• Die Stadt Glashütte war die erste deutsche Gemeinde, die in Konkurs ging. (Ansichtskarte Verlag Albert Ernst in Dresden, gelaufen 1924; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Der Konkurs der Stadt Glashütte

Im März 1929 ereignete sich Unerhörtes. Die durch die Uhrenindustrie weltbekannte Stadt Glashütte in Sachsen musste einen Konkursantrag stellen. Das war das erste Mal, dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts in Konkurs ging. Die Überschuldung hatte mehrere Ursachen. Die Finanzpolitik des Reichs verschlechterte in der Weimarer Republik die finanzielle Lage der Gemeinden, insbesondere durch die Wegnahme der Einkommensteuer. Zugleich waren enorme soziale Lasten zu tragen. In Glashütte ging die Uhrenindustrie zurück. Dazu kam im Jahr 1927 eine Hochwasserkatastrophe. Die Stadt trug aber auch Mitschuld an der Misere. Sie hatte sich nämlich ausgiebig privatwirtschaftlich betätigt. Dies war riskant. Wenn öffentliche Gelder in Unternehmen investiert wurden, die in privatrechtlicher Rechtsform organisiert waren, so bestand die Gefahr des Einfrierens beziehungsweise Versickerns des Kapitals. Unter dem Vorwand, für die heimische Industrie Kredite zu beschaffen, nahm Glashütte zum Beispiel 1924 zu ungünstigen Konditionen ein Darlehn über eine Million Reichsmark auf. Die Finanzmittel wurden vor allem in unproduktive kommunale Unternehmen investiert, da der Bedarf der privaten Firmen mittlerweile wegen des Rückgangs der Aufträge gesunken war. Eine Zinstilgung war so nicht möglich.

Schließlich hatte die kleine Stadt über zwei Millionen Reichsmark Schulden. Nach der Konkurseröffnung wurden sogar insgesamt fast drei Millionen Reichsmark Forderungen angemeldet. Im Sommer 1929 wurde das Konkursverfahren eröffnet. Das sächsische Innenministerium hatte zu diesem Zeitpunkt bereits verordnet, dass viele Vermögensgegenstände unentbehrlich für die Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben seien und deswegen für diese ein Pfändungsverbot bestehe. Die Stadt focht dies an und klagte. Ihr gesamtes Vermögen gehöre aus dem Grund nicht zur Konkursmasse. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht verkürzte schließlich durch ein Urteil vom 3. Mai 1930 den Schutz auf einen Teil des Vermögens. Dies hieß etwa für die örtliche Girokasse und die Sparkasse, dass zwar das Inventar, aber nicht die Einlagen Vollstreckungsschutz genossen. Zu diesem Zeitpunkt besaßen die kommunalen Geldinstitute noch keine eigene Rechtspersönlichkeit und ihr Vermögen war nicht von dem des Trägers getrennt. Dies wurde erst am 6. Oktober 1931 vom Reich angewiesen. Sachsen verordnete am 21. September 1931, dass fortan an Stelle des Konkurses von Gemeinden als Liquidationsverfahren die staatliche Verwaltung unter Kommissaren stattfinden sollte. Ende des Jahres schloss das Konkursverfahren mit einem Vergleich. Der Freistaat Sachsen war Treuhänder. Um die verbliebenen Schulden zu begleichen, musste Glashütte unter anderem seine städtischen Werke verkaufen.

Quellen:
– Richter, Siegfried: Die Haftung des Staates als Träger der Gemeindeaufsicht in Sachsen, unter Berücksichtigung des Konkurses der Stadt Glashütte. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde bei der Juristischen Fakultät der Universität Leipzig. Ebersbach in Sachsen. 1932.
– Hornfischer, Felix: Die Insolvenzfähigkeit von Kommunen. Stuttgart. 2010.

