• Bei der Stadtsparkasse Magdeburg wurden bis zum 30. Juni 1990 80.120 Auszahlungsquittungen mit einem Gesamtbetrag von 73,7 Millionen DM ausgestellt. Mindestens 100 und höchstens 2.000 DM konnten ab dem Folgetag per Quittung ausgereicht werden. Der Empfang war auf der Rückseite mit Unterschrift zu bestätigen. : © Stadtsparkasse Magdeburg

  • Arbeitsanweisung der Staatsbank der DDR zum Umgang mit DM-Auszahlungsquittungen vom 31. Mai 1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV

Bilanz der ersten Woche

Blogserie, Teil 41

Zum 1. Juli 1990 wurde die Deutsche Mark gesetzliches Zahlungsmittel in der DDR. Ab diesem Tag begannen die ostdeutschen Sparkassen, die Bevölkerung mit der neuen Währung auszustatten. Pro Person konnten bis zu 2.000 DM für die erste Woche ausgezahlt werden. Wer zuvor bei der Abgabe seines Kontoumstellungsantrags eine Auszahlungsquittung beantragt hatte, erhielt Geld. Überliefert ist, dass bei den DDR-Sparkassen vom 1. bis zum 6. Juli 1990 auf 4,3 Millionen dieser Quittungen rund 4,1 Milliarden DM ausgehändigt wurden.*

Vom 3. bis zum 6. Juli fand die Auszahlung bei dem Geldinstitut statt, das die Quittung ausgestellt hatte. Am 1. und 2. Juli konnte man nicht nur direkt bei der Hausbank, sondern auch bei zusätzlichen Auszahlungsstellen Bares bekommen.** Tausende Sonderauszahlungsstellen wurden für diese beiden Tage eingerichtet. Dafür waren Kreiskommissionen, die von den Direktoren und Direktorinnen der Sparkassen geleitet wurden, zuständig.*** Unterstützung erfuhren sie von den Bezirks-, Kreis- und Gemeindeverwaltungen. Nicht zu vergessen die personelle Hilfe der westdeutschen Betreuungssparkassen, die Mitarbeiter auch zur Abwicklung der Währungsumstellung in die DDR entsandten.

Die Sparkässler hatten aber nicht nur mit der Auszahlung der Deutschen Mark zu tun. Mehr als 3,2 Millionen Bürger gaben in der ersten Juliwoche ihre restlichen Ostmarkbestände bei den Sparkassen ab, da nur Guthaben auf Konten umgewertet wurden. Der Freitag vor 30 Jahren war der letztmögliche Tag für Einzahlung und Antragstellung, wenn man nicht unverschuldet verhindert war.**** Die bei den 196 Sparkassen der DDR bis zum 6. Juli anfallenden Bestände in Mark mussten noch am gleichen Tag auf ein Verrechnungskonto bei der nächsten Staatsbankfiliale eingezahlt werden, damit die Umstellung durchgeführt werden konnte.

„Auf der Grundlage entsprechender Festlegungen der Deutschen Bundesbank wurde mit der Staatsbank Berlin dafür folgende technische Abwicklung vereinbart: Die Sparkassen ermitteln die vorhandenen Bestände in Mark der DDR und fertigen über den noch einzuzahlenden Betrag auf das Verrechnungskonto 2 einen Einzahlungsbeleg an, der vom Direktor der Sparkasse gegenzuzeichnen ist. Grundlage dafür sind telefonische Mitteilungen der Zweigstellenleiter, die anhand der Kassenabschlüsse erfolgen. Der einzuzahlende Betrag ist der zuständigen Staatsbankfiliale telefonisch durch einen vom Direktor der Sparkasse beauftragten Abteilungsleiter mitzuteilen. Diese Mitteilung muss spätestens zwischen 17.00 und 18.00 Uhr am Freitag, dem 6.7.1990, erfolgen.“ *****

Am Wochenende stellte die EDV 24,7 Millionen Sparkassenkonten um. Umstellungsbelege wurden ausgedruckt, welche die Kundinnen und Kunden in der Folgewoche abholen konnten. Ab Montag, den 9. Juli 1990, durften sie auch wieder frei über ihre Konten verfügen. In der ersten Juliwoche war der normale Service der Sparkassen nämlich nicht verfügbar. Wegen der Arbeit zur Durchführung der Währungsunion ruhte das Geschäft. Für den Geschäftsabschluss mussten in dieser Zeit zum Beispiel die Zinsen für das erste Halbjahr 1990 berechnet werden. Danach erfolgte die Umstellung. Im Ergebnis wurden zum Stichtag 30. Juni insgesamt Spareinlagen in Höhe von 50 Milliarden Mark 1 zu 1 und von 96 Milliarden Mark 2 zu 1 in DM umgetauscht.******

Fortsetzung am 16.07.2020

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* Vgl. Sparkassenverband der DDR: Presseinformation – Fakten zur Arbeit der Sparkassen in den ersten 4 Wochen nach der Währungsumstellung, 27.07.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand

** Vgl. Deutsche Bundesbank: Modalitäten der Währungsumstellung (Kontoguthaben bei Geldinstituten und Bargeld) in der Deutschen Demokratischen Republik am 1. Juli 1990, 21.05.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 78/2004 Bd. 3

*** Vgl. Geiger, Walter/ Günther, Hans-Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 138

**** Personen, die damals objektiv nicht in der Lage waren, konnten bis spätestens 30. November 1990 eine nachträgliche Umstellung beantragen. Dabei musste man glaubhaft machen, dass man unverschuldet außerstande war, rechtzeitig das Geld einzuzahlen oder den Antrag zu stellen. Vgl. Staatsbank der DDR: Hinweise der Staatsbank der DDR zur Währungsumstellung im Rahmen der Währungsunion zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland, 21.05.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA Pötzl 13/2004

