• Dieses Foto von Julius Dörr ist wahrscheinlich 1927 entstanden. : © Oderlandmuseum Bad Freienwalde

Der dichtende Sparkassenrendant

Julius Dörr kam am 23. Juni 1850 in Prenzlau auf die Welt. Seine Ausbildung absolvierte er im Büro des Magistrats der Stadt und dann beim Landratsamt in Angermünde.* Er wirkte zunächst ab 1. Januar 1875 als Kontrolleur der dortigen Kreiskommunalkasse und Kreissparkasse. Weil deren Rendant kränkelte, übernahm er dessen Arbeit ab Anfang 1877 mit. Nach seiner Beurlaubung wurde er am 1. Mai 1878 übergangsweise und nach Beschluss vom 16. Dezember 1878 fester Rendant. Doch Dörr blieb nicht in seiner uckermärkischen Heimat.

Weil er sein Gehalt bei einem größeren Institut verbessern wollte, wechselte er zum 1. Februar 1881 kurzfristig nach Freienwalde. Es gab eine freie Stelle, weil der Kassenführer der Oberbarnimer Kreiskommunal- und Kreissparkasse verstorben war. Dörr wirkte dort sehr erfolgreich als Rendant und leitete das Geschäft. In Anerkennung seiner Verdienste verlieh ihm der Kreis anlässlich des 25. Thronjubiläums des Kaisers im Juni 1913 den Titel Kreissparkassendirektor. Zum 1. April 1920 wurde er sogar noch offiziell als Direktor angestellt und damit ein letztes Mal höhergruppiert.

Nach über 40-jähriger Dienstzeit bei der Kreissparkasse Oberbarnim ging Dörr am 1. April 1921 in Pension. Er verstarb am 8. Juli 1930 und wurde in Bad Freienwalde begraben. Aber nicht als Sparkässler, sondern unter anderem als Mundartautor ist Julius Dörr heute besser bekannt. Er verfasste zum Beispiel Werke im Plattdeutsch der Uckermark, etwa dieses mit dem Titel „Ik reek nich rup“ (Ich reiche nicht rauf). Aus dem bäuerlichen Leben stammten viele Inhalte seiner Gedichte.

An’t Spinnrad sitt de schmuck Marie
Da schliekt sich sacht der Hans herbi
He fröggt nich lang, de Vagelbund
He püßt er midden up den Mund

Na töf, du Ströper, schellt Marie
Gliek biddst du’t af, dat segg ik di
Un nimm di’t ja nich wedder rut
Sünst is’t mit unse Fründschaft ut

Nu wes‘ man god und lat dat Grolln
Du brukst den Puß ja nich beholln
Fix giff’n mi torügg, Marie
Ik bün darüm nich bös mit di

Nu treckt Marie woll erst ne Schipp
Ach nä, se krüst de rode Lipp
un kiekt to Hansen fründlich up
Ik kann jo nich, ik reek nich rup

Da hett de Hans sich ielig bückt
Noch mänchen söten Puß sich plückt
Un schmuck Marie gaff Stück vör Stück
De Münz em ungetellt torügg

* Die Informationen zum beruflichen Werdegang sind der Personalakte im Brandenburgischen Landeshauptarchiv entnommen.

  • Übersicht über den Stand der brandenburgischen Sparkassen per 30.06.1949, Anlage zum Rundschreiben Nr. 26/49 des Brandenburgischen Sparkassenverbandes (Ausschnitt); Angaben in Tausend Deutsche Mark der Deutschen Notenbank : © Historisches Archiv des OSV

Planwirtschaft im Spargeschäft

Hier sehen Sie die Top Ten der brandenburgischen Sparkassen. Der zuständige Regionalverband wusste vor 75 Jahren genau Bescheid, welche Fortschritte die Mitgliedssparkassen zum Beispiel im Spargeschäft machten. Nach der Währungsreform 1948 wurden die Institute intensiver in die sozialistische Planwirtschaft eingebunden. Die Spareinlagen sollten vermehrt werden, vor allem mit Hilfe der Werbung und durch die Förderung des Kleinsparens in Schulen und Betrieben. Die Steigerung der Spartätigkeit galt als wesentliche Stütze des Aufbaus und sollte in gleicher Weise dem Wohl des Einzelnen und der Gesamtheit dienen. Die politische und wirtschaftliche Bedeutung machte der Brandenburgische Sparkassenverband den Führungskräften auf Tagungen klar.

