100 Jahre Internationaler Frauentag am 8. März
In den letzten Tagen meines Praxissemesters im Historischen Archiv des OSV habe ich Brigadebücher aus dem Depositalbestand der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien verzeichnet.
Da ich die DDR-Zeit selbst nicht erlebt habe, war es interessant einen kleinen Teil der Arbeits- und Alltagsgeschichte in den Brigadebüchern zu entdecken. Schnell wurde deutlich, dass diese Bücher nicht zum reinen Vergnügen erstellt und gepflegt wurden. Stattdessen ging es um das Erlangen, gegebenenfalls um das Verteidigen, des Titels „Kollektiv der sozialistischen Arbeit“. Die Brigaden legten jährliche Zielstellungen, persönliche Verpflichtungen der MitarbeiterInnen sowie einen Kultur- und Bildungsplan fest. Um diese Vorhaben zu erfüllen, wurden Brigadeausflüge und –feiern durchgeführt. Kulturveranstaltungen wurden besucht und Gewerkschaftsveranstaltungen abgehalten. Die Deutsch-Sowjetische Freundschaft wurde gepflegt und Solidaritätsspenden gesammelt. Zu guter Letzt musste Rechenschaft abgelegt werden, inwieweit diese Zielstellungen erfüllt werden konnten.
Auffallend liebevoll gestaltete Seiten stachen mir besonders ins Auge. So beispielsweise die Glückwunschseiten zum Internationalen Frauentag. Die Geschichte des Internationalen Frauentages beginnt jedoch weit vor der DDR-Zeit. Auf der II. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz 1910 in Kopenhagen wurde entschieden, dass „die sozialistischen Frauen aller Länder“ jährlich einen Frauentag feiern sollten. Dieser Tag war vor allem dafür gedacht, die Entwicklung des Frauenwahlrechts voranzubringen. Die ursprüngliche Idee von einem Frauenstreiktag wurde von der US-amerikanischen Sozialistin May Wood-Simons ins Leben gerufen. Clara Zetkin und Käte Duncker haben diese Idee auf der besagten Konferenz für den europäischen Raum hervorgebracht und bekräftigt. Schließlich hat der erste Frauentag am 19. März 1911, unter anderem in Deutschland, stattgefunden. Der 08. März als Internationaler Frauentag wurde erst 1921 bestimmt. (1)
Das Feiern des Frauentages in den DDR-Sparkassen hat sich, in Anbetracht des wachsenden Frauenanteils, wahrlich gelohnt: „Waren 1950 von den 12.300 Beschäftigten noch über 50 % männliche Mitarbeiter, stieg der Frauenanteil bis 1955 schon auf 63%, bis in die 1960er Jahre auf 80%, bis 1970 auf 87%. Er erreichte 1988 mit über 93% den höchsten Stand.“ (2)
In den Brigadetagebüchern sind die Seiten über den Internationalen Frauentag gewöhnlich mit Glückwunschkarten und Kurzberichten über die Aktionen des Tages gefüllt. 1987 verbrachte beispielsweise die Brigade „Direktorbereich / Allgemeine Verwaltung“ der Stadt- und Kreissparkasse Görlitz die Frauentagsfeier bei Kaffee, Kuchen und musikalischer Begleitung. Zwischendrin wurden einige Kolleginnen geehrt, bis der Tag in den Abendstunden mit Tanz und Abendessen zum Abschluss kam. Die Brigade „Abteilung II“ und die Brigade „Ökonomie“ der Kreissparkasse Weißwasser verbrachten den Frauentag 1986 etwas ausgefallener im Kulturkaufhaus bei einer Modenschau und Schaufrisieren. (3)
Wir wünschen allen Leserinnen alles Gute zum Frauentag!
Saskia Brunst
Praktikantin im Historischen Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes
Quellen:
(1) Dr. Kerstin Wolff (2020): Die Geschichte(n) des Internationalen Frauentages. In: Digitales Deutsches Frauenarchiv, URL: https://www.digitales-deutsches-frauenarchiv.de/themen/die-geschichten-des-internationalen-frauentages [zuletzt besucht am: 25.02.2021]
(2) Günther, Hans-Georg; Wysocki, Josef (1998): Geschichte der Sparkassen in der DDR – 1945 bis 1990. In: Wissenschaftsförderung der Sparkassenorganisationen e.V. (Hrsg.): Sparkassen in der Geschichte, 8. Band, 2. Aufl., Stuttgart, Deutscher Sparkassenverlag, S. 243
(3) Bestand: Historisches Archiv des OSV, Brigadebücher von den Brigaden der Stadt- und Kreissparkasse Görlitz und Brigadebücher von den Brigaden der Kreissparkasse Weißwasser