• Das preußische Sparkassenreglement von 1838 widmete sich auch den Kontengrenzen. Es hatte lange Gültigkeit. : © Historisches Archiv des OSV

Historische Kontenobergrenzen

Nicht nur in Sachsen, sondern auch in Preußen achtete der Staat lange Zeit darauf, dass die Kundinnen und Kunden der Sparkassen nicht zu viel Geld auf dem Sparbuch liegen hatten. Das hatte damals nichts mit einer miserablen Zinslage zu tun, die den kommunalen Geldinstituten wirtschaftliche Probleme bereitete. Vielmehr war ein wichtiger Grund für die Begrenzungen, wohlhabende Anleger möglichst fernzuhalten. Sparkassen hatten eine sozialpolitische Aufgabe und waren vor allem für wenig vermögende Menschen gedacht, damit diese sich Rücklagen bildeten. Deswegen sollten die Untergrenzen, ab denen Einlagen angenommen wurden, möglichst niedrig sein. So stand es im Sparkassenreglement vom 12. Dezember 1838, dem preußischen Rahmengesetz für das Sparkassenwesen. Die Satzungen, in denen von Ort zu Ort unterschiedliche Beträge festgeschrieben waren, wurden bei den Sparkassengründungen von den Aufsichtsbehörden kontrolliert. Auch Nachträge und Neufassungen waren einzureichen. Öfters gab es Einwände gegen die von den Kreisen und Gemeinden verfassten Entwürfe und die Obergrenzen musste nach unten korrigiert werden. So hatte zum Beispiel noch 81 Jahre später die Gemeinde Falkenberg/Elster auf Anweisung des Oberpräsidenten in Magdeburg das Limit von 25.000 auf 15.000 Mark herabzusetzen, ehe sie ihre Sparkasse eröffnen durfte.

  • Historisches Archiv des OSV : © In der Notverordnung vom 6. Oktober 1931 wurde die rechtliche Selbstständigkeit der Sparkassen gefordert.

Wie die Sparkassen Körperschaften öffentlichen Rechts wurden

Heute sind die kommunalen Sparkassen rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts. Vor genau 90 Jahre ordnete Reichspräsident Paul von Hindenburg in einer seiner Notverordnungen an, dass die Sparkassen eine eigene Rechtspersönlichkeit bekommen sollten. In Kapitel I des fünften Teils der Verordnung „zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen“ wurden zunächst die Landesregierungen ermächtigt und verpflichtet, dies ihrerseits durch Verordnungen umzusetzen. Mit ihrer rechtlichen Selbstständigkeit sollten die Geldinstitute ein separates Vermögen erhalten. Probleme klammer Träger konnten sich so nicht auf das Sparkassenvermögen auswirken. Der Fall Glashütte war nicht lang her. Die kommunale Gewährträgerhaftung blieb erhalten. Neu war, dass den Vorständen der Sparkassen künftig auch Mitglieder angehörten, die nicht den Verwaltungen entstammten.

Diverse Anlagevorschriften gab es angesichts der Bankenkrise und der prekären Lage der Gemeinden. Kredite an Kommunen durften 25 Prozent der Einlagen nicht übersteigen. Inbegriffen war der Erwerb von kommunalen Anleihen, Bürgschaften und Wechselverpflichtungen. Des Weiteren konnten die Sparkassen nur 40 Prozent der Einlagen in Hypotheken anlegen. Jedem Kreditnehmer war höchstens ein Prozent der Einlagen als Personalkredit zu gewähren, wenn dessen Kredite 20.000 Reichsmark überstiegen. Zur Liquiditätssicherung galt es, 30 Prozent der Spareinlagen und 50 Prozent der sonstigen Einlagen in flüssigen Werten anzulegen. 10 Prozent der Spareinlagen und 20 Prozent der anderen Einlagen sollten als Liquiditätsreserve bei der zuständigen Girozentrale gehalten werden. Neben diesen ganzen Vorschriften gab es noch etwas Positives im Bereich Markenschutz. Die Bezeichnung „Sparkasse“ war fortan den öffentlichen Sparkassen vorbehalten. Jahrelang hatte es diesbezüglich Auseinandersetzungen mit genossenschaftlichen Kreditinstituten gegeben.