***** Um Übermittlungsfehler auszuschließen, erfolgte parallel die Information durch den Innenrevisor der Sparkasse an die Bezirksgeschäftsstelle des Sparkassenverbandes der DDR, welche die betreffende Filiale der Staatsbank anrief. Vgl. Sparkassenverband der DDR – Verbandsdirektor Horst Oberländer an die Direktoren der Bezirksgeschäftsstellen, 04.07.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand

****** Vgl. Geiger/ Günther, 1998, S. 312

  • Mit dem Beschluss der Hauptversammlung endete ein mehrmonatiger Entscheidungsprozess in der bundesdeutschen Sparkassenorganisation. Ein Jahr später war er jedoch hinfällig. : © Historisches Archiv des OSV

  • © Historisches Archiv des OSV

(k)eine einheitliche Zentralbank der ostdeutschen Sparkassen

Blogserie, Teil 36

Wozu brauchten die DDR-Sparkassen eine Zentralbank? Nun, den Sparkassen als regional tätigen Universalkreditinstituten war es aufgrund ihrer Größe vor 30 Jahren nicht möglich, der Kundschaft alle Bankprodukte und Serviceleistungen selbst zu konkurrenzfähigen Bedingungen anzubieten. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, war eine Delegierung bestimmter Leistungen und Aufgaben innerhalb des Verbundsystems auf ein überregionales Zentralinstitut notwendig.* Der Sparkassenverband der DDR wollte unbedingt eine einheitliche Zentralbank für alle Mitglieder. Bei seiner ersten Sitzung am 17. April 1990 beschloss der Vorläufige Verbandsrat gemäß Verbandssatzung die Gründung eines Spitzeninstituts der DDR-Sparkassen als ihre Gemeinschaftseinrichtung.**

Man bat den Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) um Unterstützung bei dem Vorhaben. Der Präsidialausschuss und die Verbandsvorsteherkonferenz des DSGV sprachen sich dafür aus, dass der Deutschen Girozentrale – Deutschen Kommunalbank (DGZ) diese Rolle zukommen sollte. Die zentralbankmäßige Betreuung von Sparkassen gehörte aber damals nicht zu ihrem Aufgabenspektrum als Institut auf Bundesebene. Der Verwaltungsrat der DGZ beschloss, dass man zunächst die Liquiditätshalterfunktion und stufenweise weitere Aufgaben übernehmen werde. Das Angebot nahm der Verbandsrat am 14. Juni an. Ihm war klar, dass die Betreuung am Anfang nicht umfassend sein konnte. Daher wurde der vorübergehenden Hilfe durch die westdeutschen Partnersparkassen und deren Landesbanken/Girozentralen zugestimmt.*** Dabei sollte es aber ein einheitliches Vorgehen geben.

„Alle Verbandsmitglieder waren sich darin einig, dass die Sparkassenorganisation der DDR den Wettbewerb mit den westdeutschen Bankkonzernen nur dann erfolgreich meistern kann, wenn sie geschlossen und einheitlich auftritt und nicht ihre Kräfte zersplittert. Aus diesem Grund sind Teillösungen, die nur einzelnen Sparkassen Vorteile verschaffen, abzulehnen. Die Verbandsmitglieder äußerten ihr Befremden darüber, daß auch Verbundeinrichtungen der westdeutschen Sparkassenorganisation versuchen, dieses einheitliche Vorgehen zu stören und einzelne Sparkassen bzw. einzelne Gebiete aus den beschlossenen Konzepten herauszulösen. Das betrifft insbesondere die Datenverarbeitung sowie die Spitzeninstitutslösung. Diese Meinungen werden übereinstimmend vertreten. Unter diesem Aspekt wurde dem vorliegenden Beschluß zur Übertragung der Aufgaben des Spitzeninstituts auf die DGZ einstimmig zugestimmt. Es kam die Erwartung zum Ausdruck, daß die westdeutsche Sparkassenorganisation schnellstmöglich Maßnahmen einleitet und keinen weiteren Zeitverlust zuläßt, um die einheitlich angestrebte Lösung durchsetzen zu helfen. Eine Zersplitterung unserer Kräfte wird sich aus Sicht der Verbandsratsmitglieder auch nachteilig auf die Wettbewerbsinitiativen der gesamten Sparkassenorganisation in Ost und West auswirken.“ ****

Am Vortag hatten sich die Leiter der westdeutschen Girozentralen dafür ausgesprochen, keine einheitliche Sparkassenzentralbank in der DDR aufzubauen, sondern deren Funktionen analog dem regionalen Betreuungskonzept des DSGV selbst auszuüben. Die außerordentliche Hauptversammlung der Deutschen Girozentrale stimmte jedoch am 18. Juni 1990 einer Vorlage des Hessischen Sparkassenverbandes zu. Demnach sollte die DGZ zunächst ab 2. Juli die Liquiditätshalterfunktion und mittelfristig sämtliche Zentralbankfunktionen, wie sie eine westdeutsche Landesbank/Girozentrale für die Sparkassen ihres Zuständigkeitsgebiets wahrnahm, übernehmen. Dazu gehörte auch die Geschäftsbankfunktion im arbeitsteiligen Verbund mit den Sparkassen. Die Gesellschafter der DGZ, also auch die Landesbanken/Girozentralen, verpflichteten sich, „keine auf Dauer angelegten, diesen Beschluß berührenden wettbewerblichen Aktivitäten auf dem Gebiet der heutigen DDR zu entwickeln“. *****