  • Im Neuen Rathaus feierte die Sparkasse vor 100 Jahren in bescheidenem Rahmen ihren Geburtstag. (Ansichtskarte Kunstverlag Rudolf Brauneis in Dresden, versendet 1911; Bestand: Historisches Archiv des OSV)

Die Jubiläumsfeier der Dresdener Sparkasse

Gestern wurde die Sparkasse in Dresden 200 Jahre alt. Solch ein runder Geburtstag ist ein Anlass, zurückzublicken. So tat es die damalige Stadtsparkasse Dresden vor 100 Jahren. Aufgrund der schwierigen Zeiten schien eine festliche Begehung des Jubiläums nicht angebracht. Es fand lediglich eine schlichte Gedenkstunde im großen Ratssitzungssaal des Neuen Rathauses statt. Eine Festschrift hatte man aufgrund der inflationsbedingten Teuerung nicht angefertigt. Jedoch lagen Akten zur Entstehung der Sparkasse, Sparkassenbücher aus verschiedenen Zeiten, die ersten Kontenbücher und Namensverzeichnisse aus dem Jahr 1821 sowie Flugblätter aus der Gründungszeit im Saal aus. Die Gäste konnten diese historischen Dokumente besichtigen.

Erschienen waren Mitglieder des Rates, der Stadtverordneten und eine große Anzahl Ehrengäste, darunter Vertreter des Innenministeriums, der Kreishauptmannschaft, des Sächsischen Sparkassenverbandes, der Reichsbank und der Privatbanken. Auch Abordnungen der Beamten und Angestellten der Sparkasse waren zugegen. Oberbürgermeister Curt Blüher begrüßte die Anwesenden und sprach der Stadtsparkasse die Glückwünsche des Rates aus. Er dankte dem Personal für seine engagierte und erfolgreiche Arbeit. Blüher gab bekannt, dass die städtischen Körperschaften beschlossen hatten, für 100.000 Mark Geschenksparbücher auszustellen. Die Betriebsüberschüsse der Sparkasse machten dies möglich. Je 250 Mark Einlage waren für Kriegswaisen und Kinder von Kriegsbeschädigten, die Ostern 1921 die Schule verließen, bestimmt.

Es folgten weitere Ansprachen. Zuletzt war Sparkassendirektor Dr. jur. Graupner an der Reihe. Er hielt einen Vortrag über die Entwicklung der Dresdener Sparkasse. Sie gehörte mittlerweile zu den größten Sparkassen im Deutschen Reich. Auch den Ersten Weltkrieg, in dem die Sparkassen durch den Erwerb und Vertrieb von Reichsanleihen zur Finanzierung der Kriegsführung beigetragen hatten, thematisierte er. Nun galt es, die Geschäfte zeitgemäß zu gestalten. Damit meinte er den Wandel zum Universalinstitut, der schrittweise vonstatten ging. Der Direktor beendete seine Rede mit dem Wunsch, dass es der Stadtsparkasse auch in Zukunft gelingen möge, Tradition und Moderne zu vereinen, also bei der notwendigen Weiterentwicklung die Wurzeln nicht zu vergessen.

  • Der sächsische König Friedrich August I. genehmigte nicht nur die Sparkassengründung, sondern gewährte auch einen jährlichen Zuschuss von 100 Talern zu den Verwaltungskosten. (Lithographie von Maximilian Knäbig, 1840; Bestand: Historisches Archiv des OSV) : © Historisches Archiv des OSV

  • Der erste Standort der Dresdner Sparkasse war "am Seethor, dem Wachhaus gegenüber [...]". Sie ist die älteste der heute noch bestehenden Sparkassen in Sachsen. Ihre Satzung wurde Vorbild für viele der danach gegründeten sächsischen Sparkassen.

  • Ein- und Auszahlungen in Konventionsgeld wurden 1821 noch in sog. Quittungsbüchern, den späteren Sparkassenbüchern, vermerkt. Jeder Kunde erhielt ab der ersten Einlage so ein Buch, das bares Geld wert war. Denn Rückzahlungen erfolgten laut Regulativ "unweigerlich an den Ueberbringer des Quittungsbuches; und die Kasse ist jedenfalls nur für den in diesem Buche angemerkten Betrag verantwortlich". : © Sparbuch von 1909, Historisches Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes

  • Der Dresdner Schriftsteller Friedrich August Schulze, alias Friedrich Laun, schrieb 1822 den Roman "Die Sparkasse". Er verwendete so viele Details seiner Heimatsparkasse, dass wir uns heute ein sehr realistisches Bild von den Anfängen des damaligen Betriebs machen können.