Umgesetzt wurde die Verordnung Hindenburgs zum Beispiel am 20. Juli 1932 durch eine Verordnung der letzten demokratischen Regierung des Freistaats Preußen. Mit dem Inkrafttreten einer Mustersatzung, die von den Trägern bis zum 30. September 1932 anzunehmen war, erhielten die preußischen Sparkassen „Rechtsfähigkeit und die Eigenschaft von Körperschaften öffentlichen Rechts“. Damit ging das Sparkassenvermögen einschließlich der Schulden auf die mit Rechtsfähigkeit ausgestattete kommunale Sparkasse über. Auch die anderen Vorgaben vom 6. Oktober 1931 wurden umgesetzt. Mit der neuen Satzung war auch ein neuer Vorstand zu bilden. Ihm sollte mindestens ein „Angehöriger des Gewährverbandes“ angehören, welchen der Bürgermeister beziehungsweise Landrat als Mitglied bestellte. Auch heute noch gehören sachkundige Bürger den Verwaltungsräten der Sparkassen an.

  • Das Sparkassengesetz schuf den Rechtsrahmen für die Sparkassen, um am 1. Juli 1990 in die Marktwirtschaft zu starten.

Das Sparkassengesetz der DDR

Blogserie, Teil 38

Zum 1. Juli 1990 trat der Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Um unter den veränderten Rahmenbedingungen wirken zu können, bekamen die Sparkassen der DDR eine neue Rechtsgrundlage, an deren Entstehung der DDR-Sparkassenverband großen Anteil hatte. Als Vorlage soll vor allem das Sparkassenrecht Nordrhein-Westfalens gedient haben.* Am 29. Juni beschloss die Volkskammer noch rechtzeitig das Gesetz über den Status und die Organisation der Sparkassen, welches am 1. Juli gültig wurde. Es ersetzte das Statut der DDR-Sparkassen vom 23. Oktober 1975.

Im Sparkassengesetz finden sich wichtige Merkmale eines dezentralen kommunalen Sparkassenwesens. So wurde das Regionalprinzip verankert. Nur im Gebiet ihrer Träger sollten sich Sparkassen geschäftlich betätigen.** Auf die kommunale Verbundenheit legte man großen Wert. Die Sparkassen waren nicht mehr Einrichtungen der Räte der Stadt- und Landkreise und lediglich juristische Personen, sondern als Einrichtungen der Landkreise oder kreisfreien Städte oder der von ihnen gebildeten Zweckverbände rechtsfähige, gemeinnützige Anstalten des öffentlichen Rechts. Sie waren nicht mehr volkseigene Kreditinstitute. Die Sicherheit der Einlagen garantierte nicht mehr der sozialistische Staat. Für alle Verbindlichkeiten hafteten fortan die kommunalen Gewährträger. Sie hatten sicherzustellen, dass ihre Sparkassen ihre Aufgaben erfüllen konnten.*** Der öffentliche Auftrag wurde im DDR-Sparkassengesetz formuliert.

„Die Sparkassen haben die Aufgabe, den Sparsinn der Bevölkerung ihres Geschäftsgebiets zu fördern. Sie geben Gelegenheit, Ersparnisse und andere Gelder sicher und verzinslich anzulegen, dienen der örtlichen Kreditversorgung unter besonderer Berücksichtigung des Mittelstandes, der wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungskreise ihres Geschäftsgebiets und der öffentlichen Einrichtungen in ihrem Geschäftsgebiet […]“ ****

Während das Sparkassenstatut von 1975 die Tätigkeit aller Sparkassen im Sinne der Aufgabenverteilung im sozialistischen Bankensystem festschrieb, bot 1990 die im Vollzug des Sparkassengesetzes erlassene Anordnung über den Betrieb und die Geschäfte der ostdeutschen Sparkassen umfangreiche Möglichkeiten.***** Das Gesetz forderte, dass sie ihre Aufgaben nach kaufmännischen Grundsätzen erfüllten und jederzeit zahlungsbereit waren. Festgelegt wurde – man denke an die Liquiditätshaltung bei der DGZ – die Zusammenarbeit mit vom Sparkassenverband für zuständig erklärten Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Sparkassenorganisation. Die Sparkassenanordnung konkretisierte dies. Verfügbare Gelder hatten die Sparkassen „bei der vom Sparkassenverband für zuständig erklärten Girozentrale sowie bei der zuständigen Landeszentralbank anzulegen“. ******