Mit der Entscheidung der Versammlung „wurde ein entscheidender Durchbruch in der Entwicklung einheitlicher Verbundstrukturen für die DDR-Sparkassen neben der LBS erzielt“, schrieb Verbandspräsident Rainer Voigt am 20. Juni.****** Gleichzeitig informierte er die Sparkassen über eine Absprache mit der Deutschen Bundesbank. Aus währungspolitischen Gründen sollten sie ihre flüssigen Mittel vorübergehend weiter, aber marktgemäß verzinst, bei der Staatsbank halten. Am Folgetag kündigte er eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen der DGZ und den ostdeutschen Sparkassen an. (Bild 1) Am 2. August stimmte der Vorläufige Verbandsrat dem finalen Entwurf für den Kooperationsvertrag zu, den die Sparkassen mit ihrer neuen Zentralbank abschließen konnten.******* In einem Rundschreiben empfahl der Vizepräsident des Verbandes, umgehend zu unterzeichnen und wies eindringlich darauf hin, dass nur die Einbindung aller Sparkassen kostengünstige Leistungen sichern könne. „Verbundeinrichtungen können immer nur dann für alle vorteilhaft arbeiten, wenn sie mit dem vollen Volumen aller Sparkassen arbeiten können.“ ********

Nach dem Ende des Gentlemen’s Agreement hinsichtlich der Einlagen der Sparkassen bei der Staatsbank nahm die Deutsche Girozentrale zum 8. Oktober 1990 die volle Liquiditätshalterfunktion wahr.********* 90 % der Tages- und die Termingelder wurden übergeleitet. Unter anderem konnten die Mitgliedssparkassen Wertpapiere erwerben, welche für sie im Depot A verwahrt und verwaltet wurden. (Bild 2) Einen weiteren Service stellte die Refinanzierung von Kommunalkrediten dar. Für die ERP-Kredite war die DGZ bereits zuständig. Am 30. November 1990 beschloss ihr Verwaltungsrat einen Stufenplan, der zur Jahresmitte 1992 die volle Angebotspalette vorsah. So begann sie zum Beispiel als zentrale Verrechnungsstelle im Zahlungsverkehr zu fungieren und vollzog den täglichen Kontenausgleich ostdeutscher Sparkassen. Zwar schlossen fast alle Mitgliedssparkassen Kooperationsverträge ab. Da jedoch einige der mit der Wiedervereinigung für das Sparkassenwesen zuständigen Bundesländer andere Pläne hatten, scheiterte das Projekt der einheitlichen Sparkassenzentralbank bereits 1991. Thüringen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt gingen getrennte Wege.*********

Fortsetzung am 25.06.2020

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* Vgl. Sparkassenverband der DDR: Informationspapier – Zentralbank für die ostdeutschen Sparkassen, Februar 1991; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 82/2004

** Vgl. Sparkassenverband der DDR – Vorläufiger Verbandsrat: Beschluß Nr. 9/90 – Spitzeninstitut der Sparkassen der DDR, 17.04.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 2/2017 1

*** Vgl. Sparkassenverband der DDR – Vorläufiger Verbandsrat: Beschluß Nr. 22/1990 – Zentralinstitut für die Sparkassen der DDR, 14.06.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 2/2017 1

**** Sparkassenverband der DDR – Vorläufiger Verbandsrat: Protokoll der Beratung am 14.06.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA Pötzl 6/2004

***** Beschluß der a.o. Hauptversammlung der DGZ am 18.6.1990 (Abschrift); Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 82/2004

****** Sparkassenverband der DDR – Der Präsident, an die Direktoren der Stadt- und Kreissparkassen und Bezirksgeschäftsstellen, betr. Anlage der freien Mittel, 20.06.1990, S. 3; Bestand: Historisches Archiv des OSV, Rundschreibenbestand

******* Vgl. Sparkassenverband der DDR – Vorläufiger Verbandsrat: Beschluß Nr. 29/90 – Vertrag über die Zusammenarbeit zwischen dem Sparkassenverband der DDR und der Deutschen Girozentrale – Deutschen Kommunalbank, 02.08.1990; Bestand: Historiches Archiv des OSV, HA Pötzl 6/2004

******** Sparkassenverband der DDR – Der Vizepräsident, an alle Direktoren der Stadt- und Kreissparkassen und Direktoren der Bezirksgeschäftsstellen, 07.08.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 82/2004

********* Vgl. Sparkassenverband der DDR – Der Vizepräsident, Rundschreiben Nr. 9/1990, betr. Übernahme der Liquiditätshalterfunktion durch die Deutsche Girozentrale – Deutsche Kommunalbank – Berlin/Frankfurt, 18.09.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV – Rundschreibenbestand

********** Vgl. Geiger, Walter/ Günther, Hans-Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart, 1998, S. 264 ff.

  • Berufs- und Leistungsbild des Verbandsprüfers des Sparkassenverbandes der DDR vom 26. Juli 1990 : © Historisches Archiv des OSV

  • Berufs- und Leistungsbild des Verbandsprüfers des Sparkassenverbandes der DDR vom 26. Juli 1990 : © Historisches Archiv des OSV

Die Einrichtung der Prüfungsstelle

Blogserie, Teil 32

Die Prüfung der Sparkassen gehört traditionell zu den Aufgaben der regionalen Sparkassenverbände. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts waren Verbandsprüfer im Gebiet des Ostdeutschen Sparkassenverbandes unterwegs. 1952 schaffte das SED-Regime die Verbände ab. Erst mit der Gründung des Sparkassenverbandes der DDR in der Wendezeit bekamen die Sparkassen wieder eine Prüfungsstelle ihres Verbandes. Gemäß § 11 der Verbandssatzung vom 20. März 1990 war festgelegt:

„(1) Der Verband übt die Prüfung der Mitgliedssparkassen auf der Grundlage einer Prüfungsordnung über eine Prüfungsstelle aus. Die Prüfungsstelle ist bei der Durchführung von Prüfungen unabhängig und nicht an Weisungen der Verbandsorgane gebunden, die den Umfang, die Art und die Weise oder das Ergebnis der Prüfung betreffen.

