tagesabschluss sowie der Systemabschluss bearbeitet werden. Während des Mustereinsatzes wurde die Gerätetechnik weiterhin hinsichtlich der Zuverlässigkeit, des Antwortzeitverhaltens und der Fehlerbehebung getestet.

Zur Inbetriebnahme der neuen Technik in der Zweigstelle 49 in der Greifswalder Straße am 24. Juni 1983 waren neben Siegfried Zausch, Direktor der Sparkasse der Stadt Berlin, auch der damalige Abteilungsleiter EDV der Staatsbank der DDR, Dr. Eberhardt Geißler, und der Direktor des VEB DVF, Heinz Eckelmann, anwesend. Der Start der neuen Technik in der Zweigstelle 4 in der Leipziger Straße folgte wenige Tage später.

Die Sparkasse der Stadt Berlin war damit das erste Kreditinstitut im Bereich des Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe der sozialistischen Staaten (RGW), das mit dieser neuen mikroelektronischen Gerätetechnik arbeitete. Sie wurde in der DDR von verschiedenen Betrieben des VEB Kombinats Robotron produziert und wenig später auch im Schalterverkehr der Deutschen Post und der Deutschen Reichsbahn eingesetzt. International präsentiert wurden die Bankschalterterminals auf der Leipziger Frühjahrsmesse im März 1984.

Klaus-Dieter Marten, Historisches Archiv der Berliner Sparkasse