Anstatt eines Direktors war nun ein Vorstand aus mehreren Personen für die Geschäftsführung zuständig. Das Vier-Augen-Prinzip musste gewährleistet sein. Zur Aufsicht und Kontrolle des Wirkens der Sparkasse war nicht mehr der Rat des Kreises, sondern der Verwaltungsrat des Instituts befugt. Die demokratisch gewählte Vertretung des Gewährträgers, etwa der Kreistag, bestimmte den Vorsitzenden ihrer Verwaltung, in dem Fall den Landrat, zum Vorsitzenden des Verwaltungsrats einer Kreissparkasse und wählte die übrigen Mitglieder.******* Der Verwaltungsrat bestimmte fortan die Richtlinien der Geschäftspolitik. Er durfte auch die Gründung, Auflösung oder Fusionierung kommunaler Sparkassen beschließen.******** Ein drittes Organ der Sparkasse stellte der Kreditausschuss unter Vorsitz des Verwaltungsratsvorsitzenden dar. Dem Ausschuss hatte der Vorstand Darlehen ab einer bestimmten Größe zur Zustimmung vorzulegen.

Die erwähnte Sparkassenanordnung vom 26. Juli 1990 regelte die Zuständigkeiten des Kreditausschusses und des Vorstandes detaillierter. Gleichzeitig wurde eine Mustersatzung erlassen. Es folgte am 29. August als weitere Durchführungsbestimmung zum DDR-Sparkassengesetz die Anordnung über die Verfahrensregelung zur Überleitung der Sparkassen an die Gewährträger. Demnach sollten die gewählten Vertretungen der Gewährträger ihren Sparkassen bis spätestens 1. Oktober eine der Mustersatzung entsprechende Satzung geben. Der Verwaltungsrat war bis zum 1. November zu wählen und der Kreditausschuss bis zum 15. November zu besetzen. Die Stellen der Vorstände waren unverzüglich auszuschreiben, in Ost- und in Westdeutschland.********* Da gesetzmäßig auch Sparkassenbeschäftigte in den Verwaltungsrat gewählt wurden, erfolgte am 29. August eine Anordnung zur diesbezüglichen Wahlordnung.

Das mit dem bundesdeutschen Recht kompatible Sparkassengesetz galt gemäß Einigungsvertrag ab 3. Oktober 1990 zunächst als einheitliches Länderrecht weiter. Es wurde in den folgenden Jahren ersetzt. So bekamen die Mitgliedsländer des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes eigene Sparkassengesetze, der Freistaat Sachsen 1993, Sachsen-Anhalt sowie Mecklenburg-Vorpommern 1994 und Brandenburg 1996. Diese Gesetze waren fast inhaltsgleich. Auch neue Sparkassenverordnungen und Mustersatzungen wurden von den Bundesländern erlassen.

Fortsetzung am 01.07.2020

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* Vgl. Geiger, Walter/ Günther, Hans-Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 124

** Vgl. Gesetz über den Status und die Organisation der Sparkassen (Sparkassengesetz) vom 29. Juni 1990, § 5, in: Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 40, 12.07.1990, S. 567

*** Die Antstaltslast wurde später modifiziert. Die Gewährträgerhaftung entfiel. Lesen Sie dazu mehr in der Chronik des OSV.

**** Gesetz über den Status und die Organisation der Sparkassen (Sparkassengesetz) vom 29. Juni 1990, § 2 (1), in: Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 40, 12.07.1990, S. 567

***** So gab es zum Beispiel vielfältigere Möglichkeiten zur Anlage der Sparkassenbestände. Vgl. Anordnung über den Betrieb und die Geschäfte der Sparkassen (Sparkassenanordnung) vom 26. Juli 1990, § 10, in: Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 56, 30.08.1990, S. 1276

****** Ebd., § 16, S. 1277

******* Sachkundige Bürger waren wählbar. Bis zu zwei Drittel konnten der politischen Vertretung des Gewährträgers angehören. Die Dienstkräfte der Sparkasse wählten ein Drittel der Verwaltungsratsmitglieder als ihre Vertretung.