Für die Menschen vor Ort: Vor 200 Jahren wurde die Dresdner Sparkasse eröffnet

Am 3. Februar 1821, einem Sonnabend, öffnete in Dresden erstmals eine Sparkasse ihre Türen. Zugutekommen sollte diese neue Anstalt den ärmeren Einwohnern der Stadt, „besonders denen der dienenden und arbeitenden Klasse“. Kleine Ersparnisse „sicher und gegen Zinsen“ anlegen zu können, war das erklärte Ziel. Auf diese Weise sollte für schlechte Zeiten vorgesorgt werden. Daher waren Einzahlungen schon ab acht Groschen möglich und durften 30 Taler nicht überschreiten. Für jeden „vollen Thaler“ gab es monatlich einen Pfennig an Zinsen – und zwar schon ab dem ersten Tag des folgenden Monats.

Ähnliche, am Gemeinwohl orientierte, Initiativen hatte es im Königreich Sachsen bisher nur von Standesherren in Königsbrück und Waldenburg gegeben. Beide richteten bereits 1819 örtliche Sparkassen ein und sorgten mit ihrem Privatvermögen für die Absicherung der getätigten Einlagen. Die dritte sächsische Sparkassengründung in der königlichen Haupt- und Residenzstadt hob sich von diesen beiden Unternehmungen deutlich ab. Denn sie ging auf das große Engagement lokaler Kaufleute und Bankiers zurück. Vorbilder dafür gab es lediglich außerhalb des Königreichs.

Einen Denkanstoß für die Entwicklung einer solchen Bürgerinitiative haben wir Polizeirat Johann Daniel Merbach zu verdanken. Er beschäftigte sich 1818 – also bevor es überhaupt Sparkassen in Sachsen gab und zu einer Zeit, da in der Stadt das Armenwesen neu organisiert wurde – ernsthaft mit der Gründungsidee für Dresden. Für ihn war es wichtig, „dem gänzlichen Verarmen und insbesondere den gefährlichen Folgen entgegenzuwirken“. In einem Vortrag vor dem Stadtpolizei-Kollegium unterstrich er, „daß die Sparkassen unter die Verhütungs- und Sicherheits-Anstalten gegen die Gefahr der Armuth, mithin ebenso mit Recht unter die Kategorie der Polizei-Anstalten gehören.“

Der armenpflegerische Hintergrund trug ganz wesentlich zur Entstehung der Sparkasse in Dresden bei. Polizeipräsident von Rochow war derart angetan von dem Gedanken, so eine Anstalt in seiner Stadt zu haben, dass er vertiefende Informationen zu Gründungen in anderen Staaten einholte und Umsetzungsmöglichkeiten in Dresden direkt im Stadtpolizei-Kollegium beraten ließ. Zwei Wege kamen in Betracht: Eine Kopplung an das seit 1768 bestehende Leihhaus oder aber die Inanspruchnahme des Wohltätigkeitsvereins „Zu Rath und That“. Da die Stadt der ersten Variante eine Absage erteilte, blieb noch der Verein. Dieser war bereits seit 1803 in Dresden tätig und hatte sich auf die Fahnen geschrieben, „der Verarmung der Einwohner hiesigen Orts entgegen zu arbeiten.“ Der ideale Partner also für ein altruistisches Projekt wie die Sparkassengründung. Von Rochow war selbst Vereinsmitglied und konnte sich der Offenheit für dieses neuartige Vorhaben sicher sein. Das Problem, das sich jedoch herauskristallisierte, war die Unterbringung und die gewünschte Verzinsung der Sparkassengelder in Höhe von fünf Prozent.