(2) Der Prüfungsstelle obliegt die Jahresabschlußprüfung und die Durchführung der thematischen Prüfungen der Mitgliedssparkassen. Auf Antrag der Mitgliedssparkassen sowie der zuständigen örtlichen Räte können weitere Prüfungen vorgenommen werden.

(3) Die Revisionsergebnisse sind vor Vertretern des zuständigen örtlichen Rates sowie der Leitung der geprüften Sparkasse auszuwerten.

(4) Für die Jahresabschlußprüfungen und die Prüfungen auf Antrag werden Gebühren erhoben. Der Verbandsrat regelt die Gebühren.“*

Bei seiner ersten Sitzung am 17. April 1990 berief der Verbandsrat unter dem Vorsitz von Rainer Voigt den Leiter der Prüfungsstelle. Erhard Pötzl war vorher bei der staatlichen Finanzrevision für Sparkassenrevisionen verantwortlich gewesen. Er erhielt den Auftrag, die Prüfung der Sparkassen durch den Sparkassenverband der DDR auf Grundlage einer Prüfungsordnung zu organisieren. Das Ziel war, die Arbeitsfähigkeit der Prüfungsstelle bis zum 30. Juni 1990 herzustellen.** Bereits bei der folgenden Sitzung am 23. Mai 1990 konnte der Verbandsrat eine vorläufige Prüfungsordnung verabschieden.*** Sie wurde aufgrund der geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen mit der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion ersetzt. Die neue Version vom 1. August entstand in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband. Die Unabhängigkeit und Eigenverantwortung der Prüfungsstelle war nun klar festgeschrieben und gewährleistet, dass etwa das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen die Prüfungsordnung akzeptierte.**** Weil die Ordnung den Standards der Bundesrepublik Deutschland entsprechen musste, hatte der Leiter der Prüfungsstelle öffentlich bestellter Wirtschaftsprüfer zu sein. Auch die Anforderungen an die Prüfer hatten sich geändert.

„Die Prüfer müssen persönlich und fachlich geeignet sein. Mit der selbständigen Durchführung von Prüfungen dürfen grundsätzlich nur solche Prüfer betraut werden, die das Wirtschaftsprüferexamen oder vor dem beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband eingerichteten Prüfungsausschuß das Verbandsprüferexamen abgelegt haben und als Verbandsprüfer angestellt sind. Der Leiter der Prüfungsstelle kann im Ausnahmefall auch andere Prüfer beauftragen.“*****

Was das Personal betraf, so sah der Stellenplan vor 30 Jahren 68 Stellen vor. Für die damals 196 Mitgliedssparkassen waren 52 Prüfer in der Außenorganisation vorgesehen. Der personelle Aufbau der Prüfungsstelle erforderte verschiedene Maßnahmen. So sollten sich zum Beispiel die ehemaligen Sparkassenrevisoren der staatlichen Finanzrevision qualifizieren und die DDR-Sparkassen zusammen mit Kollegen aus westdeutschen Prüfungsstellen, die zur Unterstützung abgeordnet wurden, prüfen. Bereits Ende Mai hatten sich die Prüfungsstellenleiter dafür ausgesprochen, den Ostverband mit seinen damals nur 15 Prüfern personell zu unterstützen.****** So sollten der Einsatz fremder Wirtschaftsprüfer und Auswirkungen auf die Prüfungshoheit verhindert werden. Was den Aufbau eines eigenen Personalbestands betraf, so dachte der Sparkassenverband der DDR unter anderem daran, geeignete Akademiker ohne sparkassenspezifische Kenntnisse an Universitäten und Hochschulen zu werben und mit Unterstützung der westdeutschen Sparkassenorganisation auszubilden. An der Deutschen Sparkassenakademie in Bonn hatten sie das Verbandsprüferexamen abzulegen.******* Zur langfristigen Gewinnung von Nachwuchs galt es 1990, die Prüfertätigkeit populärer zu machen, durch die Verbreitung eines entsprechende Berufs- und Leistungsbildes. Dieses ging sogar auf die Persönlichkeit der ostdeutschen Verbandsprüfer ein.

Fortsetzung am 28.05.2020

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* Satzung des Sparkassenverbandes der DDR vom 20. März 1990, § 11, in: Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 24, 25.04.1990, S. 235; Bestand: Historisches Archiv des OSV

** Vgl. Sparkassenverband der DDR/ Vorläufiger Verbandsrat, Beschluß Nr. 3/90 – Berufung des Leiters der Prüfungsstelle des Sparkassenverbandes der DDR; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA 2/2017 Bd. 1

*** Vgl. Sparkassenverband der DDR/ Vorläufiger Verbandsrat: Beschluß Nr. 20/1990 – Prüfungsordnung für die Prüfungsstelle des Sparkassenverbandes der DDR, in: Historisches Archiv des OSV, HA 2/2017 Bd. 1

**** Sparkassenverband der DDR – Leiter Prüfungsstelle an die Direktoren der Bezirksgeschäftsstellen betr. Prüfungsordnung für die Prüfungsstelle des Sparkassenverbandes, 14.08.1990; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAE – Pötzl 5/2004

***** Prüfungsordnung für die Prüfungsstelle des Sparkassenverbandes der DDR, 01.08.1990, § 2, 5; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAE – Pötzl 5/2004

****** Vgl. Niederschrift über die Verbandsvorsteherkonferenz des DSGV am 28./29.05.1990 in Berlin, S. 8; Bestand: Sparkassenhistorisches Dokumentationszentrum des DSGV, Bonn

******* Vgl. Sparkassenverband der DDR: Konzept zur Schaffung der personellen Voraussetzungen für die Prüfungsstelle des Sparkassenverbandes, 26.07.1990, S. 2; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HAE – Pötzl 3/2004

  • © Historisches Archiv des OSV

1 zu 1 und 2 zu 1

Blogserie, Teil 31

Vor genau 30 Jahren, am Freitag den 18. Mai 1990, unterzeichneten die Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratische Republik den Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion.* Er stellte einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Einheit Deutschlands dar. Die Vertragsparteien wollten zum 1. Juli ein einheitliches Währungsgebiet mit der Deutschen Mark als gemeinsamer Währung bilden. Vorgesehen war, dass die Bundesbank als alleinige Emissionsbank und unabhängig von Weisungen der Regierungen in West und Ost in eigener Verantwortung für die Regelung des Geldumlaufs und der Kreditversorgung zuständig wurde.