******** Vgl. Gesetz über den Status und die Organisation der Sparkassen (Sparkassengesetz) vom 29. Juni 1990, § 6 (2), in: Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 40, 12.07.1990, S. 567

********* Vgl. Anordnung über die Verfahrensregelung zur Überleitung der Sparkassen an die Gewährträger vom 29. August 1990, § 3, in Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 60, 18.09.1990, S. 1475

  • Auf den letzten Seiten der letzten gedruckten Ausgabe des DDR-Gesetzblatts ist eine Vereinbarung zwischen Bundesrepublik und DDR zum Einigungsvertrag vom 18. September zu finden, die sich auch der Übernahme von Rechtsvorschriften widmete. Das DDR-Sparkassengesetz wurde indes gemäß § 9 Abs. 1 des Einigungsvertrags zu Landesrecht. : © Historisches Archiv des OSV

Neue rechtlichen Rahmenbedingungen

Blogserie, Teil 30

Im Frühjahr 1990 wurde der Sparkassenverband der DDR gegründet und seine Satzung beschlossen. Im Herbst 1990 gab es die DDR schon nicht mehr. Der Prozess zur Einheit Deutschlands verlief zügig. Aber nicht nur der Einigungsvertrag vom 31. August des Jahres, der zum 3. Oktober den Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland regelte und fünf ostdeutsche Bundesländer entstehen ließ, die dann für das Sparkassenwesen zuständig waren, schuf neue rechtliche Rahmenbedingungen. Einige bedeutende Neuerungen, die im DDR-Gesetzblatt veröffentlicht wurden, seien genannt und jeweils einige interessante Informationen beigefügt:

Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 28, 25.05.1990, S. 255 ff.
→ Zum Beispiel die Förderung von Wirtschaft und Gewerbe zählte zu den Selbstverwaltungsaufgaben, welche die neue Kommunalverfassung vorsah. Zur Durchführung der Aufgaben konnten wirtschaftliche Unternehmen im Interesse des Gemeinwohls gehalten werden. Das Sparkassengesetz vom 29. Juni definierte demnach die Sparkassen als Einrichtungen der Landkreise, kreisfreien Städte und von ihnen gebildeter Zweckverbände als gemeinnützige Anstalten des öffentlichen Rechts. Als öffentlicher Auftrag wurde unter anderem die örtliche Kreditversorgung etwa unter besonderer Berücksichtigung des Mittelstandes festgeschrieben.

Gesetz zum Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland vom 18. Mai 1990 (Verfassungsgesetz) vom 21. Juni 1990, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 34, 25.06.1990, S. 331 ff.
→ Mit dem Inkrafttreten des Staatsvertrags und der Übernahme bundesdeutscher Bankengesetze, zum Beispiel des KWG, zum 1. Juli sollte sich die Geschäftspolitik der DDR-Sparkassen grundlegend ändern. Sie hatten sich mit der Einführung der Sozialen Marktwirtschaft der Konkurrenz zu stellen. Der Vertrag sah ein nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen operierendes Geschäftsbankensystem im Wettbewerb privater, genossenschaftlicher und öffentlich-rechtlicher Banken vor.

Verordnung über die Einführung des Bausparens in der DDR vom 21. Juni 1990, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 37, 30.06.1990, S. 478 f.
→ Auf der Grundlage bundesdeutschen Rechts wurde zum 1. Juli das Bausparen in der DDR wiedereingeführt. Staatliche Fördermaßnahmen sollte es geben. Die LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG war als erstes Verbundunternehmen des Verbandes bereits am 11. Juni gegründet worden und konnte mit der Unterstützung der westdeutschen Landesbausparkassen pünktlich ihre Tätigkeit aufnehmen.

Gesetz über den Status und die Organisation der Sparkassen (Sparkassengesetz) vom 29. Juni 1990, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 40, 12.07.1990, S. 567 ff.
→ Das Gesetz trat zum 1. Juli in Kraft und bildete den Rechtsrahmen, um unter marktwirtschaftlichen Bedingungen arbeiten zu können. Wichtige Grundsätze eines dezentralen kommunalen Sparkassenwesens wurden festgeschrieben. Die Haftung der DDR-Regierung für die bis dahin „volkseigenen“ Sparkassen wurde abgeschafft und die Haftung der Landkreise, kreisfreien Städte und kommunalen Zweckverbände für ihre Sparkassen festgelegt. Das Gebiet des Gewährträgers war automatisch das Geschäftsgebiet einer Sparkasse. Im Sinne des Regionalprinzips sollte sie sich nur dort betätigen und Geschäftsstellen betreiben.

