Auch in der DDR wurde Sparkassengeschichte geschrieben, zum Beispiel vor 50 Jahren von einer sozialistischen Arbeitsgemeinschaft der Sparkassen im Bezirk Halle. Sie veröffentlichte eine Erfolgsbilanz der Jahre seit 1945, die zeittypisch ideologisch geprägt ist. So wurde etwa der Begriff „Nationalsozialismus“ vermieden. Das Ende des Zweiten Weltkriegs und des „Faschismus“ markiere einen Neubeginn. Die Sparkassen wurden geschlossen, neue Sparkassen ohne Rechtsnachfolge gegründet. „Sie stellten etwas völlig Neues dar und hatten auch ihrem Wesen nach mit den bisherigen Sparkassen nichts gemeinsam.“ Außerdem habe sich der Spargedanke verändert. Vorsorgesparen sei im „ersten deutschen Arbeiter-und-Bauern-Staat“ nicht mehr notwendig.
„Die Regierung der DDR garantierte von Anfang an den Bürgern die Sicherheit ihrer Spareinlagen. Sie konnten sich mit Optimismus und Zuversicht für ein Sparen aus neuen Motiven entscheiden. Die Beweggründe für das Sparen liegen nicht mehr in den Existenzsorgen und der Lebensunsicherheit kapitalistischer Verhältnisse begründet. Der für das kapitalistische System typische Werbespruch ‚Spare in der Zeit, so hast du in der Not‘ hat bei uns keine Berechtigung mehr. Die Bürger unserer Republik sparen, weil sie sich ihr persönliches Leben immer schöner gestalten wollen. Sie tun es im Bewußtsein, daß sich die sozialistische Wirtschaft krisenfrei und planvoll im Interesse aller Werktätigen entwickelt und damit alle Voraussetzungen hat, daß die Spareinlagen nicht mißbraucht werden.“
Aufgabe der „volkseigenen“ Sparkassen war es, die „Arbeiterklasse“ entsprechend der ihr zugedachten Rolle in der Gesellschaft zum Hauptträger der Spartätigkeit „zu entwickeln“. Im Auftrag der „Partei der Arbeiterklasse“ und der Regierung wirkten die Sparkassen als sozialistische Geld- und Kreditinstitute der Bevölkerung, so heißt es in der Schrift. Ihre große volkswirtschaftliche Aufgabe war zunächst, „das Sparen bei den Bürgern unserer Republik zum Bedürfnis werden zu lassen“. Das wurde staatlich gefördert. Für die individuelle Spartätigkeit sei dabei die nur unter sozialistischen Verhältnissen mögliche Verankerung der Garantieerklärung der Regierung für die Einlagen im Statut der Sparkassen 1956 sehr wichtig gewesen. Mit verschiedenen Zwecksparformen und Werbemaßnahmen wurde das Sparen populär gemacht. 1970 war die Gewinnung von Sparern dann nicht mehr vordringlich.
„Die hochentwickelte Spartätigkeit der Bevölkerung in der DDR nimmt heute innerhalb des sozialistischen Lagers den führenden Platz ein. Das war möglich, weil das Bewußtsein der Bevölkerung, ihr Vertrauen zum Staat sowie zu den Sparkassen und Banken gewachsen war und sich das Realeinkommen aller Klassen und Schichten erhöhte.“
Aber was geschah mit den ganzen Spareinlagen? Das Geld wurde nicht wie zuvor „den Herrschaftsgelüsten des deutschen Imperialismus geopfert“, sprich zur Kriegsfinanzierung genutzt. Dass den Sparkassen 1958 die Finanzierung und die Kontrolle des gesamten Wohnungsbaus als Aufgabe übertragen wurde, beweise die Übereinstimmung der gesellschaftlichen mit den persönlichen Interessen. Im Sozialismus diene nämlich jedem einzelnen, was der Gesellschaft nütze. Im Bezirk Halle, der sich zum „Chemiezentrum“ der DDR entwickelte, erlebte der Wohnungsbau mit Hilfe der Sparkassen einen enormen Aufschwung. Die Bilanz war eindrucksvoll.
„Der Aufbau der Chemiearbeiterstadt Halle-Neustadt stellt einen besonderen Schwerpunkt dar. Um die für die Chemiegiganten Leuna und Buna notwendigen Arbeitskräfte zu konzentrieren, wurde 1964 mit dem Bau einer modernen, sozialistischen Wohnstadt begonnen. Die Zahlen der bis Ende 1969 gebauten und von der Sparkasse Halle finanzierten Wohnungen und Gemeinschaftseinrichtungen zeigen die große Rolle der Spareinlagen als Finanzierungsquelle:
- Wohnungsneubau 10 850 Wohnungen
- Schulen 6 480 Plätze
- Kindergärten 2 480 Plätze
- Kinderkrippen 1 018 Plätze“