Um den Geldwert in beiden Teilen Deutschlands stabil zu halten, keine Inflationsimpulse entstehen zu lassen und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in der DDR zu stärken, waren im Vertrag bestimmte Umstellungsverhältnisse festgelegt.** Für Löhne, Gehälter, Stipendien, Renten, Mieten, Pachten sowie andere wiederkehrende Zahlungen galt das Verhältnis 1 zu 1. Alle anderen Forderungen und Verbindlichkeiten wurden grundsätzlich 2 zu 1 umgestellt. Guthaben von DDR-Bürgern bei Geldinstituten konnten jedoch auf Antrag bis zu bestimmten Betragsgrenzen bevorzugt gewechselt werden, wobei das Alter der Berechtigten maßgebend war. Für den Rest des Vermögens galt 2 zu 1. Hinsichtlich des gestaffelten Umtauschs war formuliert:

„Natürliche Personen mit Wohnsitz in der Deutschen Demokratischen Republik können bei einem für sie kontoführenden Geldinstitut beantragen, daß ihnen für ein Guthaben bis zum nachfolgend aufgeführten Betrag in Mark der Deutschen Demokratischen Republik für 1 Mark der Deutschen Demokratischen Republik 1 Deutsche Mark gutgeschrieben wird:
natürliche Personen, die nach dem 1. Juli 1976 geboren sind, bis zu 2 000 Mark,
natürliche Personen, die zwischen dem 2. Juli 1931 und dem 1. Juli 1976 geboren sind, bis zu 4 000 Mark,
natürliche Personen, die vor dem 2. Juli 1931 geboren sind, bis zu 6 000 Mark.
Der Antrag kann nur einmalig bei einem Geldinstitut gestellt werden.“***

Bemerkt werden soll, dass diese Festlegungen einen Kompromiss darstellten, den Bundesrepublik und DDR am 2. Mai gefunden hatten.**** Die Bundesbank hatte sich am 29. März eigentlich dafür ausgesprochen, lediglich einen Umtausch von 2.000 Mark 1 zu 1 zuzulassen. Die Bundesregierung bot jedoch im Rahmen der Verhandlungen am 23. April an, dass jeder DDR-Bürger einheitlich 4.000 Mark der DDR 1 zu 1 in Deutsche Mark umgestellt bekam, was der Ost-Berliner Regierung nicht ausreichte.***** Schließlich kam man überein. Auch die Bundesbank zeigte sich letztlich zufrieden, war doch ihre entscheidende Forderung nach uneingeschränkter Zuständigkeit für die Geldpolitik in beiden Teilen Deutschlands erfüllt. Auch ihr Vorschlag, Forderungen und Verbindlichkeiten mit Ausnahme des genannten Sockelbetrags von 2.000 Mark 2 zu 1 umzustellen, war weitgehend akzeptiert.******

Und wie stand es um die Betroffenen? Verbandspräsident Rainer Voigt berichtete auf einer Pressekonferenz am Montag den 21. Mai, dass die Sparkassenfilialen in den vorangegangenen Wochen von verängstigten und verunsicherten Kunden geradezu gestürmt worden seien.******* Man habe Angst gehabt, etwas zu verpassen und sich schnell ein Konto zulegen wollen. 8,6 Millionen Spargirokonten und 10,3 Millionen Buchsparkonten bestanden mittlerweile bei den Sparkassen. Dies entsprach fast 80 % aller Konten in der DDR. Tatsächlich musste jede zur Umstellung berechtigte Person, vom Baby bis zum Opa, ein eigenes Konto haben, um ab 11. Juni bis spätestens 6. Juli einen Antrag zu stellen und profitieren zu können. Im Hinblick auf die Vorbereitung der Währungsunion empfahl Voigt, sich unbedingt jetzt ein Konto zuzulegen, wenn man noch keins habe. Eigner mehrerer Konten sollten sich ein Hauptumstellungskonto mit 2.000, 4.000 beziehungsweise 6.000 Mark einrichten. Und er machte klar:

„Ein Umtausch von Bargeld erfolgt nicht! Alles Bargeld muß auf Konten eingezahlt werden, wenn es umgewertet werden soll. Darum sollten bereits jetzt alle Sparschweine ‚geschlachtet‘ und evtl. vorhandene Sparstrümpfe geleert und auf Konten eingezahlt werden.“********

Fortsetzung am 23.05.2020

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* Der Staatsvertrag wurde erst über einen Monat später, am 21. Juni 1990, von der Parlamenten in Ost und West beschlossen. Am Folgetag stimmte der Bundesrat zu.