„Auftretende rückständige Meinungen, zunächst eine Besserung der Lebenslage der Bevölkerung abzuwarten und erst dann zu werben, wurden mit politischen Argumenten widerlegt (Hinweis auf den circulus vitiosus wie sie Lenin in ‚Die große Ininitiative‘ aufzeigt). Nach anfänglichem Sträuben hat sich die Mehrzahl der Sparkassenleiter und Angestellten mit grosser Aktivität eingesetzt.“*

Für jede Sparkasse wurde ein Soll festgelegt, das es zu erreichen galt. Die Deutsche Wirtschaftskommission (DWK) – Hauptverwaltung Finanzen, eine Regierungsinstanz der sowjetischen Besatzungsmacht, richtete am 3. Juni 1949 einen Erlass an die Landesregierungen. Der Zuwachs in 1949 sollte betragen: ein Prozent des Bestandes am 31. Dezember 1948, dazu zehn Deutsche Mark der Deutschen Notenbank (DM) für jedes Konto am Jahresende 1948 „zuzüglich der Summe, die errechnet wird aus der Anzahl der Einwohner des Tätigkeitsgebietes der Sparkasse abzüglich der Anzahl der bereits bestehenden Sparkonten, multipliziert mit DM. 2,-.“**

Der Sparkassenverband errechnete den individuellen Betrag und teilte ihn der Sparkasse mit. Die Ergebnisse musste er halbjährlich dem jeweiligen Landesfinanzministerium zur Weiterleitung an die Hauptverwaltung Finanzen der DWK liefern. Diese sah im Erlass eine gestaffelte Belohnung für die Leitung und die Angestellten der drei erfolgreichsten Sparkassen vor. So wollte man sie zum Wettbewerb motivieren. Vor allem die verstärkte Werbearbeit in der zweiten Jahreshälfte bewirkte letztlich, dass sich die Spareinlagen der brandenburgischen Sparkassen 1949 insgesamt um 19,25 Prozent erhöhten. Das Soll von 9,4 Millionen DM wurde mit 4,2 Millionen DM übererfüllt. Am erfolgreichsten waren die Stadtsparkasse Werder (Havel), die Stadtsparkasse Strausberg und die Kreissparkasse Teltow in Mahlow. 11 von 48 Instituten konnten ihre Planvorgaben allerdings nicht einhalten.

* Bericht des Brandenburgischen Sparkassenverbandes über den Spareinlagenwettbewerb im Jahre 1949 für die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, Ministerium der Finanzen – Hauptabteilung Banken und Versicherungen, 03.01.1950

** Erlass der Deutschen Wirtschaftskommission – Hauptverwaltung Finanzen an die Landesregierungen, 03.06.1949, Auszug im Rundschreiben Nr. 23/49 des Brandenburgischen Sparkassenverbandes

  • Am sogenannten Storchenturm in Müncheberg befindet sich auch heute noch eine seltsame Inschrift. (Ansichtskarte Verlag Wilhelm Winter in Berlin, versendet 1933; Bestand: Historisches Archiv des OSV) : © Historisches Archiv des OSV

Heimatgeschichtliches aus Müncheberg

Am 7. Juni 1847 wurde in Müncheberg die zweite Sparkasse im Geschäftsgebiet der heutigen Sparkasse Märkisch-Oderland gegründet. Als Geschäftsstelle diente damals die Kämmereikasse im Rathaus auf dem Marktplatz. Die Ansichtskarte zeigt den Sitz der Stadtsparkasse Anfang der 1930er Jahre. Daneben ist eine seltsame Sehenswürdigkeit abgebildet. Am Küstriner Torturm gibt es eine rätselhafte Inschrift auf einer Steintafel. „Wer giebt seinen Kindern Brod – und leidet selber Noth – den soll man schlagen – mit dieser Keule todt.“ Und tatsächlich hängt darüber ein knorriger Holzknüppel. Um dieses seltsame Arrangement ranken sich Legenden.

Die Journalistin Imma Luise Harms hat dazu bereits recherchiert. Die unmittelbare Botschaft erscheint demnach als keine der selbstlosen Elternliebe zu den Kindern. Die harte Realität war in vormaligen Not- und Hungerzeiten schlichtweg: wenn die Eltern nicht durchkamen, so hatten auch die Kinder keine Chance. Die Zahl der Kinder war hoch, ihre Sterblichkeit ebenfalls. Im Alter sorgten die Kinder für die Eltern. Darauf spielt auch ein heimatgeschichtliches Gedicht an, das wohl im Gründungsjahr der Sparkasse entstanden ist. Vor Jahrhunderten soll ein Müncheberger Bürger seine Kinder sehr gut versorgt haben, dann als Greis von ihnen aber schlecht behandelt worden sein. Die Keule diente auch in dieser Version der Geschichte als abschreckende Warnung.

  • In Seelow eröffnete am 1. Februar 1847 die erste Sparkasse im Geschäftsgebiet der Sparkasse Märkisch-Oderland. Am 7. Juni des Jahres folgte Müncheberg. (Abb. Ausschnitt Landkarte der preuß. Provinz Brandenburg; Druck und Verlag von C. Flemming in Glogau, 1844) : © Historisches Archiv des OSV

175 Jahre Sparkasse in Märkisch-Oderland

Heute gibt es wieder einen Anlass, einer Mitgliedssparkasse des Ostdeutschen Sparkassenverbandes die besten Wünsche zum Geburtstag zu senden. Wir sagen „Alles Gute für die Zukunft“ und schauen etwas in die Historie. Vor genau 175 Jahren wurde die erste Sparkasse im Geschäftsgebiet der Sparkasse Märkisch-Oderland eröffnet. Das war die Stadtsparkasse Seelow im Kreis Lebus. Doch wie so oft, ist auch hier der erste Standort nicht der heutige Hauptsitz. Das ist seit der Fusion der Kreissparkassen Bad Freienwalde, Seelow und Strausberg am 1. Juli 1994 die letztgenannte Stadt.