Fast wäre die Gründungsoffensive daran gescheitert. Doch nun traten eben die erwähnten Bankiers und Kaufleute in Erscheinung. Wohlhabende und angesehene Bürger der Stadt, manch einer Mitglied im Verein „Zu Rath und That“ und alle interessiert daran, Gutes zu tun. Sie ersuchten den König, die Sparkassengründung zu genehmigen, boten die ehrenamtliche Übernahme des Betriebs an, zahlten die Zinsen für Sparkassengelder in Höhe von fünf Prozent und garantierten die Sicherheit der Einlagen. Ihr Einsatz wurde belohnt. Drei Tage vor seinem 70. Geburtstag, am 20. Dezember 1820, stimmte Friedrich August I. der Eröffnung der ersten sächsischen Vereinssparkasse zu. Das Regulativ wurde von ihm am 1. Februar 1821 genehmigt. Zusätzlich unterstützte der Monarch das Vorhaben mit 100 Talern pro Jahr zur Deckung der Verwaltungskosten.

Auch die ersten Räumlichkeiten „am Seethor, dem Wachhaus gegenüber“ gehen auf das königliche Wohlwollen zurück. Denn im September 1820 bezog bereits die Schützesche Unterrichts- und Beschäftigungsanstalt für erwachsene Blinde das ehemalige Akzisehaus (Zollhaus) vor dem Seetor. Der König hatte es Heinrich Ferdinand Schütze überlassen, der sich als gut situierter Kaufmann nicht nur für diese Anstalt unermüdlich einsetzte, sondern auch selbst zu den aktiven Sparkassengründungsmitgliedern gehörte. Ab 1821 beherbergte das Gebäude dann zwei wohltätige Einrichtungen für die Stadt Dresden.

Bis die Sparkasse am 16. Mai 1828 von der Stadt Dresden übernommen wurde, entwickelte sie sich zu einem von Grund auf soliden Institut. Bereits im ersten Jahr waren 27.544 Taler auf insgesamt 1.275 Sparbüchern zu verzeichnen. Die Einlagenbestände wuchsen stetig weiter und betrugen 1828 insgesamt 82.435 Taler. Die Einwohner Dresdens nahmen die Möglichkeiten, die ihnen ihre örtliche Sparkasse bot, gern an. Die „Flure des Sparkassengebäudes [sind] voll von Leuten beider Geschlechter und jedes Alters“, führt der zeitgenössische Schriftsteller Friedrich August Schulze, alias Friedrich Laun, in seinem Roman „Die Sparkasse“ 1822 aus und weiter heißt es: „Der Sonnabend ist der Tag, wo die Kasse geöffnet wird […] der Zulauf [ist] so groß, daß das Institut ausdrücklich erklärt hat, Summen über dreißig Thaler nicht annehmen zu können.“

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Buchempfehlung!
Wysocki, Josef: Stadtsparkasse Dresden 1821-1996, Geschichte und Gegenwart, Stuttgart, 1996.

Bildquellen:
Seetor, in: Krause, Bruno:  Die geschichtliche Entwicklung der Königlichen Haupt- und Residenzstadt Dresden vom sorbischen Dorfe an bis zur jetzigen Großstadt, Dresden, 1893.
Portrait F. Laun, in: Friedrich Laun’s gesammelte Schriften, Stuttgart, 1843.

  • Stempel des Einheitszinssatzes in einem Sparbuch der Stadtsparkasse Dresden : © Historisches Archiv des OSV

Der Einheitszinssatz der DDR

Zum Jahresbeginn 1971 wurde er eingeführt, der einheitliche Zinssatz für Spareinlagen. Damit wurde Zinsaufwand gespart. Bis zur Wendezeit sollte der Satz von 3,25 % gültig bleiben. Grundlage für die Änderung vor 50 Jahren war ein Ministerratsbeschluss. Bis Ende 1970 wurden Spareinlagen je nach ihrer Laufzeit unterschiedlich verzinst. Nun erklärte man alle bestehenden Laufzeit- und Kündigungseinlagen als frei verfügbar. Aber wie sollten die Sparkassen ihren Kunden die Neuerung erklären? In unserem Archiv ist in der Akte HAP-E 472/2010 ein Entwurf der Staatsbank der DDR für eine Argumentation erhalten, der hier veröffentlicht wird. Es handelt sich um ein interessantes Dokument zum sozialistischen Sparkassenwesen.