** Vgl. Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland, Kapitel II, Artikel 10 (2), in: Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 34, 25.06.1990, S. 333; Bestand: Historisches Archiv des OSV

*** Ebd.: Anlage I Bestimmungen über die Währungsunion und über die Währungsumstellung Artikel 6 (1), S. 342

**** Vgl. Einigung über Details der Umstellung, in: Deutsche Sparkassenzeitung, Nr. 34, 05.05.1990, S. 1

***** Vgl. Bonn präsentiert Angebot für deutsche Währungsunion, in: Deutsche Sparkassenzeitung, Nr. 32, 27.04.1990, S. 1

****** Vgl. Bundesbank sieht Forderungen für Währungsunion erfüllt, in: Deutsche Sparkassenzeitung, Nr. 43, 08.06.1990, S. 1

******* Vgl. Für DDR-Sparkassen beginnt neue Ära, in: Deutsche Sparkassenzeitung, Nr. 40, 25.05.1990, S. 1

******** Pressegespräch am 21.5.90, S. 5; Bestand: Historisches Archiv des OSV, HA-102 1/1999

  • Auf den letzten Seiten der letzten gedruckten Ausgabe des DDR-Gesetzblatts ist eine Vereinbarung zwischen Bundesrepublik und DDR zum Einigungsvertrag vom 18. September zu finden, die sich auch der Übernahme von Rechtsvorschriften widmete. Das DDR-Sparkassengesetz wurde indes gemäß § 9 Abs. 1 des Einigungsvertrags zu Landesrecht. : © Historisches Archiv des OSV

Neue rechtlichen Rahmenbedingungen

Blogserie, Teil 30

Im Frühjahr 1990 wurde der Sparkassenverband der DDR gegründet und seine Satzung beschlossen. Im Herbst 1990 gab es die DDR schon nicht mehr. Der Prozess zur Einheit Deutschlands verlief zügig. Aber nicht nur der Einigungsvertrag vom 31. August des Jahres, der zum 3. Oktober den Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland regelte und fünf ostdeutsche Bundesländer entstehen ließ, die dann für das Sparkassenwesen zuständig waren, schuf neue rechtliche Rahmenbedingungen. Einige bedeutende Neuerungen, die im DDR-Gesetzblatt veröffentlicht wurden, seien genannt und jeweils einige interessante Informationen beigefügt:

Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 28, 25.05.1990, S. 255 ff.
→ Zum Beispiel die Förderung von Wirtschaft und Gewerbe zählte zu den Selbstverwaltungsaufgaben, welche die neue Kommunalverfassung vorsah. Zur Durchführung der Aufgaben konnten wirtschaftliche Unternehmen im Interesse des Gemeinwohls gehalten werden. Das Sparkassengesetz vom 29. Juni definierte demnach die Sparkassen als Einrichtungen der Landkreise, kreisfreien Städte und von ihnen gebildeter Zweckverbände als gemeinnützige Anstalten des öffentlichen Rechts. Als öffentlicher Auftrag wurde unter anderem die örtliche Kreditversorgung etwa unter besonderer Berücksichtigung des Mittelstandes festgeschrieben.

Gesetz zum Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland vom 18. Mai 1990 (Verfassungsgesetz) vom 21. Juni 1990, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 34, 25.06.1990, S. 331 ff.
→ Mit dem Inkrafttreten des Staatsvertrags und der Übernahme bundesdeutscher Bankengesetze, zum Beispiel des KWG, zum 1. Juli sollte sich die Geschäftspolitik der DDR-Sparkassen grundlegend ändern. Sie hatten sich mit der Einführung der Sozialen Marktwirtschaft der Konkurrenz zu stellen. Der Vertrag sah ein nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen operierendes Geschäftsbankensystem im Wettbewerb privater, genossenschaftlicher und öffentlich-rechtlicher Banken vor.

Verordnung über die Einführung des Bausparens in der DDR vom 21. Juni 1990, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 37, 30.06.1990, S. 478 f.
→ Auf der Grundlage bundesdeutschen Rechts wurde zum 1. Juli das Bausparen in der DDR wiedereingeführt. Staatliche Fördermaßnahmen sollte es geben. Die LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG war als erstes Verbundunternehmen des Verbandes bereits am 11. Juni gegründet worden und konnte mit der Unterstützung der westdeutschen Landesbausparkassen pünktlich ihre Tätigkeit aufnehmen.

Gesetz über den Status und die Organisation der Sparkassen (Sparkassengesetz) vom 29. Juni 1990, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 40, 12.07.1990, S. 567 ff.
→ Das Gesetz trat zum 1. Juli in Kraft und bildete den Rechtsrahmen, um unter marktwirtschaftlichen Bedingungen arbeiten zu können. Wichtige Grundsätze eines dezentralen kommunalen Sparkassenwesens wurden festgeschrieben. Die Haftung der DDR-Regierung für die bis dahin „volkseigenen“ Sparkassen wurde abgeschafft und die Haftung der Landkreise, kreisfreien Städte und kommunalen Zweckverbände für ihre Sparkassen festgelegt. Das Gebiet des Gewährträgers war automatisch das Geschäftsgebiet einer Sparkasse. Im Sinne des Regionalprinzips sollte sie sich nur dort betätigen und Geschäftsstellen betreiben.

Verfassungsgesetz zur Bildung von Ländern in der Deutschen Demokratischen Republik – Ländereinführungsetz – vom 22. Juli 1990, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 51, 14.08.1990, S. 955 ff.
→ Zum 14. Oktober 1990 sollten in der DDR wieder die Länder eingeführt und die Bezirke von 1952 abgeschafft werden. Das Gesetz listete die Landkreise und kreisfreien Städte der „neuen“ Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Der Einigungsvertrag zog die Einführung der Länder auf den 3. Oktober vor. Der Verband brauchte einen neuen Namen. Auf einem außerordentlichen Verbandstag am 20. September wurde er in Sparkassen- und Giroverband für die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen umbenannt.

Anordnung über den Betrieb und die Geschäfte der Sparkassen (Sparkassenanordnung) vom 26. Juli 1990, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 56, 30.08.1990, S. 1275 ff.
→ Erst zum 27. Juli, als fast einen Monat nach Inkrafttreten des Sparkassengesetzes zum 1. Juli, wurde die Sparkassenanordnung gültig, die auch eine Mustersatzung beinhaltete. Eine Anordnung über die Verfahrensregelung zur Überleitung auf die Gewährträger sah dann vor, dass die gewählten Vertretungen der Gewährträger ihren Sparkassen bis zum 1. Oktober eine entsprechende Satzung zu geben hatten.