Am 14. Februar 1872, also vor fast 150 Jahren, begann die Stadtsparkasse Strausberg ihr Geschäft. Freienwalde war bereits am 1. Oktober 1851 Hauptstelle der Sparkasse des Kreises Oberbarnim. Aber die Sparkasse Märkisch-Oderland ist heute auch andernorts mit Filialen präsent, wo die Traditionslinien ebenfalls bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen. In Altlandsberg und Rüdersdorf (damals Kalkberge) richtete beispielsweise die Niederbarnimer Kreissparkasse bereits 1857 Nebenstellen ein. Müncheberg hatte schon 1847 eine Stadtsparkasse. In Wriezen bestand ab 1861 sogar die erste Nebenstelle der Kreissparkasse Oberbarnim. Letschin und Neuhardenberg waren wiederum Nebenstellen bei der Gründung der Kreissparkasse Lebus 1883.

Doch werfen wir auch einen Blick in die jüngere Vergangenheit. Als Anlass für ein Jubiläum nahm die Sparkasse Märkisch-Oderland 2019 die Fusion im Jahr 1994, als die Sparkasse ihren Namen bekam. Eine große Feier zum 25. Geburtstag gab es nicht. Stattdessen wurden lieber 25 x 1.000 Euro an gemeinnützige Initiativen, Vereine und Institutionen im Geschäftsgebiet vergeben. Diese Spendenaktion im Sommer lief unter dem Motto „GUT für MOL“. Zum Nikolaus bekamen zusätzlich 25 Vereine, die sich beworben hatten, jeweils 500 Euro als Unterstützung für ihre Vorhaben.

  • Gründungsdaten der Kreissparkasse Börde - Die Aufsichtsbehörde in Magdeburg sammelte nicht nur Geschäftsdaten der Sparkassen in der Region. (Ausschnitt Nachweisung über den Zustand der Sparkassen im Regierungsbezirk Magdeburg für 1847/ Landesarchiv Sachsen-Anhalt C I I a Nr. 2690 Band 2)

Sparkassenjubiläen 2022

Im Jahr 2022 stehen erneut zwei runde Sparkassengeburtstage an. Die Sparkasse Uckermark und die Sparkasse Oder-Spree werden 200 Jahre alt. Ein Verein von Grundbesitzern gründete eine Sparkasse für den Kreis Templin, welche am 1. April 1822 im Kreishaus eröffnete. In Frankfurt (Oder) nahm hingegen am 1. Oktober 1822 eine kommunale Stadtsparkasse die Geschäftstätigkeit auf. Am 1. Februar 1847 wiederum startete die Stadtsparkasse Seelow. Das war vor 175 Jahren die erste Gründung im Geschäftsgebiet der Sparkasse Märkisch-Oderland. Wenn Sie mehr zur Geschichte der Sparkasse erfahren möchten, so schauen Sie doch gern in deren Chronik, die hier online verfügbar ist.

Den drei großen Jubiläen werden wir einzelne Blogs widmen. Es gibt aber noch andere Sparkassengründungen, die erwähnenswert sind. Bereits am 7. Januar 1847 öffnete beispielsweise die Sparkasse in Döbeln. Im Jahr 1847 sind in Sachsen auch Sparkassen in Orten entstanden, in denen nun Zweigstellen bestehen, zum Beispiel am 4. Januar in Waldheim. Auch im heutigen Sachsen-Anhalt mehrte sich die Zahl der Sparkassen. Hauptsitz der Kreissparkasse Börde ist Oschersleben, wo Anfang 1847 eine Stadtsparkasse startete. In Sangerhausen wurde zeitgleich ebenfalls eine städtische Sparkasse gegründet. Auch in Köthen entstand in dem Jahr eine Sparkasse. In Brandenburg eröffneten Sparkassen in Müncheberg und Forst.

Deutlich jünger sind Gründungen durch Fusionen. So entstanden vor 30 Jahren drei Mitgliedssparkassen des Ostdeutschen Sparkassenverbandes. Seit dem 1. Januar 1992 firmieren die Sparkasse Vorpommern, die Müritz-Sparkasse und die Sparkasse Altmark West mit diesen Namen. Seit dem 1. Januar 2012, also schon zehn Jahre, gibt es die Erzgebirgssparkasse. Wer wissen möchte, wieweit die Wurzeln dieser Fusionssparkassen oder anderer Sparkassen im OSV zurückreichen, kann im Sparkassengeschichtsblog Informationen finden. Bereits am 19. und 26. Februar, 12. März und 5. April 2018 wurden alle wichtigen Gründungsdaten veröffentlicht. Über das Blogarchiv gelangen Sie zu den Beiträgen.