„Seit der Gründung unserer Republik wird der Entwicklung des Sparwesens eine große Bedeutung beigemessen. Wie auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens, so ist auch die Sparpolitik als Teil der Gesamtpolitik darauf gerichtet, die Übereinstimmung zwischen den persönlichen Interessen, d.h. den Interessen der Sparer, mit den gesellschaftlichen Interessen herzustellen. Eine solche Übereinstimmung ist nur im sozialistischen Staat möglich, weil nur er über die bewußte Ausnutzung der ökonomischen Gesetze des Sozialismus, insbesondere durch die Gestaltung des gesellschaftlichen Systems als einheitliches Ganzes, eine den Interessen der gesamten Bevölkerung dienende Entwicklung gewährleisten kann. Das zeigt sich z. B. darin, daß die Regierung der DDR die Sicherheit der Spareinlagen und die absolute Steuerfreiheit dieser Einlagen garantiert. Diese Garantieerklärung bedeutet nicht nur, daß der Sparer jederzeit die von ihm eingezahlte Summe zurückerhalten kann, sondern der sozialistische Staat garantiert ihm gleichzeitzig, daß das von ihm eingezahlte Geld zu jedem späteren Zeitpunkt zumindest den gleichen Wert repräsentiert.

Um allen Bürgern unserer Republik für die Anlage ihrer Ersparnisse in Spareinlagen oder Wertpapieren gleiche Bedingungen zu sichern und sie damit am volkswirtschftlichen Nutzeffekt der angelegten Ersparnisse mit gleichen Anteilen zu beteiligen, hat der Ministerrat der DDR beschlossen, ab 1. Januar 1971 alle Spareinlagen und Wertpapiere einheitlich mit 3 1/4 % jährlich zu verzinsen. Mit dieser Maßgabe unserer Regierung erhalten von diesem Zeitpunkt ab über 15 Millionen Sparer in unserer Republik eine höhere Verzinsung ihrer Spareinlagen. Damit findet die ständig wachsende Wirksamkeit des ökonomischen Systems des Sozialismus auch im Nutzen für jeden Einzelnen ihren Ausdruck. Mit der Erhöhung des Normal-Zinssatzes für Spareinlagen von 3 % auf 3 1/4 % ist gleichzeitig die Abschaffung der sogenannten langfristig angelegten Spareinlagen und Wertpapiere zu 4 % und 5 % verbunden. Auch diese Spareinlagen und Wertpapiere werden ab dem 1. Januar 1971 mit 3 1/4 % verzinst. Damit wird die differenzierte Verzinsung der Spareinlagen und Wertpapiere beseitigt, die ökonomisch nicht gerechtfertigt ist, da mit allen Einlagen der gleiche volkswirtschaftliche Nutzeffekt erzielt wird.

Hinzu kommt noch, daß die mit einer bestimmten Laufzeit angelegten Spareinlagen nach Beendigung dieser Frist von 1 bzw. 3 Jahren frei verfügbar werden und trotzdem dafür noch weiter die höhere Verzinsung gewährt wurde. Für diese Einlagen bestand also hinsichtlich der Verfügungsmöglichkeiten gar kein Unterschied zu den zu 3 % angelegten Guthaben anderer Sparer. Mit der Regelung erhielten rund 10 % der Sparer bzw. der Besitzer von Wertpapieren ökonomisch nicht gerechtfertigte Vorteile gegenüber allen anderen Sparern. Die Sicherung der ständigen Übereinstimmung zwischen den persönlichen und den gesellschaftlichen Interessen erforderte, diese Faktoren, die zu einer nicht gerechtfertigten Differenzierung auf dem Gebiete des Sparwesens führten, durch die Festlegung des einheitlichen Zinssatzes von 3 1/4 % jährlich, der für die überwiegende Mehrheit der Sparer finanzielle Vorteile mit sich bringt, zu beseitigen.“

  • gestaltet von Rudolf Pfennigwerth, ca. Ende 1920er/1930er Jahre : © Historisches Archiv des OSV

Weihnachtszeit ist Märchenzeit

Viele städtische Sparkassen förderten ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert den Kleinspargedanken und trugen damit zur Sparerziehung bei. Schön gestaltete Sparkarten, wie diese hier aus Dresden, sprachen besonders Kinder und Jugendliche an. Konnten sie regelmäßig einen bestimmten Betrag – zuerst 10 Pfennige, später oft auch 50 Pfennige – erübrigen, war die Karte oder auch ein kleines Heft schnell bis aufs letzte Feld beklebt mit Sparmarken. Die Gutschrift auf ein Sparbuch erfolgte anschließend bei der örtlichen Sparkasse.