Anordnung über die Verfahrensregelung zur Überleitung der Sparkassen an die Gewährträger vom 29. August 1990, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Nr. 60, 18.09.1990, S. 1474 f.
→ Gemäß Sparkassengesetz bestellten die demokratisch gewählten Gemeindevertretungen den Vorsitzenden des Verwaltungsrats. So wurde der Vorsitzende der Verwaltung des Gewährträgers, etwa im Landkreis der Landrat, automatisch zum Verwaltungsratsvorsitzenden einer Kreissparkasse. Die Mitglieder der Verwaltungsrates aber waren zu wählen. Die Anordnung forderte die Wahl bis zum 1. November sowie die Bildung der Kreditausschüsse bis zum 15. November. Unverzüglich hatten die Sparkassen die zu besetzenden Stellen der Vorstände auszuschreiben, sowohl auf dem Gebiet der DDR als auch auf dem Gebiet der Bundesrepublik.

Gesetz zum Vertrag zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertrag – vom 31. August 1990 (Verfassungsgesetz) vom 20. September 1990, veröffentlicht im Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 64, S. 1627 ff.
→ Gemäß Einigungsvertrag blieb das Sparkassengesetz vom 29. Juni weiter gültig und wurde zu Landesrecht. Für andere Normen sah eine Vereinbarung zum Vertrag vom 18. September jedoch vor, dass sie in den neuen Bundesländern bis zu einer anderweitigen landesrechtlichen Regelung, längstens jedoch bis zum 30. Juni 1991 galten. Dies betraf unter anderem die Satzung des Sparkassenverbandes der DDR vom 20. März 1990. Keinesfalls bedeutete die angesprochene Befristung aber die automatische Auflösung des Verbandes, der bereits mit der Schaffung einer neuen Satzung befasst war, auch um die kommunalen Träger einzubinden.

Fortsetzung am 18.05.2020

  • Bereits im April 1990 erfolgt die Abstimmung zur Gestaltung des neuen Sparkassenbuches zwischen dem Sparkassenverband der DDR und dem Deutschen Sparkassenverlag auf der Grundlage eines händisch bearbeiteten Musters. Am 3. Mai erhält der Verband die Korrekturabzüge. Die Bücher entsprechen nun den eigenen Gestaltungswünschen. Lediglich das Feld für den S-Stempel soll noch für ein Querformat angepasst werden. Mit dieser kleinen Änderung wird die Freigabe zum Druck am 8. Mai erteilt. : © Historisches Archiv des OSV

  • Innenteil des Mustersparbuchs : © Historisches Archiv des OSV

  • Alt und Neu: letztes Sparbuch der DDR und die leuchtend rote Nachfolger-Variante, ausgestellt 1993 : © Historisches Archiv des OSV

Neue Sparkassenbücher braucht das Land

Blogserie, Teil 27

Vor 30 Jahren bedankt sich der Deutsche Sparkassenverlag (DSV) bei den ostdeutschen Sparkassendirektorinnen und -direktoren für ihre Bestellungen und teilt gleichzeitig mit, dass es in Zukunft möglich sein wird, 8- und 12-seitige Sparkassenbücher bei ihm zu ordern. „Um jedoch eine Belieferung aller DDR-Sparkassen bis zum 02.07.1990 gewährleisten zu können, ist augenblicklich nur eine Ausstattung der Sparkassenbücher mit 12 Inhaltsseiten möglich.“ Diese Vorgehensweise sei selbstverständlich mit dem Sparkassenverband der DDR abgestimmt. Zudem könne man die Bücher auch länger einsetzen, heißt es weiter im Schreiben vom 3. Mai 1990.*

Mit den neuen Sparkassenbüchern wird das Sparbuch der DDR, Sp 5201, abgelöst. Letztmalig werden von diesen Büchern „in Anbetracht der entstandenen Lieferrückstände sowie des außerordentlich hohen Verbrauchs an Sparbüchern seit Jahresbeginn 1990“ beim Vordruckverlag Freiberg Ende Februar zusätzlich 300.000 Stück bestellt.** Alle Bezirksdirektionen der Staatsbank der DDR, Abteilung Sparkassen, hatten einen 5-stelligen Mehrbedarf gemeldet. Da absehbar ist, dass die normalen Sparbücher nicht ausreichen würden, gibt es nun auch „Sparkassenbücher in vereinfachter Form“. Diese könne man zügig drucken lassen, da es sich lediglich um reduzierte Faltkarten handelt. 2.000.000 Stück werden schließlich beauftragt und kommen „bereits ab Anfang März in zahlreichen Sparkassen zur Anwendung.“*** Die Abteilung Sparkassen der Staatsbank der DDR informiert das Ministerium für Post- und Fernmeldewesen, die Reichsbahn-Sparkasse, den Zentralvorstand des VdgB/BHG sowie den Verband der Genossenschaftskassen in einem Rundschreiben vom 28. Februar 1990 über die Faltkarten, fügt ein Muster bei und teilt mit, dass sie „im Freizügigkeitsverkehr Anerkennung finden sollen.“****

Doch kaum sind die Faltkarten ausgeliefert, sind die zusätzlichen Sparbücher bestellt, wird klar, dass die DDR-Sparbücher überarbeitet werden müssen. Spätestens mit der Vorstellung des DSV-Konzeptes zu möglichen Sofortmaßnahmen in den DDR-Sparkassen auf der Sitzung des Arbeitsausschusses des Zentralen Werbeausschusses in Stuttgart am 6. März 1990 stellt sich diese Erkenntnis ein. Der Deutsche Sparkassenverlag schlägt den Ostdeutschen bei diesem gemeinsamen Treffen vor, „für eine Übergangszeit im Umfang reduzierte Sparkassenbücher zu produzieren.“ Zwei Varianten stehen zur Auswahl.