Verfassungsgesetz zur Bildung von Ländern in der Deutschen Demokratischen Republik – Ländereinführungsetz – vom 22. Juli 1990, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 51, 14.08.1990, S. 955 ff.
→ Zum 14. Oktober 1990 sollten in der DDR wieder die Länder eingeführt und die Bezirke von 1952 abgeschafft werden. Das Gesetz listete die Landkreise und kreisfreien Städte der „neuen“ Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Der Einigungsvertrag zog die Einführung der Länder auf den 3. Oktober vor. Der Verband brauchte einen neuen Namen. Auf einem außerordentlichen Verbandstag am 20. September wurde er in Sparkassen- und Giroverband für die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen umbenannt.

Anordnung über den Betrieb und die Geschäfte der Sparkassen (Sparkassenanordnung) vom 26. Juli 1990, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 56, 30.08.1990, S. 1275 ff.
→ Erst zum 27. Juli, als fast einen Monat nach Inkrafttreten des Sparkassengesetzes zum 1. Juli, wurde die Sparkassenanordnung gültig, die auch eine Mustersatzung beinhaltete. Eine Anordnung über die Verfahrensregelung zur Überleitung auf die Gewährträger sah dann vor, dass die gewählten Vertretungen der Gewährträger ihren Sparkassen bis zum 1. Oktober eine entsprechende Satzung zu geben hatten.

Anordnung über die Verfahrensregelung zur Überleitung der Sparkassen an die Gewährträger vom 29. August 1990, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Nr. 60, 18.09.1990, S. 1474 f.
→ Gemäß Sparkassengesetz bestellten die demokratisch gewählten Gemeindevertretungen den Vorsitzenden des Verwaltungsrats. So wurde der Vorsitzende der Verwaltung des Gewährträgers, etwa im Landkreis der Landrat, automatisch zum Verwaltungsratsvorsitzenden einer Kreissparkasse. Die Mitglieder der Verwaltungsrates aber waren zu wählen. Die Anordnung forderte die Wahl bis zum 1. November sowie die Bildung der Kreditausschüsse bis zum 15. November. Unverzüglich hatten die Sparkassen die zu besetzenden Stellen der Vorstände auszuschreiben, sowohl auf dem Gebiet der DDR als auch auf dem Gebiet der Bundesrepublik.

Gesetz zum Vertrag zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertrag – vom 31. August 1990 (Verfassungsgesetz) vom 20. September 1990, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 64, S. 1627 ff.
→ Gemäß Einigungsvertrag blieb das Sparkassengesetz vom 29. Juni weiter gültig und wurde zu Landesrecht. Für andere Normen sah eine Vereinbarung zum Vertrag vom 18. September jedoch vor, dass sie in den neuen Bundesländern bis zu einer anderweitigen landesrechtlichen Regelung, längstens jedoch bis zum 30. Juni 1991 galten. Dies betraf unter anderem die Satzung des Sparkassenverbandes der DDR vom 20. März 1990. Keinesfalls bedeutete die angesprochene Befristung aber die automatische Auflösung des Verbandes, der bereits mit der Schaffung einer neuen Satzung befasst war, auch um die kommunalen Träger einzubinden.

Fortsetzung am 18.05.2020

  • Am 8. März 1990 wurde der Sparkassenverband im Sparkassenstatut rechtlich verankert. : © Historisches Archiv des OSV

Rechtliche Weichenstellungen

Blogserie, Teil 17

Am 6. März 1990 beschloss die Volkskammer der DDR (Parlament) einstimmig die Änderung des Gesetzes über die Staatsbank. Das stellte einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem freien Bankenmarkt im Osten dar. Die Staatsbank sollte nicht mehr von der Regierung abhängig sein. Die Tätigkeit als Emissionsbank, als Kredit- und Verrechnungszentrum wurde festgeschrieben. Die Erhaltung der Stabilität der Währung stand im Mittelpunkt. Bisherige Aufgaben konnten Geschäftsbanken übertragen werden. Die Aufsicht über die Tätigkeit der Geschäftsbanken und Sparkassen wurde von der Staatsbank wahrgenommen.*