Was bei Kindern und Jugendlichen mindestens genauso gut ankam, waren Märchen. Für Erwachsene aufgeschrieben, von Kindern gern gehört, bietet die besinnliche Weihnachtszeit bis heute einen ganz besonderen Rahmen für phantastische Geschichten und Träumereien. Wie inspirierend Dresden für E.T.A. Hoffmann, einen der bekanntesten Dichter der Romantik, war, lässt sich im „Märchen aus der neuen Zeit. Der goldne Topf“ nachlesen: Am Himmelfahrtstage, nachmittags um drei Uhr, rannte ein junger Mensch in Dresden durchs Schwarze Tor, und geradezu in einen Korb mit Äpfeln und Kuchen hinein, die ein altes häßliches Weib feilbot […]

Entdecken Sie das Märchen, das 1814 in einer schweren, krisenbehafteten Zeit entstand, noch einmal neu und lassen Sie gemeinsam mit unserem Studenten Anselmus, dem Helden der Geschichte, die reale Alltagswelt hinter sich, um in das Reich der Phantasie einzutauchen. Erleben Sie die königliche Haupt- und Residenzstadt Dresden zu einer Zeit, in der nur wenige Jahre später eine Sparkasse eröffnet wurde, um dem gänzlichen Verarmen und insbesondere den gefährlichen Folgen entgegenzuwirken.*

Ja, die Sparkasse in Dresden feiert im kommenden Jahr tatsächlich schon ihren 200. Geburtstag. Doch darüber berichten wir später. Nun ist erst einmal Weihnachten und wir Blogautoren wünschen Ihnen eine gesunde, friedliche & vor allem märchenhafte Zeit!

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*zitiert nach Wysocki, Josef: Stadtsparkasse Dresden 1921–1996. Geschichte und Gegenwart. Hrsg. von d. Stadtsparkasse Dresden, Stuttgart, 1996. S. 13; vgl. auch Böhmert, Victor: Das sächsische Sparkassenwesen von 1821 bis 1881. In: Die Sparkasse, 1883, Nr. 62, S. 3.

  • Viele Einlagen und wenig Kredite - so sah es vor 30 Jahren nicht nur bei der drittgrößten Sparkasse der DDR, der Stadtsparkasse Dresden, aus. : © Historisches Archiv des OSV/ Bestand HAP - E 642/2010

Aufbau des Kreditgeschäfts

Blogserie, Teil 42

Der Umfang des Kreditgeschäfts der DDR-Sparkassen war vor 30 Jahren verhältnismäßig gering, was an der jahrzehntelangen Aufgabenverteilung im sozialistischen Bankensystem und der Planwirtschaft lag.* Der Marktanteil der Sparkassen betrug zur Währungsunion bei den Spareinlagen knapp 81 Prozent, bei den Krediten jedoch nur 4,2 Prozent. In erster Linie waren Kredite für den privaten Wohnungsbau, aber auch Konsumentenkredite, etwa Darlehn für junge Eheleute, und geringfügig gewerbliche Kredite im Bestand.

Zum Kundenstamm im Bereich Firmenkredit gehörten vor allem kleinere private Handwerks-, Handels- und Dienstleistungsbetriebe. Sie waren ein entscheidender Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung in den Regionen und beim Wachstum des Kreditgeschäfts.** Bereits durch das ERP-Programm konnten die Sparkassen in diesem Segment Fuß fassen und zum Beispiel Existenzgründer unterstützen. Die Kreditausweitung in der zweiten Jahreshälfte 1990 beruhte sogar fast vollständig auf der Nachfrage der mittelständischen Wirtschaft. Das Volumen der Unternehmenskredite hat sich in dieser Zeit mehr als versechsfacht.***