Die Sparkassenvertreter der DDR haben jedoch ihre eigenen Vorstellungen. Anfang April geht ein Muster mit ganz konkreten Gestaltungswünschen für ein „Einheitsbuch“ nach Stuttgart. Dieses Muster entspricht der Schnelllebigkeit der damaligen Zeit. So soll es neben dem Buch zum Beispiel ein kostengünstig zu produzierendes, austauschbares Einlegeblatt für die jeweils aktuell gültigen gesetzlichen Vorschriften geben. Gedacht wird außerdem an die Möglichkeit für einen individuellen Firmeneindruck bzw. an ein passendes Stempelfeld. Im Falle einer Fusion und damit einer Namensänderung ließe sich auf diese Weise das Buch weiter nutzen. Auch die Eignung für handschriftliche Buchungen, neben der üblichen maschinellen Verarbeitung, findet Berücksichtigung im Anforderungskatalog.

Der Austausch zwischen dem Sparkassenverlag und dem im März gegründeten Sparkassenverband der DDR ist überaus produktiv, sodass bereits am 24. April 1990 ein Rundschreiben zum Thema „Sparkassenbücher“ an die Bezirksgeschäftsstellen und an alle Sparkassen auf den Weg gebracht werden kann. Darin heißt es: „In Zusammenarbeit mit dem Sparkassenverlag Stuttgart wurde ein Sparkassenbuch entwickelt, welches den Anforderungen der DDR-Sparkassen auch unter den Bedingungen der Währungsunion entspricht.“ Direkt beim Verlag bestellt werden können sowohl 8- als auch 12-seitige Sparkassenbücher mit oder ohne Magnetstreifen. Die Lieferzeit beträgt fünf Wochen und die Kosten belaufen sich pro Buch ohne Magnetstreifen auf 1,30 bzw. 1,41 Mark. Zusätzlich werden Schutzhüllen angeboten. Druck und Lieferung des separaten Einlegeblatts mit den gesetzlichen Bestimmungen werden zu einem späteren Zeitpunkt avisiert.

Wie dringend der örtliche Bedarf ist, geht aus einem Schreiben der Kreissparkasse Schmalkalden hervor. Es stammt ebenfalls vom 24. April 1990 und überschneidet sich mit den positiven Nachrichten des Rundschreibens zu Bestellmöglichkeiten rund ums neue Sparbuch. Die Direktorin, die das erste umfassende Informationsseminar als Motivationsquelle für sich und ihre Mitarbeiter nutzte, spürt nun wieder die „Realitäten unseres jetzigen Alltages“. „Wir sind sehr bemüht“, stellt sie heraus, „Imagefragen […] sowie Marketing Aufgaben jetzt schon in kleinen Schritten vorzubereiten.“ Doch dies stehe im Widerspruch „zu den jetzt laufenden sehr schlechten Vordruckbedingungen unserer Sparbuchblanketten“. „Rote Zettel“ ließen sich nicht „mit einem neuen aufzubauenden Sparkassenimage“ vereinbaren. Daher frage sie nun an, ob nicht schnellstmöglich Sparkassenbücher zur Verfügung gestellt werden könnten und was aus den „vor Wochen“ weitergeleiteten Bestellungen geworden sei?

Rainer Voigt, der Präsident des Sparkassenverbandes der DDR, antwortet umgehend und räumt verständnisvoll ein, dass die „Fragen zur Belieferung der Sparkassen mit Sparkassenbüchern“ berechtigt, jedoch mit Rundschreiben vom 24. April 1990 sicherlich erledigt seien. Gleichzeitig erläutert er die entstandene Verzögerung bei der Umsetzung aller Sparbuchbestellungen. Dabei wird deutlich, dass es dem Verband wichtig gewesen wäre, den Großauftrag in der DDR und damit im Verbandsgebiet zu vergeben. Aus diesem Grund arbeitete er ursprünglich mit einer Druckerei in Leipzig zusammen. „Liefertermin und Ausstattung haben uns jedoch bewogen, von dieser Bestellung Abstand zu nehmen und uns mit dem Sparkassenverlag Stuttgart in Verbindung zu setzen.“ Voigt schließt seinen Brief mit einem Grundsatz, der bis heute für die Arbeit des Ostdeutschen Sparkassenverbandes gilt: „Ich glaube, daß mit diesen Verhandlungen auch die Interessen Ihrer Sparkasse vertreten wurden.“*****

Fortsetzung am 10.05.2020

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*Bestellbestätigung des Deutschen Sparkassenverlages an alle Direktorinnen und Direktoren der Sparkassen der DDR, Betreff: Sparkassenbücher, Stuttgart, 03.05.90; Bestand: Historisches Archiv des OSV, E 632, Bd. 3.

**Der Vordruckverlag Freiberg ist viele Jahrzehnte in der DDR das Pendant zum bundesdeutschen Sparkassenverlag in Stuttgart. Der Verlag produzierte und koordinierte alle Formulare, die im Sparkassenwesen benötigt wurden.

***Der große Bedarf an Sparbüchern ergibt sich u. a. aus der starken Zunahme der Spareinlagen im 1. Halbjahr 1990, von denen 59 % Buchspareinlagen sind. Insgesamt wird in dem Jahr ein Zuwachs von über 1,5 Mio. Buchsparkonten verzeichnet. Vor der Währungsunion erhalten v. a. Kinder neue Buchsparkonten. Sie werden angelegt, um den für die nach dem 1. Juli 1976 Geborenen festgesetzten Betrag der 1:1-Umstellungen in Höhe von 2000 DM erhalten zu können. Vgl. dazu: Geiger, Walter ; Günther, Hans Georg: Neugestaltung des ostdeutschen Sparkassenwesens 1990 bis 1995, Stuttgart 1998, S. 133, 308.

****Div. Schriftverkehr; Bestand: Historisches Archiv des OSV, E 632, Bd. 3.

*****Ebd.