Am 9. März verkündete der Vorsitzende des Staatsrates die Regelungen. Bereits am Tag zuvor hatte der Ministerrat der DDR (Regierung) Änderungen des Statuts der DDR-Sparkassen bekanntgegeben. Die Sparkassen sollten zwar ihre Aufgaben nicht mehr in Durchführung der Beschlüsse der SED erfüllen, galten aber weiterhin als volkseigene Kreditinstitute.** Die Aufsichtsfunktion der Staatsbank und ihres Präsidenten wurde festgelegt. Auch § 12 des Einheitsstatuts von 1975 erhielt eine neue Fassung.

Aufgaben des Sparkassenverbandes der DDR

  • Die Sparkassen sind Mitglied des Sparkassenverbandes. Die Aufgaben des Verbandes sind in der Satzung des Sparkassenverbandes geregelt.
  • Der Verband ist in den Bezirken durch Bezirksgeschäftsstellen vertreten. Ihnen obliegt die Durchführung der Verbandsarbeit in den Bezirken.“

Am 20. März 1990 sollten diese Neuerungen gültig werden. An diesem Tag fand die Gründungsversammlung des Sparkassenverbandes der DDR statt, welche ursprünglich für den 15. März avisiert war.*** Auch der Ort war ein anderer. Nicht ins Haus der Ministerien in Ost-Berlin, sondern ins Tagungszentrum des Ministeriums für Nationale Verteidigung in Strausberg wurden die Direktoren und Direktorinnen der 196 Sparkassen eingeladen, um die Verbandssatzung zu beschließen. Über den Ablauf des Tages wird natürlich hier im Blog am 20. März 2020 berichtet werden.

Fortsetzung am 12.03.2020

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* Vgl. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Staatsbank der deutschen Demokratischen Republik vom 6. März 1990, § 5, in: Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 16, 12.03.1990, S. 125; Bestand: Historisches Archiv des OSV

** Vgl. Bekanntmachung über die Änderung des Statuts der Sparkassen der Deutschen Demokratischen Republik vom 8. März 1990, § 1, in: Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 19, 23.03.1990, S. 174; Bestand: Historisches Archiv des OSV

*** Vgl. Zeitlicher Ablaufplan zur Vorbereitung der Bildung des Sparkassenverbandes vom 23.01.1990, in: Historisches Archiv des OSV Akte HA 69/2004, Bd. 1

  • Das Reichsgesetz über das Kreditwesen schützte die Bezeichnung "Sparkasse" in § 10. : © Historisches Archiv des OSV

Das KWG und der Schutz des Namens

Vor genau 85 Jahren wurde das Reichsgesetz über das Kreditwesen erlassen, Vorläufer des heutigen Gesetzes über das Kreditwesen (KWG). Es handelte sich um ein wirtschaftlich orientiertes, nicht etwa von der NS-Ideologie durchdrungenes, Rahmengesetz. Warum soll an dieses Werk erinnert werden? Erstmals wurden in ihm Banken und Sparkassen offiziell rechtlich auf eine Stufe gestellt. Das Gesetz vereinheitlichte zudem die Bankenaufsicht. Zuvor hatte eine umfangreiche staatliche Prüfung des Kreditwesens stattgefunden. Anlass war dessen Destabilisierung durch die Bankenkrise 1931. Auch Landesbanken und Sparkassen hatten Schaden genommen. Eine gesetzliche Neuordnung des Sparkassenwesens war eingeleitet. Das Reich griff dazu in das Sparkassenrecht der Länder ein. Dabei wurde nicht nur die rechtliche Verselbstständigung der kommunalen Geldinstitute angeordnet. Anlagequoten zur Sicherung der Liquidität wurden vorgeschrieben. Auch das Vorrecht zur Nutzung der Bezeichnung „Sparkasse“ sah eine Verordnung des Reichspräsidenten vom 6. Oktober 1931 vor. Denn konkurrierende genossenschaftliche Einrichtungen nutzen diese ebenfalls. Das Reichsgesetz bestätigte am 5. Dezember 1934 den Schutz des Namens. Jetzt regelt § 40 des Kreditwesengesetzes den Gebrauch des Firmennamens durch die öffentlich-rechtlichen Sparkassen.