Für den Aufbau des Kreditgeschäfts waren das Sparkassengesetz vom 29. Juni 1990, das die örtliche Kreditversorgung als Aufgabe hervorhob, und die Sparkassenanordnung vom 26. Juli maßgebend. Sie ermöglichten eine universelle Betätigung. So waren Körperschaftskredite, gesicherte Personalkredite und Blankokredite erlaubt. Die Produktpalette wurde angepasst. Zum Beispiel konnten Privatkunden Dispositionskredite und frei verfügbare Anschaffungskredite bekommen, wobei die Bonität der Schuldner zu beachten war.**** Zum Realkredit war festgelegt:

„Darlehen können gegen Grundpfandrechte und Schiffshypotheken gewährt werden. Die Beleihung darf die ersten drei Fünftel des Wertes des Grundstücks, Schiffs- oder Schiffsbauwerks nicht übersteigen. Der bei der Beleihung angenommene Wert des Grundstückes darf den durch sorgfältige Ermittlung festgestellten Verkehrswert nicht übersteigen. Bei der Feststellung dieses Wertes sind nur die dauernden Eigenschaften des Beleihungsobjekts und der Ertrag zu berücksichtigen, welchen dieses Grundstück bei ordnungsgemäßer Wirtschaft jedem Besitzer nachhaltig gewähren kann. Im übrigen sind die nach Anhörung des Sparkassenverbandes von der obersten Sparkassenaufsichtsbehörde zu erlassenden Beleihungsgrundsätze anzuwenden.“ *****

Die rechtlichen Voraussetzungen waren gegeben. Allerdings mangelte es an fachlichem Wissen und praktischen Erfahrungen. Unter anderen mussten die verschiedenen persönlichen und sachlichen Kreditrisiken, die Bonität des Kreditnehmers, die Verhältnismäßigkeit des Kredits zur Ertragskraft des Beleihungsobjektes richtig eingeschätzt werden.****** Auch im Firmenkundengeschäft gab es viele Unsicherheitsfaktoren, welche die Beurteilung der Bonität des Kunden und des wirtschaftlichen Erfolgs der Finanzierung erschwerten. Andererseits mochte einer auf Vertrauen basierenden Finanzierung eines örtlichen Unternehmens in der Gründungsphase eine langfristige Partnerschaft folgen. Wenn aber Kreditbetrüger auf unkundige DDR-Sparkässler trafen, so konnte auch großer Schaden entstehen.******* Es bestand ein enormer Nachholbedarf zur Qualifizierung des Personals. Schulungen zum gewerblichen Kreditgeschäft wurden von den westdeutschen Sparkassenakademien angeboten. Dringend notwendiges Know-how brachten auch die Kollegen aus den Partnersparkassen und die neuen Vorstände mit.

Fortsetzung am 20.07.2020

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* Der Schwerpunkt der Kredite lag beim privaten Wohnungsbau. Maßgebend war aber auch in diesem Bereich nicht die Finanzkraft der Darlehnssuchenden, sondern die Verfügbarkeit von Baukapazitäten. Den Großteil bekam der Massenwohnungsbau vom SED-Staat zugewiesen. Ein geringer Teil des Wohnungsbauvolumens wurde privaten Bauvorhaben zugestanden. Materialmangel war ein großes Problem.

** Vgl. Jahresbericht 1990/91 des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes, S. 17

*** Vgl. Geiger, Walter/ Günther, Hans-Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 317

**** Deswegen nahm zum 2. Juli 1990 die SCHUFA – Ostdeutsche Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung GmbH, an der der DDR-Sparkassenverband beteiligt war, die Arbeit auf.

***** Anordnung über den Betrieb und die Geschäfte der Sparkassen (Sparkassenanordnung) vom 26. Juli 1990, § 14, in: Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 56, 30.08.1990, S. 1276

****** Zu dargestellten Problematik verfasste Bernd Großmann vom DSGV für die Verbandsleitung des DDR-Sparkassenverbandes ein aufschlussreiches Gutachten und mahnte insbesondere angesichts der fehlenden Kreditpraxis zur Zurückhaltung. Vgl. Bernd Großmann: Anlagenpolitik, 09.07.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA – 76/2004

******* Vgl. Geiger/ Günther, 1998, S. 215